Vello Bike Titanium (c) Vello Bike
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Die Städte werden immer dichter verbaut und die Straßen stärker frequentiert. Das Auto ist nur mehr bedingt einsetzbar. Auf Google Maps ist immer das Fahrrad das schnellste Verkehrsmittel, sagt der Industriedesigner Valentin Vodev vom Start-up Vello Bike. Er hat ein intelligentes, selbstladendes E-Faltrad gebaut und möchte damit Mobilitätsprobleme im urbanen Raum lösen.

Die erste Version des Vello Bike entstand, als Valentin Vodev und seine Partnerin Valerie Wolff 2010 nach Kuba reisten. Sie wollten Fahrräder mitnehmen, um sich dort unabhängig bewegen zu können. Vodev baute zwei Falträder. „Das ist ein anderer Zugang als sich ein Auto zu mieten. Wir sind fast Teil dieses Landes geworden“, erklärt er. Die Kubareise wurde zum Kick-off für das Start-up. Sie waren so überzeugt von der Funktion des Faltrads, dass sie dieses Erlebnis weitergeben wollten. Vodev im Interview:

Was ist Ihre Motivation? Welches Problem lösen Sie und warum ist das wichtig?

Unser Faltrad vermittelt im eingeschränkten Bewegungsraum Stadt wieder Freiheit. Es begleitet den Besitzer überall hin und ist auch in Kombination mit anderen Verkehrsmitteln nutzbar. Man kann es für die letzte Meile verwenden, aber durchaus auch für die ganze Reise.

Was war das größte Hindernis, das Sie überwinden mussten? Gab es einen Moment in dem Sie aufgeben wollten?

Meist sind es unerwartete Dinge, die einen zurückwerfen. Aber es war nie so dramatisch, dass wir aufgeben wollten. Das Produkt ist das Aushängeschild. Aber die Struktur, die wir in der kommerziellen Umsetzung aufbauen mussten, hat uns mehr gefordert als das bei einem Angestelltendasein der Fall wäre. Der Wettbewerb ist weltweit. Man muss im internationalen Markt bestehen.

 

Valerie Wolff und Valentin Vodev, Gründer Vello Bike (c) Vello Bike
Valerie Wolff und Valentin Vodev, Gründer Vello Bike (c) Vello Bike

Was waren die bisher schönsten Momente?

Etwas zu machen, das auch der Mobilitätsvision eines Menschen am anderen Ende der Welt entspricht. Japaner, Südkoreaner und Chinesen wollen unser Faltrad und akzeptieren einen Transport über 15.000 Kilometer. Das bedeutet, dass wir einen Mehrwert geschaffen haben.

Welche Leistungen haben Sie wirklich stolz gemacht?

Es hat drei Generationen gebraucht, bis wir die Faltung geschafft haben. In der Kombination von Leichtigkeit, kleinformatiger Faltung und Effizienz des Fahrens ist Vello Bike einzigartig. Mit der Selbstladung haben wir das elektrische Fahrrad neu definiert. Man borgt die Energie nur kurz aus, wenn sie gebraucht wird – und gibt sie zurück, wenn sie nicht gebraucht wird. Bei Bergabfahrten, Bremsmanövern und Rückenwind lässt sich der Akku fast zu hundert Prozent wieder aufladen. Ein eingebauter Neigungssensor meldet schon eine Geländevariation von einem Prozent. Bei einem Gefälle wird die Energiezufuhr reduziert. Ein weiterer Sensor zeichnet auf, wenn der Nutzer im Ausrollen rückwärts tritt und löst die Energie-Einspeisung in den Motor aus.

Was können wir im kommenden Jahr von Ihnen erwarten?

Wir wollen die Einsatzmöglichkeiten für das Produkt erweitern und fokussieren Accessoires. Zum Beispiel wollen wir einen Gepäckträger mit großem Transportvermögen entwickeln.

Wo möchten Sie mit Ihrem Unternehmen in fünf Jahren sein – was ist Ihr höchstes Ziel?

Es macht uns froh, wenn wir den Autoverkehr in der Stadt reduzieren können. Nicht durch eine Verordnung von oben, sondern durch Mobilitätsprodukte, die Sinn machen und das Verhalten von Nutzern ändern. Alle wissen, dass es so nicht weitergeht. Die Städte sind extrem dicht verbaut und wir geben zusätzlich öffentlichen Raum für Autos auf, die wir nur in neunzig Prozent der Zeit nutzen. Wenn eine Straße autofrei ist, dann bessert sich die Luft auf einen Schlag und die Kinder können wieder auf der Straße spielen.

Was macht Ihre Innovation besser/anders als existierende Dinge?

Unser Fahrrad ist intelligenter in der Handhabung. Es ist das leichteste, kleinformatig faltbare Fahrrad und verfügt in der elektronischen Version über ein rekuperatives Energiesystem. Trotz der kleinen Masse fährt es sich besser als herkömmliche Stadtfahrräder. Falträdern sagt man nach, wackelig zu sein. Dieses Problem sind wir umgangen, indem wir den Rahmen nicht geteilt haben. Die Teilung ist da, wo der Stoßdämpfer ist. Um die kleinen Räder zu kompensieren, haben wir den Radabstand etwas vergrößert. Dadurch kommt man bei gleicher Tretfrequenz gleich weit wie mit großen Rädern.

(c) Vello Bike
(c) Vello Bike

Über Vello Bike

Gründer:

Co-Gründerin Wolff studierte am Bard College in New York Wirtschaft und Film und schloss ein Studium an der Diplomatischen Akademie in Wien an. Später arbeitete sie für die UNO und andere internationale Organisationen im Projektmanagement und Fundraising. Bei Vello Bike ist sie für die Unternehmensentwicklung verantwortlich. Vodev studierte Industriedesign an der Universität für Angewandte Kunst in Wien und am Royal College of Art in London. Das Thema Mikromobilität beschäftigt ihn seit seiner Diplomarbeit. Schon damals kam er zu dem Schluss, dass das Fahrrad das effizienteste Fortbewegungsmittel in der Stadt ist.

Gründungsjahr:

2013

Finanzierung:

Entwicklungsphase: Eigenkapital und Fördergelder (50:50);

Zweite Phase: Fördergelder und Einnahmen;

Dritte Phase: Crowdfunding über Kickstarter und Indiegogo;

Finale Phase: Finanzierung durch Bankkredite;

Umsatz: 2018 betrug der Umsatz 1,5 Millionen Euro. Das Wachstum ist anhaltend schnell.

Mitarbeiter:

Die Produktentwicklung erfolgt in Wien, die Produktion teilweise im Ausland und die Assemblierung in Wien – in Kooperation mit einem Betrieb, der Langzeitarbeitslose wieder ins Berufsleben integriert.

Hiring:

Wir wachsen und brauchen Unterstützung in Kommunikation, Logistik und Verkauf.

Höchstes Ziel kurzgefasst:

Die Freude, die wir am Produkt haben, auf Menschen mit der gleichen Vision übertragen, um so die Welt positiv zu verändern.

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