Dieselmotoren sind die effizientesten Verbrennungsmotoren und im Transportsektor kurzfristig schwer ersetzbar, sagt Martin Mittelbach, Experte für nachwachsende Rohstoffe. Langfristig sieht er in der Kombination von Elektromobilität und Wasserstoff die einzige Alternative für eine nachhaltige Mobilität.
Mittelbach ist Experte für Biodiesel und nachhaltige Mobilität. Dennoch – oder gerade deswegen – hat er einen nüchternen Blick auf die Entwicklung im Bereich der umweltfreundlichen Antriebstechnologien. In seine Bewertung fließen Infrastruktur, Fahrzeugherstellung und Energiegewinnung sowie die wirtschaftliche Umsetzbarkeit ein. Folgend seine sieben Szenarien für eine nachhaltige Mobilität:
1 Alternative zu Diesel: Treibstoff aus Biomasse
Elektro- und Wasserstoffantrieb stecken noch in den Anfängen. Bis zu deren Marktreife wird man auf den Verbrennungsmotor nicht verzichten können. So die Perspektive von Mittelbach, der am Institut für Chemie der Universität Graz forscht. Zur Verbesserung der Ökobilanz empfiehlt er synthetische Kraftstoffe oder Biodiesel. Biodiesel lässt sich aus Abfall- und Restbiomasse oder Biomasse aus schnell wachsenden Pflanzen produzieren. Allerdings haben diese in Europa einen schlechten Ruf und die Forschung stagniert, wie der Forscher anmerkt. Er selbst sieht darin jedoch großes Potenzial. So könnte etwa Raps gleich zwei Aufgaben erfüllen:
- Eiweißlieferant für Tierfutter;
- Öllieferant für Treibstoff;
Das würde sowohl Erdöl- als auch Sojaimporte reduzieren.
2 CO2-Steuer zur Reduktion des Flugverkehrs
Im Flugverkehr ortet der Chemiker eines der größten Probleme. Ein Flug von Graz nach London und retour verursacht drei Tonnen CO2 pro Person. Das ist ein Drittel des durchschnittlichen CO2-Austoßes pro Kopf und Jahr in Österreich. Alternativen zu Kerosin sind derzeit viel zu teuer. Laut Mittelbach ist eine CO2-Steuer unumgänglich. Diese würde
- Billigflügen einen Riegel vorschieben;
- Kurzstrecken zurück auf die Schiene bringen;
3 Erd- oder Flüssiggase statt Schiffsdiesel
Das Schiff erzeugt – bezogen auf die Fracht – viel weniger CO2-Emissionen als der Transport auf der Straße. Problematisch ist der Treibstoff, der große Mengen an Schadstoffen wie Schwefeldioxid ausstößt. 2020 wird der Schwefelgehalt im Schiffsdiesel von 3,5 Prozent auf 0,5 Prozent gesenkt. Allerdings liegt der Anteil dann immer noch um das 500-fache über jenem in normalem Treibstoff. Mittelfristig sieht der Forscher eine Alternative in der Verwendung von Erd- oder Flüssiggas.
4 Umstieg auf die Bahn
Der Umstieg vom Lastkraftwagen auf die Bahn wäre sinnvoll, so Mittelbach. Durch die geringe Flexibilität und Kapazität sei dies aber nur in beschränktem Maß umsetzbar.
5 Forcierung von Oberleitungsbussen
Lokale Emissionen, Stickoxide und Feinstaub sind in Ballungszentren besonders belastend. Mittelbach fordert
- autofreie Innenstädte;
- einen Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel;
Er empfiehlt die Forcierung von batteriebetriebenen Oberleitungsbussen, die billig, flexibel und umweltfreundlich sind.
6 Kleine Autos für Kurzstrecken
In E-Autos sieht Mittelbach eine wichtige Alternative zu herkömmlichen Fahrzeugen im Individualverkehr – sofern der getankte Strom aus erneuerbaren Quellen kommt. Das Dilemma der E-Autos liegt im hohen Energieaufwand bei der Batterieherstellung. Dieser amortisiert sich erst nach tausenden gefahrenen Kilometern. Kleine Autos haben eine deutlich bessere Ökobilanz als ein Tesla und sind für Kurzstrecken ideal, so der Forscher.
7 Wasserstoff hat Zukunftspotenzial
Problematisch an Wasserstoff ist, dass dieser derzeit noch aus nicht erneuerbaren Quellen kommt – und energieaufwändig aus Erdgas gewonnen wird. Der Vorteil gegenüber Strom ist
- dessen Lagerfähigkeit;
- die rasche Betankung;
- dass man damit auch Lastkraftwagen und Flugzeuge antreiben könnte;
Letzteres ist derzeit allerdings noch um das Zehn- bis Hundertfache teurer.
Dennoch sieht Mittelbach in Elektromobilität und Wasserstoff die einzigen Alternativen im Transportsektor.
Damit die Klimawende gelingt, braucht es allerdings auch das Engagement von Politik und Bürgern. Mittelbach fordert, das gesamte Transportwesen und die E-Mobilität zu hinterfragen.
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