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Derzeit ist die CES in Las Vegas. War die Messe in der Vergangenheit ein Schaufenster in die neuesten Computer- und Consumer-Electronic-Technologien gewesen, wird sie nun mehr und mehr von Autoherstellern gekapert. Wer auf der Messe auffallen will, der zeigt zumindest Weltneuheiten oder ganz abgefahrende Innovationen.

ChatGPT im Auto

VW hat gerade angekündigt, dass man in Zukunft in die IDA-fähigen Modelle (Elektro und Verbrenner) den KI-Chatbot ChatGPT integrieren werden. 

Nanu, werden Sie nun sagen, hatten die Wolfsburger nicht in der Vergangenheit vehemente Probleme mit der Digitalisierung ihre Autos? Gemach. Tatsächlich dürfte der Löwenanteil der Entwicklung vom US-Unternehmen Cerence kommen. 

Das in Massachuesetts ansässige Unternehmen arbeitet für die Crème de la Créme der Autoindustrie. OEMs wie Ford, Mercedes-Benz, Tata, Renault, Jaguar Land Rover, GM und Stellantis stehen auf der Kundenliste – und nun auch VW.

Was macht eine KI besser?

Sprachsteuerung im Automobil ist nichts neues. Wer schon mal ein Fahrzeug beispielsweise mit dem Google Automotive OS gefahren hat, also einen Volvo, Renault oder Polestar um nur einige zu nennen, der weiß, dass das in der Regel recht gut funktionert. Vorausgesetzt, man benutzt stereotype Befehle wie: „Navigiere mich zu …“. 

Das funktioniert auch bei den allermeisten anderen Autoherstellern die Spracherkennung einsetzen mehr oder weniger gut. Das Cerence-System geht allerdings weiter. Hier werden in der Tat KI-Fähigkeiten mit eingesetzt, um normale Sprache besser zu verstehen. Der Alptraum aller User „Das habe ich nicht verstanden, bitte wiederholen!“ sollte damit seltener eintreten.

So kann der User nun bereits beim Annähern an das Fahrzeug Befehle geben wie: „Bitte starte schon mal den Wagen,“ „Öffne den Kofferraum!“ oder „Sperr das Auto auf!“. Voraussetzung sind natürlich Mikrofone die den Außenbereich abdecken.

Die Befehle wären jetzt schon möglich, könnten aber theoretisch von jedem verwendet werden, sich also zu einem Sicherheitsrisiko erster Güte entwickeln. Deshalb wird mit speziellen Sicherheits- und Identifikationsmerkmalen gearbeitet. Eine spezielle KI-gesteuerte Stimmerkennung ist also beispielsweise unverzichtbar – hier im Video zu sehen:

Ob VW so weit geht, darf angezweifelt werden. Wolfsburg macht den Einsatz vor allem schmackhaft, indem Fähigkeiten von ChatGPT integriert werden. So soll eine „weitgehend normale Unterhaltung“ mit dem System möglich sein. Kann die Antwort nicht intern gegeben werden (also beispielsweise eine sprachlich eingegebene Navigationsadresse zu programmieren), und wird eine Anfrage nach „Aussen“ ins Internet oder die ChatGPT-Datenbank bei OpenAI notwendig, soll das System durch Anonymisierung für eine rechtskonforme Privatsphäre sorgen.

So sollen Fragen wie „Wann war die erste CES in Las Vegas und wieviele Leute besuchten sie?“ ganz natürlich beantwortet werden können. Zumindest hier könnte auch Googles OS punkten. Aber die ChatGPT-Fähigkeiten sind natürlich weit mächtiger. Manche witzeln allerdings, dass dann beispielsweise dann die Stadt Bielefeld in der Navigation nicht mehr gefunden werden könnte*.

“Generative KI hat das Potenzial, die Art und Weise, wie wir mit dem Auto interagieren, durch natürliche Sprache grundlegend zu verändern. Mit der tiefen Automobilkompetenz von Cerence sind wir zusammen gut positioniert, um Automobilhersteller bei der Schaffung hochdifferenzierter Kundenerlebnisse zu unterstützen”, meint beispielsweise Dominik Wee, Corporate Vice President, Manufacturing & Mobility, Microsoft. Mit Microsoft arbeitet Cerence nämlich seit Anfang des Jahres zu diesem Thema enger zusammen. Gut möglich, dass bei VW auch Microsoft mit an Bord ist.

Was hat das alles im Auto zu suchen?

Gute Frage. Eigentlich soll eine solche Funktion verhindern, dass die Benutzer während sie das Auto steuern, zum Smartphone greifen oder in den verschachtelten Menüs des Touchscreens nach Funktionen suchen und unaufmerksam werden. KI-unterstützte Sprachfunktionen dürften auch die Menschen und ihre sprachlichen Eigenheiten besser „verstehen“. 

Ob allerdings eine typische ChatGPT-Unterhaltung, die obendrein auch noch den guten alten Turing-Test in Frage stellen könnte, tatsächlich ein zukünftiger Kaufgrund sein könnte, darf leicht bezweifelt werden, vor allem wenn der Integrator aus Deutschland kommt.

*In Deutschland kursiert ein satirische Vrschwärungstheorie, dass Bielefeld gar nicht existiere, und die Existenz lediglich überzeugend vorgetäuscht werde. Nachzulesen hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Bielefeld-Verschwörung