Wärmepumpen können industrielle Trocknungsprozesse wesentlich effizienter und nachhaltiger gestalten. Vorausgesetzt, die entstehende Abwärme kann recycelt werden. Das war bisher nur bei niedrigen Temperaturen möglich. Jetzt ging das Austrian Institute of Technology (AIT) mit der ersten industriellen Hochtemperatur-Wärmepumpe in den Demobetrieb.
Wärmepumpen werden wesentlich zu einer zukunftsorientierten Energie-Infrastruktur beitragen – auch in der Industrie. Bei industriellen Trocknungsprozessen konnte der Umwelteffekt der Technologie aber bisher noch nicht genutzt werden – vor allem in einem Temperaturbereich von über 110 Grad Celsius. Diese hohen Temperaturen sind bei Prozessen wie dem Trocknen von Produkten wie Ziegeln oder Nahrungsmitteln allerdings notwendig. Um das Wasser zu entziehen, muss dieses bei Temperaturen von 90 bis 170 Grad verdampft werden. Wenn die dabei entstehende Abwärme ungenutzt an die Umgebung abgegeben wird, ist dies mit dem Ausstoß klimaschädlicher CO2-Emissionen verbunden. Im Gegenzug schafft das Recycling industrieller Abwärme ein hohes Potenzial für Energieeffizienz und Reduktion der CO2-Emissionen.
Rückgewinnung von Abwärme
Im EU-Forschungsprojekt DryFiciency wurden zwei Wärmepumpen entwickelt, die auch für industrielle Trocknungsverfahren bei Temperaturen über 110 Grad zum Recycling der Abwärme genutzt werden können. Es handelt sich um Hochtemperatur-Dampfkompressionswärmepumpen. Wobei jene mit dem geschlossenen Kreislauf für die Lufttrocknung geeignet ist und jene mit dem offenen Kreislauf für die Dampftrocknung. Die Technologien können in bestehende Anlagen integriert werden.
Das Projekt lief unter Beteiligung von dreizehn Kooperationspartnern und wurde vom AIT geleitet. Der Demobetrieb erfolgt unter realen Produktionsbedingungen in laufenden industriellen Trocknungsprozessen in Betrieben der Tiernahrungs-, Lebensmittel- und Ziegelindustrie.
In bestehende Anlagen integrierbar
Der erste Demobetrieb wurde kürzlich am Produktionsstandort Uttendorf des österreichischen Ziegelherstellers Wienerberger aufgenommen. Hier wird die Wärmepumpe mit geschlossenem Kreislauf eingesetzt. Zuvor wurde die Aufgabe von einem Erdgasbrenner erfüllt. Für Carlo Callegati, Head of Research and Development, Operations and Engineering ist es ein Meilenstein auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Ziegelindustrie.
Das Procedere der Ziegelherstellung beruht auf Formen, Trocknen und Brennen. Alle drei Fertigungsstufen erfolgen in einem kontinuierlichen Tunneltrockner. In eben diesen Tunneltrockner wurde die Hochtemperatur-Wärmepumpe integriert. Die Technologie der Wärmepumpe basiert auf einem geschlossenen Kältekreislauf, der industrielle Abwärme in nutzbare Energie umwandeln kann.
Die Wärmepumpe stellt Wärme für den Tunneltrockner bereit, indem sie warmes Wasser aus der Wärmerückgewinnung der Abluft des Trockners bezieht.
Geschlossene Wärmepumpensysteme
Wärmepumpen mit geschlossenen Systemen, auch Kompressionswärmepumpen genannt, verdichten ein Arbeitsmedium – das sogenannte Kältemittel – am Wärmeverbraucher (Kühlkörper) auf ein höheres Temperaturniveau als an der Wärmequelle. Sie liefern eine viel höhere Energiemenge (Wärme) als die für ihren Betrieb benötigte Energiemenge (meist Strom). Daher sind sie effiziente Recyclinganlagen für Abwärme.
Kompressionswärmepumpen bestehen aus vier Hauptkomponenten: Kompressor, Kondensator, Expansionsventil und Verdampfer. Die Arbeitsmedien (Kältemittel), die sie verwenden, werden jederzeit in einem kontinuierlichen beziehungsweise geschlossenen Kreislauf gehalten.
Verdampfer
Im Verdampfer wird das Kältemittel der Wärmequelle ausgesetzt. Das Kältemittel kann zum Beispiel auch industrielle Abwärme sein. Hier verdampft das Kältemittel bei niedrigem Druck und niedriger Temperatur.
Der Verdichter
Der Verdichter bringt den Druck des Kältemittels auf ein höheres Druckniveau.
Kondensator
Im Kondensator wird die Energie des Kältemittels auf ein Verteilungsmedium wie zum Beispiel Luft oder einen Wärmeverbraucher übertragen. Das Kältemittel kühlt ab und wird wieder flüssig.
Expansionsventil
Um den Wärmepumpenkreislauf zu schließen, wird das Kältemittel in ein Expansionsventil geleitet. Die Niederdruck-Niedertemperaturflüssigkeit ist bereit, wieder in den Verdampfer zu gelangen.
Hier finden Sie ein Erklärvideo zum Recyclingprozess industrieller Abwärme.
Alternative zum Gasbrenner
Veronika Wilk, die wissenschaftliche Koordinatorin des Projekts und Senior Research Engineer am Center for Energy, des AIT, sieht in den Wärmepumpen für viele Trocknungsprozesse eine echte Alternative zu herkömmlichen Gasbrennern. Deren Vorteile sind vielfältig. So haben sie das Potenzial,
- die Energie-Effizienz um bis zu 80 Prozent zu steigern;
- CO2-Emissionen um bis zu 75 Prozent zu reduzieren;
- bis zu 20 Prozent weniger Produktionskosten zu verursachen;
Die im Zuge des Projektes entwickelten Technologien können in verschiedenen Industriesektoren zur Anwendung kommen und in bestehende Anlagen integriert werden. Als Beispiele nennt sie Papier, Lebensmittel, Getränke, Textilien und andere chemische Industriezweige.
Übereinstimmung mit den Klimazielen
Die Ressourcen- und energieintensive Industrie erzeugt erhebliche Mengen an verlorener Abwärme. In einigen Branchen machen Energie und Kraftstoffe – wie etwa Gas – zwischen 20 und 40 Prozent der Produktionskosten aus und verursachen große Mengen an CO2-Emissionen.
DryFiciency stimmt mit den Klima- und Energiezielen der EU im Jahr 2030 und der Energieeffizienzrichtlinie (2012/27/EG) überein. Darüber hinaus soll DryFiciency die Industrie bei der Einhaltung der neuen F-Gas-Verordnung unterstützen, welche die Gesamtmenge der verkauften fluorierten Gase (zum Beispiel für Heiz- und Kühlsysteme) begrenzt und bis 2030 ausläuft. Die DryFiciency-Wärmepumpen unterliegen nicht der F-Gas Verordnung.
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