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In Deutschland werden pro Jahr rund zwei Millionen Magenspiegelungen durchgeführt. Das bedeutet für zwei Millionen Menschen, dass sie einen Schlauch schlucken müssen, der über den Mund- und Rachenraum bis in die obere Magenpartie eingeführt wird. Durch den natürlichen Würgereflex birgt das auch gewisse Risiken in sich. So kann sind Verletzungen der Schleimhäute in der Speiseröhre nicht selten, die wiederum zu Blutungen führen oder sogar zu Keimeinschleppungen. Oft bekommt der Patient parallel auch eine Vollnarkose, die ebenfalls riskant ist und schlimmstenfalls zum Tod führen kann.

Um diese Untersuchung für den Patienten angenehmer und auch sicherer zu machen, forschen Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM gemeinsam mit zwei weiteren Partnern an einer schlauchlosen Technologie mit flexiblen Endoskopen für die Magenspiegelung. Im Rahmen des vom BMBF geförderten Projekt nuEndo untersuchen sie die Möglichkeit einer schluckbaren Kamerakapsel und eines externen magnetischen Steuerungssystems. Dabei wird die Endoskopiekapsel mithilfe eines externen magnetischen Führungssystems durch den Magen geleitet, während sie via einer eingebauten Sensorik ein Echtzeit-Bild des Mageninneren auf einen Monitor sendet.

Keine langen Wartezeiten

Da der Patient im Gegensatz zur schlauchgesteuerten Magenspiegelung lediglich eine kleine Kapsel schlucken muss, kann die Untersuchung vom hausärztlichen Fachpersonal und ohne Narkose durchgeführt werden. Speziell geschultes Fachpersonal ist nicht mehr nötig und lange Wartezeiten auf einen Termin enfallen. Etwa 20 Sekunden, nachdem der Patient die Kapsel geschluckt hat, ist sie im Magen angekommen. Aus der Diagnose kann der Arzt dann erkennen, ob weiterführende Untersuchungen – wie eine schlauchendoskopische Untersuchung – nötig sind da diese höher aufgelöste Bilder liefert.

„Durch dieses nichtinvasive und schmerzfreie Verfahren wird eine diagnostische Magenspiegelung schon bei geringerem Leidensdruck für Patienten akzeptabel, da diese nur eine kleine Kapsel schlucken müssen und dann entspannt an der Untersuchung teilnehmen können“, erklärt Prof. Dr. Jörg Albert, Chefarzt am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart und assoziierter klinischer Partner des nuEndo-Projektes. „Somit bietet das nuEndo-System die Möglichkeit, viele Erkrankungen früher als bisher zu erkennen, Beschwerden effektiv zu behandeln und den Therapieverlauf besser zu überwachen.“

Das Fraunhofer-Institut IZM ist bekannt als als Experte für die Miniaturisierung von elektronischen Systemen und daher sind die Wissenschaftler im bayerischen Weßling auch dafür zuständig, die Kapsel zu miniaturisieren. Verbundkoordinator des Projektes ist die Ovesco Endoscopy AG, weiterer Partner ist die SENSODRIVE GmbH – eine Ausgründung aus dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Sie ist für die externe magnetische Steuerung zuständig. Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt, das bis 2022 läuft, mit knapp 1,7 Millionen Euro als KMU-innovatives Forschungsprojekt.