© Universität Hamburg, Ferdinand Otto
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Ersatzteile für das Auto, Küchenutensilien, Essen und sogar menschliche Organe – es gibt kaum noch etwas, das nicht mit einem 3D-Drucker hergestellt werden kann. Ein Forscher-Team der Universität Hamburg und DESY hat jetzt ein neues Verfahren entwickelt, transparente und mechanisch flexible elektronische Schaltkreise mit dem 3D-Drucker zu produzieren. Die Elektronik besteht hier „aus einem Geflecht von Silber-Nanodrähten, die sich in einer Suspension drucken und in verschiedene flexible und durchsichtige Kunststoffe (Polymere) einbetten lassen.“

Mir dieser Technik können verschiedenste Dinge gedruckt werden, die bisher noch nicht auf diese Art hergestellt werden konnten: Leuchtdioden, Solarzellen, Werkzeuge mit integrierten Schaltkreisen oder auch ein biegsamer Kondensator. Den nahm das Team um Tomke Glier, Doktorandin der Universität Hamburg Department Physik Institut für Nanostruktur- und Festkörperphysik CFEL, unter anderem als Beispiel, um das Potenzial des Verfahrens zu demonstrieren.

„3D-druckbare Polymere für unterschiedliche Anwendungen zu funktionalisieren war Ziel dieser Studie“, berichtet Michael Rübhausen, Physikprofessor der Universität Hamburg am CFEL. „Mit unserem neuartigen Ansatz wollen wir Elektronik in vorhandene strukturelle Einheiten integrieren und platz- und gewichtsparend Komponenten intelligenter machen.“ Die Wissenschaftler haben die Eigenschaften der Nanodrähte im Polymer mit dem hellen Röntgenlicht von DESYs Forschungslichtquelle PETRA III und anderen Messmethoden genau analysiert.

Herzstück der Technik sind Silber-Nanodrähte, die ein leitendes Geflecht bilden

… erläutert Tomke Glier. Die verwendeten Silberdrähte sind ein paar Millionstel Millimeter dick und 10 bis 20 Tausendstel Millimeter lang. Eine detaillierte Röntgenanalyse habe gezeigt, dass die Struktur der Nanodrähte im Polymer nicht verändert werde, schreiben die Forscher. Die Leitfähigkeit des Geflechts werde dank der Kompression durch das Polymer sogar verbessert, da sich das Polymer im Laufe des Aushärtungsprozesses zusammenziehe. Die Silbernanodrähte würden in einer Suspension auf ein Substrat aufgebracht und getrocknet.

„Aus Kostengründen will man mit möglichst wenig Nanodrähten eine möglichst hohe Leitfähigkeit erreichen. Außerdem erhöht man dadurch die Transparenz des Materials“, erklärt DESY-Forscher Stephan Roth, Leiter der Messstation P03 an der DESY-Röntgenlichtquelle PETRA III, wo die Röntgenuntersuchungen stattgefunden haben. „So lässt sich Schicht für Schicht eine Leiterbahn oder eine leitende Fläche herstellen.“ Auf diese Leiterbahnen wird dann ein flexibles Polymer aufgetragen, auf das wiederum Leiterbahnen und Kontakte gebracht werden können. „Je nach Geometrie und verwendetem Material lassen sich so verschiedene elektronische Bauteile drucken.“

3D-Druck
Beispiel für einen flexiblen und transparenten Elektronikbaustein: ein biegsamer Kondensator. © Universität Hamburg, Tomke Glier

Wie gut hält das Drahtgeflecht beim Biegen zusammen?

Für ihre im Wissenschaftsjournal Scientific Reports veröffentlichte Arbeit „Functional Printing of Conductive Silver-Nanowire Photopolymer Composites“ produzierten die Forscher einen biegsamen Kondensator. „Wir haben im Labor die einzelnen Arbeitsschritte noch in einem Schichtverfahren gemacht, in der Praxis können sie später jedoch komplett von einem 3D-Drucker übernommen werden“, sagt Glier. Rübhausen ergänzt: „Wesentlich hierfür ist aber auch noch die Weiterentwicklung der konventionellen 3D-Drucktechnik, die in der Regel für einzelne Drucktinten optimiert ist. Bei Inkjet-basierten Verfahren könnten die Druckdüsen durch die Nanostrukturen verstopfen.”

Als Nächstes wollen die Forscher nun überprüfen, wie sich die Struktur der Leiterbahnen aus Nanodrähten unter mechanischer Belastung ändert. „Wie gut hält das Drahtgeflecht beim Biegen zusammen? Wie stabil bleibt das Polymer?“, nennt Roth typische Fragestellungen. „Dafür ist die Untersuchung mit Röntgenstrahlung sehr gut geeignet, weil wir nur damit in das Material hineinschauen und so die Leiterbahnen und -flächen der Nanodrähte analysieren können.“

An der Arbeit waren Forscherinnen und Forscher der Universität Hamburg, der Königlich-Technischen Hochschule Stockholm, des Wallenberg-Zentrums für Holzwissenschaft in Stockholm, des Hamburger Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie und von DESY beteiligt.

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