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Die Suche nach Medikamenten und Impfstoffen gegen das SARS-CoV-2-Virus laufen weltweit auf Hochtouren. Immer wieder gibt es Nachrichten, die Hoffnung aufkeimen lassen, dass ein Wirkstoff gefunden wurde. Allerdings wird diese Hoffnung zum großen Teil auch immer wieder zerstört. So mussten Forscher der Universität Oxford jetzt zugeben, dass klinische Studien mit einem potenziellen Corona-Impfstoff bisher eher enttäuschend verliefen. (IO berichtete) Weiterhin hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Tests mit dem als mögliches Wundermittel gepriesenen Malariamittel Hydroxychloroquin ausgesetzt, nachdem das Medikament offenbar mehr Schaden angerichtet als genutzt hat.

Weitere klinische Studien an Menschen mit möglichen Medikamenten und Impfstoffen laufen aktuell in verschiedenen Ländern. Die Ergebnisse stehen aber noch aus, auch wenn es teilweise vielversprechende Zwischenergebnisse gibt. So wird in den USA zurzeit das Magenschutzmittel Famotidin getestet, ob es wirklich die Vermehrung von SARS-CoV-2-Viren hemmen kann. Der zum Bekämpfung von Ebola entwickelte Wirkstoff Remdesivir hat bereits gezeigt, dass er – zumindest bei einigen Patienten – die Symptome von COVID-19 lindern konnte. Große Hoffnungen setzten Wissenschaftler auch in die Bromtyrosine von Meeresschwämmen. (IO berichtete).

Computersimulationen mit Hepatitis-C-Medikament

Deutsche Forscher der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) sind ebenfalls vielleicht einem Mittel auf der Spur, das gegen COVID-19 helfen könnte. Sie erforschen derzeit in aufwendigen Berechnungen mit dem Supercomputer MOGON II, einem der leistungsfähigsten Computern weltweit, die Wirkung von Hepatitis-C-Medikamenten. In ihrer auf Website der WHO veröffentlichten Studie hatten sie simuliert, wie rund 42.000 in öffentlichen Datenbanken aufgeführte Substanzen an bestimmte Proteine von SARS-CoV-2 binden und dadurch die Vermehrung oder sogar das Eindringen des Virus in den menschlichen Körper hemmen.

„Dieses als molekulares Docking bezeichnete und seit Jahren anerkannte Verfahren von Computersimulationen ist wesentlich schneller und kostengünstiger als Laborexperimente”, erklärt Prof. Dr. Thomas Efferth vom Institut für Pharmazeutische und Biomedizinische Wissenschaften der JGU, der die Studie geleitet hat. „Unseres Wissens sind wir die Ersten, die molekulares Docking im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 angewendet haben. Und dass wir dadurch auf mehrere zugelassene Hepatitis-C-Medikamente als besonders erfolgversprechende Kandidaten gestoßen sind, ist sensationell.”

Naturstoff als Grundlage?

Anhand von 30 Milliarden einzelner Berechnungen im Laufe von zwei Monaten haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass Substanzen aus den Hepatitis-C-Medikamenten Simeprevir, Paritaprevir, Grazoprevir und Velpatasvir „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ sehr stark an SARS-CoV-2 binden und dadurch möglicherweise Ansteckungen verhindern können. „Dafür spricht auch, dass es sich bei SARS-CoV-2 genau wie beim Hepatitis-C-Virus um ein sogenanntes einzelsträngiges RNA-Virus handelt, also um ein Virus desselben Typs”, so Efferth.

Darüber hinaus zeigt nach Aussagen der Forscher auch ein in Asien bereits gegen verschiedene andere Erkrankungen verwendeter Naturstoff aus dem Japanischen Geißblatt Wirkung gegen SARS-CoV-2. „Unsere Ergebnisse müssen nun durch Laborexperimente und klinische Studien überprüft werden”, betont Efferth. Molekulares Docking sei schon bei der Suche nach Wirkstoffen gegen die Coronaviren MERS-CoV und SARS-CoV erfolgreich eingesetzt worden.