© Elena-Marie Willner / DietzLab
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Die Coronapandemie und das SARS-CoV-2-Virus sind nur ein Beispiel dafür, dass es gegen Virus-Infektionen in den meisten Fällen kein Gegenmittel gibt. Und auch Impfungen bieten nicht immer einen kompletten Schutz. Im Gegensatz zu Bakterien, gegen die im Allgemeinen Antibiotika zur Therapie eingesetzt werden, ist die Medizin bei Viren in der Regel machtlos. Forscher der Technischen Universität München (TUM), des Helmholtz Zentrums München und der Brandeis University (USA) haben nun eine Methode entwickelt, mit der Virus-Infektionen in Zukunft geheilt werden könnten.

DNA-Origami

Diese “Virenfalle” basiert auf Erkenntnissen des Biologen Donald Caspar und des Biophysikers Aaron Klug, die 1962 herausgefunden haben, nach welchen geometrischen Gesetzmäßigkeiten die Proteinhüllen von Viren aufgebaut sind. Später entwickelte Hendrik Dietz, Professor für Biomolekulare Nanotechnologie am Physik-Department der TU München, mit seinem Team mit Unterstützung von Seth Fraden und Michael Hagan von der Brandeis University in den USA eine Möglichkeit, künstliche Hohlkörper in Virengröße herzustellen.

Einige Monate vor Ausbruch der Coronapandemie, im Sommer 2019, kam das Team auf die Idee der “Virenfalle”. Würde man Nanokapseln aus DNA – dem Material, aus dem unser Erbgut besteht – mit Virus-bindenden Molekülen auskleiden, sollten sie Viren einschließen und somit unschädlich machen können. Natürlich müssten diese Hohlkörper über ausreichend große Öffnungen verfügen, damit die Viren auch ins Innere gelangen können.

“Keines der Objekte, die wir bis dato mit der Technologie des DNA-Origami gebaut hatten, wäre in der Lage gewesen, ein ganzes Virus sicher einschließen zu können – sie waren schlicht zu klein“, sagt Hendrik Dietz rückblickend. “Stabile Hohlkörper von dieser Größe zu bauen, war eine riesige Herausforderung.“

Virusfalle im Baukasten-Prinzip

Das Team entschied sich schließlich ihre “Falle” auf einem Ikosaeder zu basieren, einem Objekt, aus 20 Dreiecksflächen besteht, und baute die Hohlkörper für die Virenfalle aus dreidimensionalen, dreieckigen Platten auf. Die Kanten wurden etwas abgeschrägt, damit sich die DNA-Platten sich zu größeren geometrischen Gebilden zusammensetzen können. Die richtige Wahl und Positionierung von Bindungsstellen auf den Kanten würden dann dafür sorgen, dass die Platten sich von selbst zu den gewünschten Objekten zusammensetzen, erklärt Dietz.

“Auf diese Weise können wir nun Form und Größe der gewünschten Objekte durch die exakte Form der Dreiecksplatten programmieren“, so der Wissenschaftler. “Inzwischen können wir Objekte mit bis zu 180 Untereinheiten erzeugen und erreichen Ausbeuten von bis zu 95 Prozent. Der Weg dahin war allerdings recht steinig, mit vielen Iterationen.“

Blockierung von 80 Prozent

Durch Variationen der Bindungsstellen an den Kanten der Dreiecke können geschlossene Hohlkugeln ebenso produziert werden wie auch Kugeln mit Öffnungen oder Halbschalen, die dann auch als Virenfallen verwendet werden können. Die Forscher haben die Virusfallen gemeinsam mit dem Team von Prof. Ulrike Protzer, Leiterin des Instituts für Virologie der TUM und Direktorin des Instituts für Virologie am Helmholtz-Zentrum München, an Adeno-assoziierten Viren und Hepatitis-B-Virus-Kernen getestet.

“Schon eine einfache Halbschale passender Größe zeigt eine messbare Reduzierung der Aktivität der Viren“, sagt Hendrik Dietz. “Bringen wir auf der Innenseite fünf Bindungsstellen für das Virus an, beispielsweise passende Antikörper, erreichen wir bereits eine Blockierung des Virus von 80 Prozent, bauen wir mehr ein, erreichen wir eine komplette Blockade.“

Um zu verhindern, das Körperflüssigkeiten, die DNA-Partikel gleich wieder abbauen, wurden die fertigen Bausteine mit UV-Licht bestrahlt und außen mit Polyethylenglykol und Oligolysin behandelt. In Mäuseserum blieben die Partikel dann auch über 24 Stunden stabil.

Universelles Bauprinzip

Der nächste Schritt sei nun, die Bausteine an lebenden Mäusen zu testen, sagt Dietz. “Wir sind sehr zuversichtlich, dass dieses Material auch vom menschlichen Körper gut vertragen wird.“ Prof. Ulrike Protzer erklärt, Bakterien hätten einen Stoffwechsel, weshalb man sie sie auf verschiedenen Wegen angreifen könne. “Viren haben dagegen keinen eigenen Stoffwechsel, antivirale Medikamente richten sich daher fast immer gezielt gegen ein bestimmtes Enzym eines einzelnen Virus. Eine solche Entwicklung kostet Zeit. Sollte sich die Idee realisieren lassen, Viren einfach mechanisch zu eliminieren, so wäre das breit anwendbar und damit ein wichtiger Durchbruch insbesondere für neu auftretende Viren.“

Die Herstellungskosten für die Virenfallen sind laut Aussagen der Forscher biotechnologisch in Massenproduktion vertretbar. “Neben der vorgeschlagenen Anwendung als Virusfalle bietet unser programmierbares System auch noch weitere Möglichkeiten“, sagt Hendrik Dietz. „Denkbar wäre es auch als multivalenter Antigenträger für Impfungen, als DNA- oder RNA-Träger für die Gentherapie oder als Transportvehikel für Arzneimittel einzusetzen.“

Titelbild: Auf der Innenseite mit Virus-bindenden Molekülen ausgekleidet, binden Nano-Halbschalen aus DNA-Material Viren an sich und machen sie damit unschädlich. Bild: Elena-Marie Willner / DietzLab

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