Seit Mitte der 1990er Jahre haben Astronomen mehr als 3.000 Exoplaneten, also Planten, die außerhalb unseres Sonnensystems um andere Sterne als die Sonne kreisen, untersucht. Im Gegensatz zu den Planeten in unserem Sonnensystem kreisen diese Gasriesen sehr nah und sehr schnell um ihren Wirtssterne. Oft dauert eine Umlaufbahn nur wenige Tage.
Diese Nähe zu ihren Wirtssternen ist auch der Grund, wieso es sehr schwierig ist, Exoplaneten im Detail zu untersuchen. Das ist umso schwieriger, je weiter sie entfernt sind. „Gewöhnlich sind die Exoplaneten von uns gesehen sehr nah an den Muttersternen dran. Daher wird das Licht des Planeten – reflektiertes Sternlicht – meistens vom Licht des Sterns überstrahlt“, erklärt Dr. Markus Nielbock vom Haus der Astronomie in Heidelberg. „Die Sterne kann man daher normalerweise in den Beobachtungen von den Planeten nicht sauber trennen. Zumindest wird das Licht des Sterns von der Teleskopoptik in den meisten Fällen so ‚verschmiert‘, dass das vom Planeten stammende Licht dadurch ‚verunreinigt‘ ist.“
Forscher der Universitäten Bern und Genf haben nun KELT-9 b, den bisher heißesten bekannten Exoplanet genauer untersucht, nachdem das Team der beiden Hochschulen schon im Sommer 2018 Signaturen von gasförmigem Eisen und Titan in dessen Atmosphäre gefunden hat. Jetzt konnten sie auch Spuren von verdampftem Natrium, Magnesium, Chrom und erstmals auch Spuren von Scandium und Yttrium, zwei Metallen der sogenannten seltenen Erden, nachweisen.
Ein extremer Gasriese
KELT-9 ist ein Stern im Sternbild Schwan, 650 Lichtjahre von der Erde entfernt. Sein im Jahr 2016 entdeckter Exoplanet KELT-9b ist der bislang extremste sogenannte „heiße Jupiter“. Seine Atmosphäre wird durch die extreme Nähe zu seinem Stern KELT -9, der fast doppelt so heiß ist wie die Sonne, auf rund 4.000 Grad aufgeheizt. Aufgrund dieser außerordentlich hohen Temperaturen verdampfen alle Elemente fast vollständig und die Moleküle werden in ihre Atome zerlegt. Auf der anderen Seite hat das aber auch zur Folge, dass es in der Atmosphäre von KELT-9b keinerlei Wolken oder Aerosole gibt und der Himmel klar ist und das Licht des Sterns nicht getrübt wird.
„Die Atome in der Atmosphäre des Exoplaneten absorbieren jeweils einen Teil des Lichts des Sterns“, sagen die Schweizer Forscher. „Jedes Atom hat so einen einzigartigen ‚Fingerabdruck‘ der Farben, die es absorbiert.“ Diese Fingerabdrücke könnten, trotz der großen Entfernung von der Erde, mit einem empfindlichen Spektrographen gemessen werden, und aus diesen „Fingerabdrücken“ könnten die Wissenschaftler dann die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre ableiten.
Erstmals Seltene Erden in der Atmosphäre
Bei ihrer Entdeckung auf KELT-9b im vergangenen Jahr bedienten sich die Forscher des Nationalen Forschungsschwerpunkts PlanetS genau dieser Technik. „Wir benutzten den HARPS-North Spektrografen auf dem italienischen Telescopio Nazionale Galileo auf der Insel La Palma. Damals fanden wir Eisen- und Titanatome in der heissen Atmosphäre von KELT-9 b“, erklärt Kevin Heng, Direktor und Professor am Center for Space and Habitabilty (CSH) an der Universität Bern und Mitglied des Nationalen Forschungsschwerpunkts PlanetS.
Ziel der jüngsten Beobachtung des KELT-9-Systems war es in diesem Jahr, die bisherigen Erkenntnisse zu bestätigen und nach zusätzlichen Elementen zu suchen. Heng und sein Team untersuchten dazu die Daten nach 73 Atomen und fanden tatsächlich auch Seltene Erden. Diese Metalle kommen auf der Erde nur selten vor und werden bei der Produktion von Hightech-Produkten genutzt, unter anderem bei LCD/LED-Bildschirmen, Smartphones und in Notebooks.
Jens Hoeijmakers, Erstautor der nun im Journal Astronomy & Astrophysics publizierten Studie und Postdoc am CSH sowie am Astronomy Department der Universität Genf, sagt: „Wir gingen davon aus, dass das Spektrum dieses Planeten eine Fundgrube sein könnte. Wir hofften, Elemente zu finden, die bisher noch nie in der Atmosphäre eines Exoplaneten beobachtet worden waren.“
Suche nach Leben
Und sie hatten Erfolg, denn Chrom, Scandium und Yttrium konnten zuvor nie in der Atmosphäre eines Exoplaneten nachgewiesen werden. „Wir können aufgrund unserer Analysen nun auch abschätzen, in welcher Höhe in der Atmosphäre des Planeten die Atome das Licht absorbieren“, sagt Hoeijmakers. Zudem wisse man nun mehr über die Winde hoch in der Atmosphäre, die Atome von einer Hemisphäre zur anderen blasen.
„Wir möchten mit dieser Technik noch viel mehr über die Atmosphäre dieses Exoplaneten aber auch anderer Planeten erfahren, die ähnlich hohe Temperaturen aufweisen wie KELT-9 b“, betont der Wissenschaftler und sein Kollege Kevin Heng ergänzt: „Die Chancen stehen gut, dass wir mit derselben Technik dereinst sogenannte Biosignaturen, also Anzeichen für Leben, auf einem Exoplaneten finden werden.
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