Combustion or electric? Car buyers have a hard choice to make. AI-generated image.
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Der August 2023 markierte einen Rekord bei den Zulassungen von Elektrofahrzeugen in Deutschland. Mit einem Plus von 170,7 Prozent zum Vorjahresmonat erreichten die Stromer-Zulassungen in diesem Monat 31,7% Marktanteil an den Gesamt-Autozulassungen. Die Fangemeinde jubelte.

Nur die halbe Wahrheit

Leider war dies nur ein Aufbäumen vor dem September, denn der markierte eine Wende, die die das Habeck’sche Wirtschaftsministerium der „Ampel“ kurz nach Amtsantritt bereits initiiert hatte: Ab September 2023 würden nur noch Privatkäufer in den Genuss der staatlichen Umweltboni kommen können. Gewerbliche Zulassungen würden ab sofort keine Unterstützung mehr erhalten. 

Der Grund dafür liegt auf der Hand: auch der deutsche Staat gerät immer mehr in finanzielle Probleme – nicht zuletzt durch den Ukraine-Krieg, die Migrations- und Energiekrise. 

Der September markierte die Stunde der Wahrheit

Da war es kein Wunder, dass die interessierte Öffentlichkeit gespannt auf die Statistiken des Kraftfahrt Bundesamtes (KBA) wartete. Würde die Elektromobilität auch ohne Subventionen weiterhin wachsen, wie die Fan-Community immer versicherte?

Die Realität schlug gnadenlos zu

Die Hoffnungen erwiesen sich als übertrieben. Zumindest für den Monat September, denn der Einbruch schlug heftig zu. Minus 28,5% zum Vorjahresergebnis spricht eine deutliche Sprache. Sicher, die Auguststatistik war verzerrt gewesen, denn viele gewerbliche Zulassungen wurden vorgezogen.

Die privaten Zulassungen sollen es richten

Aber was passierte mit den privaten Zulassungen? Hier kristallisierte sich eine Zweiteilung heraus. Größte Verlierer waren jede Autoanbieter, die in der Preisregion von 40.000-60.000 Euro zu verorten waren. Das betraf vor allem die Koreaner und einige chinesische Anbieter. Relativ konstant blieben die Luxusstromer, die schon vorher kaum oder gar keine Umweltboni bekamen, also Porsche, Mercedes und Co. Mercedes übertraf sogar das Vorjahresergebnis deutlich – der EQE, beileibe kein günstiges Auto, schaffte es in die Top-Ten.

OEMs mit gemischten Angeboten, wie BMW, mussten nur geringe Einbußen hinnehmen.

© e-engine

Opel, PEUGEOT und Co

Die Hersteller von „günstigen“ Elektroautos legten teilweise vehement zu. Vor allem die Stellantis-Marken Opel und PEUGEOT schienen sich auf die geänderten Rahmenbedingungen des Marktes besser vorbereitet zu haben. Die Zuwächse in einem schwachen Marktumfeld waren teilweise gigantisch.

Ist die Elektromobilität damit schon wieder abgemeldet?

Natürlich nicht. Tatsächlich stockt der „E-Motor“ derzeit, nicht nur wegen der wegfallenden Boni, sondern auch wegen der gestiegenen Energiepreise, die vor allem Privathaushalte belasten. 

Der Massenmarkt, der von vielen Elektroauto-Fans beschworen wurde, lässt jedoch weiter auf sich warten. Die Preise der vermeintlich „günstigen“ Stromer sind für den Ottonormalverbraucher immer noch zu hoch. Günstige Elektrofahrzeuge mit akzeptabler Reichweite kosten ab 30.000 Euro. Zudem unterliegt die deutsche Wirtschaft derzeit durch die abgrundtief schlechte Industrie- und Wirtschaftspolitik der „Ampel“ einem sich beschleunigenden Schrumpfungsprozess. 

VW leidet am meisten

Vor allem VW ist davon betroffen. Die ID-Serie ist rundweg zu teuer und bietet zu wenig Anreize. Chinesische OEMs bieten hier mehr, waren aber im September nicht erfolgreich, weil deren Einstiegspreise immer noch recht sportlich gelagert waren. Das wird sich vermutlich in den nächsten Wochen ändern, denn große Preisnachlässe sind bei chinesischen Herstellern im Gegensatz zu den deutschen und europäischen OEMs möglich. 

Derzeit reagieren die OEMs noch verhalten und indirekt auf die neue Situation. Hauspreise liegen teilweise tief unter den unverbindlichen Preisempfehlungen, MG Roewe bietet gar 30.000 kostenlose Ladekilometer für bestimmte Modelle an. Und Citroën hat gerade einen Stromer für 23.300 Euro VOR Boni angekündigt – mit einer vergleichsweise großen 44 kWh-Batterie.

Glaskugel-Lesen

Ich rechne mit einem Preiskrieg, der von den chinesischen Autoherstellern ausgehen wird. Gleichzeitig wird der Verbrenner in den Haushalten reüssieren, die unter finanziellem Druck stehen, und zwar so lange, bis wirklich günstige Elektrofahrzeuge mit guten Reichweiten angeboten werden. Der Gebrauchtmarkt für Elektrofahrzeuge ist noch zu jung, als dass hier große Sprünge zu erwarten wären. Der Premiummarkt wird davon weitgehend unberührt bleiben.

Größter Verlierer wird die Marke VW sein, die bereits jetzt schon mit einem flauen Marktumfeld zu kämpfen hat und kaum mit niedrigeren Preisen kontern kann, weil die Gestehungskosten der ID-Fahrzeuge im Vergleich zum Wettbewerb aus Fernost zu hoch sind. 

Trotzdem könnte die neue Marktsituation auch positive Seiten haben: die OEMs sind gezwungen, bezahlbare Elektroautos anzubieten, um im Spiel zu bleiben. Die besten Voraussetzungen dafür haben aber derzeit die chinesischen Anbieter. Sie reagieren im Gegensatz zu den klassischen europäischen OEMs blitzschnell auf veränderte Marktbedingungen.