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INNSBRUCK, 1. Dezember 2018 – Der Mathematiker Markus Haltmeier arbeitet seit 2003 an einem neuen bildgebenden Verfahren in der Medizin. Er möchte mit bildhaftem Schall (Photo-Akustik) die Verfahren in der Computer-Tomographie erweitern.

Mit Computer-Tomographen können Strukturen, die Röntgenstrahlen absorbieren, gut gemessen werden. Dies trifft zum Beispiel bei Knochen zu. Schwächen haben diese Verfahren bei weichem Gewebe, weshalb man Kontrastmittel verwendet, erklärt Dr. Haltmeier. Er leitet an der Universität Innsbruck am Institut für Mathematik die Abteilung Applied Mathematics und forscht seit 2003 an einem alternativen bildgebenden Verfahren für
weiche Gewebe.

Bildhaften Schall mit Compressed Sensing verbinden

Wie Haltmeier erklärt, handle es sich um eine Ergänzung zu bestehenden Verfahren. Er möchte Compressed Sensing-Methoden auf den bildhaften Schall anwenden. Der Vorteil liegt in der gleich guten Bildqualität, bei geringeren Gerätekosten, so der Wissenschafter. Er ist in dem Forschungsfeld nicht allein. Haltmeier: „An der Photo-Akustik und an Compressed Sensing arbeiten viele Wissenschafter. An deren Kombination nur wenige. Außer uns arbeitet eine Gruppe in London an dem Problem.“

Lichtenergie in akustische Energie umwandeln

Im bildhaften Schall wird Lichtenergie in akustische Energie umgewandelt. Der Mathematiker vergleicht die Methode mit Blitz und Donner. Bei einem Gewitter wird die Luft im Blitzkanal rapide auf bis zu 30.000 Grad Celsius erhitzt und dehnt sich dabei aus. Wenn das Magnetfeld zusammenbricht, das den Blitzkanal umgibt, entweicht diese
Luft schlagartig – in Form von Donner.

Akustische Wellen werden von Sensoren empfangen

In der photo-akustischen Tomographie wird dieser Effekt mit Laserpulsen erzeugt. Weiches Gewebe wird mit Laserpulsen im Nanosekundenbereich beleuchtet, dieses absorbiert das Licht, erwärmt sich und dehnt sich aus.
In dieser thermischen Expansion werden akustische Wellen erzeugt, die von Sensoren empfangen werden. Die daraus resultierenden Messdaten werden mathematisch in Diagnosebilder umgewandelt. So soll von einem
beobachteten Ergebnis auf die Ursache geschlossen werden.

Weiche Gewebe sind lichtabsorbierend

Weiche Gewebe sind lichtabsorbierende Strukturen und diese können mithilfe der photo-akustischen Tomographie gut dargestellt werden. „In dieser Funktion ist der bildhafte Schall besonders gut zur Bildgebung von
Blutgefäßen – und damit Tumoren, Melanomen und ähnlichem – geeignet“, erklärt der Mathematiker.

Im Fokus seiner Arbeit steht die Berechnung der möglichst detaillierten Bilder und das Finden der passenden Algorithmen. Für die konkrete Umsetzung im Labor kooperiert Haltmeier mit den Mechatronikern im
Research Center Non Destructive Testing (RECENDT) in Linz und den Physikern der Abteilung Magnetometrie
und Photonik an der Universität Graz.

Eine einfache und kostengünstige Lösung finden

Die Anwendung von Compressed Sensing-Methoden auf Photo-Akustik ist schon die dritte Annäherung an das Forschungsziel. Zuvor nahm das Forscherteam punktuelle Messungen mit vielen kleinen Sensoren und
Flächenmessungen mit einem großen Sensor vor. Wegen hoher Kosten und Komplexität wurden beide Ansätze verworfen. Compressed Sensing (dt.: komprimierte Erfassung) ist ein Verfahren zur Erfassung und Rekonstruktion von dünnbesetzten Signalen oder Informationsquellen, welche sich aufgrund ihrer Redundanz ohne
wesentlichen Informationsverlust komprimieren lassen.

Zufällige Kombinationen einzelner Druckwerte messen

Compressed Sensing ermöglicht es, spezielle zufällige Kombinationen der einzelnen Druckwerte zu messen, so Haltmeier. Dadurch müssen nicht alle Sensoren eigens verkabelt und ausgelesen werden. Es handelt sich um
Liniensensoren, die auf zufällige Weise verbunden werden. Eine Messung bedeutet den Auslesevorgang einer zufälligen Kombination vieler hypothetischer Messungen. Aus diesen wird anschließend das Bild
rekonstruiert.

In einem bis 2021 laufenden Projekts des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) will Haltmeier neuartige Rekonstruktions-Algorithmen entwickeln, die auf einem soliden mathematischen Fundament basieren und in der Praxis realisierbar und effizient numerisch umsetzbar sind.

 

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