Virtual Reality bringt auch neue Möglichkeiten im Training von Polizisten. Im Projekt Shotpros werden psychologisch basierte Trainingsszenarien entwickelt, die das Entscheidungs- und Handlungsverhalten unter Stress verbessern. Ziel ist es, in Hochrisiko-Situationen Gewalt und Kollateralschäden zu vermeiden.
Schusswaffenangriffe, Amokläufe, Terroranschläge – neue Bedrohungs- und Risikoszenarien stellen die europäische Polizei vor neue Herausforderungen. Die Zahl der Vorfälle, bei denen Polizeibeamte in bedrohlichen Situationen als Ersthelfer eingesetzt werden, hat massiv zugenommen. Die Ersthelfer stehen vor der Herausforderung, die Situation richtig einzuschätzen und zu entscheiden, wie weiter vorzugehen ist. Von der strategischen Entscheidung hängen der Erfolg der Operation sowie potenzielle Auswirkungen und Folgen ab.
Innovationsfaktor Virtual Reality
Herkömmliche Trainings sind auf Aspekte wie schnelles Laufen und geschickten Waffengebrauch ausgerichtet. In Hochrisiko-Situationen sind jedoch zunächst Stressmanagement und Strategie gefragt. Stress limitiert die Wahrnehmung und damit die Fähigkeit, richtig zu entscheiden und zu handeln. Im Horizon 2020 Forschungsprojekt Shotpros sollen jetzt innovative Stresstrainings-Szenarien geschaffen werden, die real aus Sicherheitsgründen nicht möglich wären – unter Einsatz von Virtual Reality. Im multidisziplinären Team kooperieren dreizehn Projektpartner aus Forschung und Wirtschaft mit führenden Polizeibehörden. Projektkoordinator sind die Wiener Usability Consultants Usecon.
Projektpartner Raôul Oudejans
Unter den Forschungspartnern ist auch das Team vom Center for Technology Experience am Austrian Institute for Technology (AIT). Dessen Aufgabe besteht in der Erforschung von Auslösern und Steuerbarkeit von Stress und Emotionen in virtuellen Realitäten – sowie deren Messbarkeit. AIT-Projektmitarbeiter Sebastian Egger-Lampl erklärt, dass die Trainingsgrundlagen auf psychologischer Forschung zum Thema Entscheidungsfindung und ihre Einflussfaktoren basieren. Projektpartner in diesem Part sind die Experten um Professor Raôul Oudejans von der Fakultät für Verhaltens- und Bewegungswissenschaften, Motorisches Lernen & Performance an der Freien Universität Amsterdam. Sie bringen zusätzlich Expertise im Training zur Entscheidungsverbesserung bei Stress mit.
Korrekte Entscheidungen
Das Training soll zu besseren und korrekteren Entscheidungen aus Perspektiven wie Recht und Ethik führen. Polizisten erhalten die Fähigkeit, in bedrohlichen Situationen den Überblick zu wahren, die Anwendung von Gewalt zu minimieren und Verluste und Kollateralschäden wie Panik und Eskalation zu vermeiden.
„Typischerweise passiert unter Stress sehr oft ein Tunneleffekt, der dazu führt, dass man viele Informationen gar nicht erst wahrnimmt.“ Sebastian Egger-Lampl
Im Fokus des Projekts steht die Entwicklung eines validierten Humanfaktormodells. Darin soll der Einfluss psychologischer menschlicher Faktoren auf kontextspezifische Entscheidungen und Handlungen von Polizisten in hochriskanten Situationen zunächst untersucht werden. Dieses Modell soll den Forschern ein tieferes Verständnis für Entscheidungsprozesse liefern – und die Basis für die Entwicklung des zukünftigen Trainingsprogramms.
Trainingsmaterial
Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wird das Trainingsmaterial erstellt. Dieses besteht aus
- einer Software mit Trainingsszenarien in Virtual Reality;
- einem Trainingsplan, der reales Training und Virtual Reality-Training kombiniert;
- Erfahrungen des Projekts, die als best practice in einem europaweiten Virtual Reality-Trainingsnetzwerk verbreitet werden;
Trainings-Setting
Die Stressoren im Programm sind veränderbar, um verschiedene Settings zu ermöglichen. Das Training erfolgt mit Headsets und unter Aufsicht eines Trainers, der die Virtual Reality steuert und die Trainees begleitet. Die Trainees treten in Zweierteams an – wie dies auch dem realen Einsatz von Streifenpolizisten entspricht.
Trainings-Szenario
Ein mögliches Szenario wäre ein Anruf wegen eines lautstarken Partnerschaftsstreits mit Drohungen in einer Wohnung. Vor Ort zeigt sich die Situation ganz anders: Es sind mehrere Männer in der Wohnung, die mit verschiedenen Gegenständen aufeinander los gehen. Aufgabe der Trainees ist es, die Situation erst bestmöglich einzuschätzen und alle vorhandenen Informationen zu erfassen, um dann die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen. Die Virtual Reality-Umgebung ermöglicht es, die Szenarien auf den Trainee schrittweise zu eskalieren, um sicherzugehen, dass ein gewisses Stresslevel erreicht wird, erklärt Egger-Lampl.
Shotpros wird von der Europäischen Union mit fünf Millionen Euro gefördert. Die Projekt-Laufzeit beträgt fünf Jahre. Durch die Gründung eines europäischen Netzwerks verschiedener Polizei- und Sicherheitsbehörden sollen Austausch und Wissenstransfer im Bereich virtuelle Welten im polizeilichen Umfeld ermöglicht werden. Der langfristige Erfolg des Projekts soll durch die Einbindung von Polizeibehörden und adressierten Nutzern gesichert werden.
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