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Die Diskussion und Elektroauto oder Diesel, was ist besser, bzw. umweltschonender, spaltet die Autofahrernation Deutschland. Jeder will es wissen und verteidigt seinen Standpunkt mit mehr oder weniger stichhaltigen Argumenten. Da passt es perfekt ins Bild, dass eine neue Studie zur Umweltbilanz vor Kurzem für Wirbel sorgte. Der Ökonom Hans-Werner Sinn, emeritierter Professor der Universität München und langjähriger Leiter des renommierten Münchner ifo-Instituts, kam in seiner Studie „Kohlemotoren, Windmotoren und Dieselmotoren: Was zeigt die CO2-Bilanz?“ zu dem Ergebnis, das Elektroauto sei gegenüber dem „modernen Diesel“ ein Rückschritt.

[learn_more caption=”Showdown: electric vs. Diesel”] Showdown: No, diesel is not better for the environment than electric. IO’s Auke Hoekstra responds – again – to electric vehicle disbelievers like Hans-Werner Sinn, emeritus professor at the University of Munich. Read his complete rebuttal here  [/learn_more]

„Der CO2-Ausstoß des batterieelektrischen Autos liegt beim heutigen Energiemix Deutschlands und unter Berücksichtigung des Energieaufwands bei der Batterieproduktion nur im günstigsten Fall auf einem mit dem Dieselmotor vergleichbaren Wert“, schreiben Sinn und seine beiden Co-Autoren Christoph Buchal und Hans-Dieter Karl in der Studie.

So würde das Elektroauto im schlechtesten Fall sogar 28 Prozent mehr CO2 verursachen als ein Diesel, erklären sie und kommen somit zum genau gegenteiligen Ergebnis wie Wissenschaftler vom Fraunhofer Institut ISI. „28 Prozent weniger Treibhausgasemissionen als ein Oberklasse-Diesel, bis zu 42 Prozent weniger als ein Kleinwagen-Benziner: Wer heute ein batteriebetriebenes Elektroauto kauft und in Deutschland nutzt, stößt bei einer Nutzungsdauer von durchschnittlich 13 Jahren deutlich weniger CO2 und andere klimarelevante Gase aus als mit einem Auto mit konventionellem Verbrennungsmotor“, erklären sie im März in einer Pressemitteilung.

Elektroauto
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Tesla Model 3 gegen Mercedes C 220 Diesel

Forscher des international bekannten Thinktanks ICCT kamen zu ähnlichen Ergebnissen wie das Fraunhofer Institut und Experten angesehener deutscher Publikationen wie Focus und WirtschaftsWoche widerlegten die Studie umgehend. So entlarvt WirtschaftsWoche-Redakteur Stefan Hajek die Tricks, derer sich Sinn und seine Kollegen bedient haben, um zu ihren Zahlen zu kommen. Sie hätten ganz einfach für das Elektroauto die schlecht-möglichsten Szenarien genommen, beim Diesel dagegen die best-möglichsten, schreibt er, und dabei gebe es vier zentrale Kritikpunkte.

Erstens rechnet Sinn bei beiden Fahrzeugen mit NEFZ-Laborwerten, die bekanntermaßen Phantasiewerte und daher vom Gesetzgeber längst auf WLTP-Standard umgestellt sind, egal ob für Elektroantrieb, Diesel oder Benziner. Studien beweisen jedoch, dass die Abweichungen von NEFZ zur Realität bei Diesel und Benziner im Schnitt 40 Prozent höher sind, bei E-Autos betragen die Abweichungen nur 8 Prozent. Wieso Sinn und seine Co-Autoren mit diesen alten Standards gearbeitet haben, obwohl „ auch treffendere Standards wie WLTP oder EPA und sogar empirische Verbrauchswerte für beide Fahrzeuge problemlos zugänglich sind, bleibt sein Geheimnis.“

Zweitens wird in der Studie von einer Lebensdauer der Batterie von gerade mal 150.000 km ausgegangen. Beim Tesla wären das lediglich 300 Mal laden und entladen. Tests mit dem Akku eines Tesla Model 3 zeigen aber, dass er rund 1,5 Millionen Kilometer problemlos übersteht. Zusätzlich kann er nach dem Ende seiner Lebensdauer als Fahrzeugakku noch als Hausspeicher für Solaranlagen oder Zwischenspeicher in lokalen Stromnetzen eingesetzt werden. Ein Punkt, der in der Studie unterschlagen wird.

Drittens addiert Sinn den Energieaufwand für die Produktion der Batterie einfach auf das Auto auf. Die Gegenrechnung für die Teile des Mercedes Diesel, die beim E-Auto wegfallen (Verbrennungsmotor, Getriebe, Auspuffanlage, Abgasreinigung) findet aber nicht statt. Ebenso wenig wie die Materialeinsparungen – und somit der für die Produktion eingesparte CO2-Ausstoß – durch den viel geringeren Wartungsaufwand des Elektroautos. Außerdem geht Sinn bei der Stromerzeugung generell von fossil erzeugtem Strom aus.

Viertens berechnet Sinn, aus welchem Grund auch immer, beim Fahrstrom des Tesla CO2-Emissionen, die um ganze 16 Prozent über den offiziellen Zahlen des Umweltbundesamtes liegen.

Elektroauto
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Kritik von allen Seiten

Weitere Studien des Paul Scherrer Instituts, Fraunhofer, ICCT und der Forschungsgesellschaft Für Energiewirtschaft, Agora Energiewende, untermauern die Fehlerhaftigkeit der Sinn-Studie. Prof. Dr. Markus Lienkamp, der Leiter des Lehrstuhls für Fahrzeugtechnik an der Technischen Universität München, widerspricht Sinn und seinen Kollegen ebenfalls. „Herr Sinn ist unbestritten ein hervorragender Ökonom, jedoch sicher kein Ingenieur oder Physiker“, wird Lienkamp von electrive.net zitiert.

„Herr Buchal gibt auf seiner Forschungshomepage auf ResearchGate folgende Kompetenzen an: Material Characterization, Materials, Nanomaterials, Thin Films and Nanotechnology, Microstructure, Advanced Materials, Nanomaterials Synthesis, Thin Film Deposition, Semiconductor Device Physics, Thin Film Technology. Im Bereich Automobil ist er mir als Experte nicht bekannt. Herr Karl ist ein ehemaliger Mitarbeiter des ifo-Instituts und in den gängigen Wissenschaftsportalen nicht auffindbar.“

Prof. Lienkamp kritisiert außerdem, dass der Artikel im ifo-Schnelldienst erschienen sei und „keinem peer review Verfahren unterzogen worden sein“ dürfte. Der ifo-Schnelldienst sei kein wissenschaftliches Publikationsorgan und gebe daher nur nur die Meinung der Autoren wieder, betont er. Und diese Meinung sei eben von einer Anti-Elektroauto-Ideologie geprägt, wie die Autoren sogar selbst im Vorwort zugeben: „Wir erläutern die gegenwärtige Faktenlage so detailliert, weil wir in der postulierten vollständigen Emissionsfreiheit der E-Autos eine zielgerichtete industriepolitische Täuschung vermuten“, heißt es da.

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