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Die Brandrede von VW-Markenschef Thomas Schäfer vor vielen Managern macht momentan die Runde in den sozialen Medien. Der Inhalt: Schäfer macht sich große Sorgen über das Geschäft mit den Elektrofahrzeugen, denn ist erst mal der Backlog der letzten Monate abgebaut, wird der Absatz dramatisch einbrechen, weil die Neubestellungen einen Tiefpunkt erreicht haben.

Schon werden Schichten in bestimmten Werken gestrichen, vor allem der erste MEB-Stromer der Wolfsburger, der ID.3, hat es besonders schwer. Das begann in China. Zunächst sah es so aus, als würde nur dort der Absatz extrem schwach ausfallen. Ein Gegensteuern mittels einer drastischen Preisreduktion auf fast die Hälfte des Preises, also umgerechnet rund 16.000 Euro, wurde eingeleitet. Inzwischen haben aber auch die dortigen OEMs reagiert und ihre Preise gesenkt.

Der deutsche Markt zeigt Anzeichen von Schwäche

Aber auch der deutsche Markt schwächelt offenbar zukünfig. Der Grund? Bislang trieben vor allem der Vermietermarkt und die Flottenzulassungen überproportional die Elektromobilität. Man nahm die staatlichen Umweltboni gerne mit. Die werden aber in Deutschland ab September auslaufen, was erklärt, warum derzeit die Zulassungen so boomen.

Der Marktforscher Dataforce rechnet damit, dass dann die Verkäufe schlagartig einbrechen werden, zumal eine Erhebung aus dem Juni 2023 ergab, dass der Anteil der privaten Käufer unterdurchschnittlich zum fulminanten Monatsergebnis beigetragen hatte.

Privatmarkt faktisch nicht vorhanden

Das deckt sich auch mit Erkenntnissen von Mobility Sweden – dort hatte man bereits seit Anfang 2023 beobachtet, dass der Privatmarkt mehr oder weniger zusammgebrochen war.

Warum ist das so? Die Early Adopter sind durch. Für die und vor allem Hausbesitzer mit PV-Anlagen und Wallbox in der Garage lohnte der teilweise Umstieg auf die Elektromobilität. Teilweise deshalb, weil ein hoher Anteil der frühen Käufer das Elektroauto als Zweitwagen für den „Urbanen Dschungel“ anschaffte.

Preis/Leistung sind derzeit gefährdeter denn je – vor allem wenn die staatlichen Umweltboni auslaufen, der Fördertopf leer ist. Die mauen Reichweiten selbst der teuren Stromer überzeugen vor allem den Ottonormalverbraucher kaum. Der hat meistens auch keinen Zugang zu einer Wallbox und müsste deshalb teure öffentliche Ladepunkte in Anspruch nehmen. Teuer deshalb, weil die deutsche Energiepolitik für die höchsten Strompreise in Europa gesorgt hat. Das wollen sich viele nicht antun. Zudem wird die Ausweichmöglichkeit auf chinesische oder ausländische Marken mit Ausnahme von Tesla wird noch weitgehend ignoriert. 

Der Deutsche ist eben markentreu. Aber auch die chinesischen Newcomer haben noch nicht auf die veränderte allgemeine wirtschaftliche Situation reagiert. Sie wagten den Markteintritt (NIO, MG und Zeekr) mit selbstbewußten Preisen, in dem festen Glauben, dass der wohlhabende Deutsche die Kröte schlucken würde.

Weit gefehlt. Inzwischen hat sich die wirtschaftliche Situation so weit eingetrübt, dass die Kauflust für hochpreisige Güter immer mehr darunter leidet. „Die Ampel“ hat mit ihrer irrlichternden und wenig professionellen Wirtschaftspolitik dafür gesorgt, dass die Unsicherheiten immer größer wurden. Und in unsicheren Zeiten werden Käufer vorsichtig.

Ist das das Ende des Elektromobilitäts-Booms?

Zumindest vorläufig. Das zweite Halbjahr wird Gewissheit bringen, dann, wenn die Neubestellungen weit unter den Prognosen der OEMs bleiben und die ersten Stromer auf Halde stehen werden. 

Angebot und Nachfrage

Was dann passieren wird? Da wir uns in einer Marktwirtschaft befinden wird Angebot und Nachfrage die Preise regulieren. Mit anderen Worten: ein signifikanter Preisverfall wird einsetzen. Schlecht für die deutschen OEMs, die ohnehin nicht viel Marge an den Elektroautos machen. Gut für die Chinesen, die nun den Markt kaufen könnten.

Einer wird allerdings völlig unbeeindruckt bleiben: Tesla. Die Amerikaner haben derzeit einen Lauf, der kaum aufzuhalten ist, weil das Preis/Leistungsverhältnis den Wettbewerb weiter in die Knie zwingen wird. Und gerade wird das angeblich fertig entwickelte Model 2 in den sozialen Medien kolportiert …

Über diese Kolumne:

In einer wöchentlichen Kolumne, die abwechselnd von Eveline van Zeeland, Eugene Franken, Katleen Gabriels, PG Kroeger, Carina Weijma, Bernd Maier-Leppla, Willemijn Brouwer und Colinda de Beer geschrieben wird, versucht Innovation Origins herauszufinden, wie die Zukunft aussehen wird. Diese Kolumnisten, die manchmal durch Gastblogger ergänzt werden, arbeiten alle auf ihre Weise an Lösungen für die Probleme unserer Zeit. Bitte lesen Sie hier die bisherige Episoden.