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Die Forschungen nach einem Wirkstoff gegen Corona beschäftigt Wissenschaftler auf der ganzen Welt. Hält die Natur aber schon längst ein Mittel gegen das neuartige Virus SARS-CoV-2 bereit? Wissenschaftler der TU Freiberg erforschen bereits seit mehreren Jahren eine Schwammart namens Aplysina aerophoba. Von Natur aus produziert sie antivirale Substanzen. Dieser einzigartige Wirkstoff kann sowohl das Wachstum von Viren als auch das Eindringen von Viren in Zellen hemmen.

Wirkstoffe aus Schwamm gegen Corona?

Der Aplysina-Schwamm produziert immer, wenn er verletzt wird, sogenannte Bromtyrosine. Sie sind verantwortlich für die antivirale, antibakterielle sowie antiparasitäre Wirkung.  Damit wehren sie sich gegen verschiedene Erreger. Reißt bei einer Verletzung die Verbindung zwischen den Wenn bei einer Verletzung die Verbindungen zwischen den Gewebezellen ab, kommt es zu einer schnellen chemischen Reaktion.

Dabei vernichtet das Aminosäurenderivat Bromtyrosin sofort eindringende Fremdkörper, wie Viren und Bakterien. Das heißt, der Wirkstoff hemmt die Proteinsynthese. RNA-Viren können sich nicht mehr ungehindert vermehren. Zudem werden die Viren daran gehindert, in Gewebezellen einzudringen. Zu diesen RNA-Viren gehört auch Corona, also das Virus SARS-CoV-2. Genau diesen Wirkmechanismus konnten die Freiberger Wissenschaftler in vorklinischen Studien bereits nachweisen. Zusammen mit dem Universitätsklinikum Dresden erbrachten sie den Beweis am Beispiel von Tumorzellen.

Die Abbildung zeigt Kristalle der Aeroplysinin-Substanz. Ihre antivitale Wirkung könnte auch gegen Corona wirken.
Die Kristalle der Aeroplysinin-Substanz mit starker antiviraler Wirkung. Foto: Hermann Ehrlich

Bereit für klinische Studien

„Es ist uns gelungen diese bioaktiven Substanzen in einer rein kristallinen Form, in solchen Mengen (d.h. deutlich mehr als 10 Gramm) zu isolieren, dass diese für sofortige klinische Untersuchungen gegen den COVID-19 Erreger zur Verfügung stehen“, erklärt Prof. Dr. Hermann Ehrlich. Er ist Mitglied der Arbeitsgruppe Biomineralogie und Extreme Biomimetik an der TU Bergakademie Freiberg. „Selbstverständlich sind wir in der aktuellen Situation offen für die Zusammenarbeit mit den entsprechenden Behörden und Institutionen.“

Der Marinehornschwamm Aplysina aerophoba kommt in Europa im Mittelmeer insbesondere vor Montenegro, Kroatien und Albanien vor. Er wächst seit mehr als 500 Millionen Jahren in den flachen Küstengebieten warmer Meeren. Dank einer neuen Methode konnten die Forscher in den vergangenen Jahren bis zu 100 Prozent des wertvollen Bromtyrosine aus dem Schwamm gewinnen.

Bromtyrosine schonend gewinnen

„Wir nutzen dafür Mikrowellenstrahlung mit Hilfe derer die Bromtyrosine aus den Zellen und Skelettfasern der gezüchteten Schwämme isoliert und extrahiert werden können“, erklärt der Leiter des Biomineralogie-Labors am Institut für Elektronik- und Sensormaterialien. Um die Regenerationsfähigkeit des Schwamms vollständig zu erhalten, finden weitere Forschungen statt. Das Team um Prof. Ehrlich arbeitet gemeinsam mit dem sächsischen Start-up BromMarin GmbH an einer ökologisch schonenden Methode, bei der nur ein Teil des Schwamms unter Wasser abgeschnitten wird.

Die Wissenschaftler der TU Bergakademie Freiberg betreuen seit 2014 gemeinsam mit Meeresbiotechnologen des Instituts für Marine Biologie in Kotor, Montenegro, eine 100 Quadratmeter große Schwammzuchtanlage.

Die Ergebnisse der Forschung der Freiberger Forscher wurden in der Zeitschrift „Materials Science and Engineering“ unter dem Titel Marine biomaterials: Biomimetic and pharmacological potential of cultivated Aplysina aerophoba marine demosponge veröffentlicht.