Ein gezieltes Krafttraining bedeutet effektives Anti-Aging, heißt es sein Langem, und diese Aussicht lockt reihenweise sogar Sportmuffel in die Fitnessstudios, um beim Gewichte stemmen zu schwitzen, überflüssiges Fett zu verbrennen und den Schwabbelbauch in ein Six-Pack zu verwandeln. Während das zwar alles schön und gut und sicher auch gesund ist, bleibt der ersehnte Anti-Aging-Effekt aber offenbar aus. Wies so oft im Leben machen auch hier die Kombination und Dosis den Unterschied und das Zauberwort heißt Ausdauertraining.
Kardiologen des Universitätsklinikums Leipzig haben in einer Studie untersucht, inwieweit sich Krafttraining und Ausdauertraining unterschiedlich auf zelluläre Alterungsprozesse auswirken. Dabei haben sie gezeigt, dass Ausdauertraining wie Laufen, Radfahren oder Schwimmen, d.h. aerobes Training und hochintensives Intervalltraining, einen viel größeren Effekt auf die zelluläre Alterung hat als reines muskelaufbauendes Krafttraining.
„Wir konnten anhand von Blutzellen belegen, dass beide Ausdauertrainingsarten wichtige Regulatoren der Zellalterung, und zwar die Telomeraseaktivität und die Telomerlänge, günstig beeinflussten”, erklärt Prof. Ulrich Laufs, Leiter der Studie und Direktor der Klinik für Kardiologie am Universitätsklinikum Leipzig. „Bei Krafttraining hingegen war dies nicht der Fall.”
Beide Faktoren, sowohl die Telomeraseaktivität als auch die Telomerlänge gelten als wichtige Indikatoren für den Alterungsprozess der Zellen und deren Regenerationsfähigkeit. Wenn wir älter werden, verkürzen sich die Telomere im Laufe der Zeit auf eine kritische Telomerlänge bis hin zum Zelltod.
In der ersten Studie zu diesem Thema über 26 Wochen wurden 266 körperlich inaktive Nichtraucher ohne medikamentös behandelte kardiovaskuläre Risikofaktoren oder bekannte Herz-Kreislauf-Erkrankungen, im Alter zwischen 30 und 60 Jahren untersucht und in vier Gruppen randomisiert.
Positive Auswirkungen der körperlichen Aktivität
Die eine Gruppe absolvierte ein genau dosiertes, kontrolliertes und überwachtes Training über sechs Monate, jeweils drei mal 45 Minuten pro Woche belastet bis 60% der Frequenzreserve. Die zweite Gruppe absolvierte ein ein ebenfalls auf Ausdauer angelegtes Intervalltraining nach der 4×4-Methode oder Norweger-Methode. Dabei wird viermal vier Minuten intensiv belastet, unterbrochen von Erholungspausen. Die dritte Gruppe absolvierte dreimal pro Woche ein Zirkeltraining an acht typischen Fitnessstudiomaschinen, wobei die alle sechs Wochen adjustierten Gewichte so gewählt wurden, dass pro Gerät zwanzig Wiederholungen gelangen.
Eine vierte Gruppe blieb inaktiv und trainierte gar nicht.
Vor und nach der Studie erfolgten Belastungstests und Blutentnahmen zur Isolation von Zellen aus dem Blut. Dabei verglichen die Wissenschaftler die langfristigen Auswirkungen der drei Trainingsmodi – AET, High-Intensity IT und RT – mit der inaktiven Kontrollgruppe und konnten positive Auswirkungen der körperlichen Aktivität auf die zelluläre Regeneration und das Altern beobachten.
Die Zunahme der Sauerstoffkapazität zeigte, dass in allen drei Trainingsgruppen ein ähnlicher Effekt erreicht wurde und auch die maximale Laufgeschwindigkeit stieg in allen drei Interventionsgruppen, während die Herzfrequenz in allen drei Interventionsgruppen fiel.
Weiterhin konnten die Wissenschaftler beweisen, dass beispielsweise ein langfristiges Ausdauertraining bei Ausdauersportlern im jungen und mittleren Alter im Vergleich zu inaktiven Kontrollen zu einer höheren Telomeraseaktivität und einer reduzierten Telomerabnutzung führt. „Zwillinge mit einem höheren Maß an körperlicher Aktivität weisen im mittleren Alter längere Telomere auf als inaktive Geschwister“, heißt es in der Studie. Das bedeutet, dass mäßige körperliche Aktivität die Telomerverkürzung reduzieren kann. Das weist wiederum auf eine wichtige zelluläre Anpassung hin, die auch altersbedingte Krankheiten verhindern kann.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass durch gezieltes Training ein eindeutiger positiver Vorsorge-Effekt erzielt werden kann”, so Laufs. Gerade die kardiovaskuläre Zellalterung könne günstig beeinflusst werden, zudem könnte auf der Basis telomer-abhängiger Parameter die zelluläre Antwort auf ein Training gemessen und gesteuert werden. Laufs: „Unseren Patienten können wir also künftig auf der Basis dieser Ergebnisse mit Blick auf die Herzgesundheit klar raten: Krafttraining kann eine Ergänzung zum Ausdauertraining sein, aber kein Ersatz.”
Inaktivität nach vorhergehendem Training
Abschließend lässt sich sagen, dass körperliches Training die Gesundheit in vielen Aspekten verbessern kann. Dazu gehören Trainingskapazität, Endothelfunktion, Insulinsensitivität, vegetative Funktion und Blutdruck sowie eine Reduzierung von Bauchfett, Fettstoffwechsel, unerwünschten psychosozialen und entzündlichen Parametern. „Ausdauer- und Widerstandstraining (RT) allein oder in Kombination werden zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen empfohlen.“
Um die Befunde dieser ersten Studie zu untermauern und zu sehen, wie dauerhaft die Effekte auf die Telomere sind, seien weitere Studien mit größeren Probandengruppen nötig, betonen die Wissenschaftler. Laufs und seine Kollegen konnten bereits vor neun Jahren zeigen, dass jahrelanges Training die Verkürzung der Telomere sowohl in Mäusen als auch in Menschen verringert. „Was wir noch nicht wissen ist, welchen Effekt eine Inaktivität nach vorhergehendem Training hat. Das würde eine eigene Studie erfordern“, erklärt Laufs gegenüber der Ärztezeitung.
Fotos: Pixabay
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