Hawa Dawa bedeutet auf Arabisch so viel wie Luftreinheit und genau das ist das Thema, mit dem sich das Münchner Start-up Hawa Dawa beschäftigt. Das Unternehmen hat ein KI-basiertes System für saubere Luft in Städten entwickelt, in dem es alle Quellen für Luftqualitätsdaten – Satellitendaten, Wetter- und Geodaten – mit einem eigenen Sensornetzwerk für zeitlich und räumlich hochauflösende Karten der Luftqualität integriert.
Dazu werden kleine Messboxen an Lichtmasten oder an Gebäuden installiert, die die Rohdaten liefern. Mit Hilfe modernster IoT-Technologie landen diese Daten dann auf der Cloud und werden „von einer zentralen künstlichen Intelligenz um die Witterungsbedingungen, den Sensor-Drift und andere Störfaktoren korrigiert“, wie das Unternehmen auf seiner Website schreibt. Außerdem kombiniert die Software die Daten mit andern Datenquellen wie Verkehr, Wetter und Satelliten-Daten, um flächendeckende Modelle in nahezu Echtzeit zu generieren.
Am 1. Oktober wurden die Erfinder im Rahmen des Gründerfestivals Bits & Pretzels auf dem Münchner Oktoberfest mit dem Munich Startup Award 2019 ausgezeichnet.
Am 1. Oktober wurden die Erfinder im Rahmen des Gründerfestivals Bits & Pretzels auf dem Münchner Oktoberfest mit dem Munich Startup Award 2019 ausgezeichnet.
Innovation Origins sprach mit CEO und Mitbegründer Karim Tarraf über sein Unternehmen und seine Vision für Hawa Dawa.
Wie kamen Sie auf die Idee zur Gründung des Start-ups?
Ob im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und der nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung, es gab und gibt schon immer den Willen, etwas in der Welt zu ändern und mit dem eigenen Job positives zu bewirken. Leider fehlt aber in sehr vielen Bereichen die Substanz und die Wirkung im Alltag der Menschen. Das hat sich bei mir stark verdeutlicht, als trotz wirtschaftlicher Hilfen in Milliardenhöhe an Ägypten das Land in nur 18 Tagen kurz vor dem Abgrund stand. Nur indem man das eigene Schicksal in die Hand nimmt und sich auf unberührtes Terrain im Bereich Technologie und Geschäftsmodelle begibt, hat man die eine Chance, die Welt nachhaltig zu verändern. Es ist natürlich keineswegs ein Rezept und keine Garantie für den Erfolg. Wir haben Hawa Dawa gegründet mit der Überzeugung, dass wir mit dem richtigen Team, mit der richtigen Technologie und dem richtigen Ansatz zur richtigen Zeit kommen.
Was macht Hawa Dawa, bzw. Ihr Produkt, im Vergleich zu Ihrer Konkurrenz besonders und welche Probleme löst es?
In nur zwei Jahren konnten wir die Zahl der Städte und Kommunen, mit denen wir direkt kooperieren, auf 19 erhöhen. Wir haben einer der umfassendsten Technologien zur Erfassung und Analyse von Umweltdaten aus eigener Hand entwickelt – also eine komplette eigene Architektur, die speziell auf diesen Anwendungsfall spezialisiert ist. Wir wollen das Potential und die Weite unseres Unternehmens in den nächsten Monaten an drei repräsentativen Projekten demonstrieren, während wir auch international das wachsende Interesse bedienen.
Was war die größte Hürde, die Sie überwinden mussten?
Sich den eigenen Weg zu schaffen und den eigenen Markt aufzubauen, bedeutet Pionierarbeit zu leisten. So ein Weg ist an sich voller Hürden, die man sukzessiv und strukturiert angehen muss. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass man losläuft, ohne alle Frage zufriedenstellen beantwortet zu haben. Dieser Ansatz ist m.E. in Deutschland und allgemein in Europa schwierig. Alle Boxen müssen vorher getickt sein, bevor man losläuft. Dabei wird öfters Gründlichkeit mit fehlendem Mut verwechselt. Deshalb schätzen wir die Menschen sehr, die fernab des „Tech-Szenen“-Glamours „machen“ anstatt bunte Folien zu zeigen.
Vor allem hiesige Investoren sind noch in den alten Modellen stecken geblieben. Der Wille, die Welt und wie sie sein wird (und sein soll) mitzugestalten, wird zu oft den Pionieren aus Silicon Valley oder aus China überlassen. Dabei zählt Pioniergeist neben Gründlichkeit zu den deutschen Tugenden.“ Wir sind in einem neuen Markt als Pioniere unterwegs.
Was motiviert Sie, jeden Morgen zur Arbeit zu gehen?
Für Hawa Dawa zu arbeiten, bedeutet nicht nur einen Beitrag zu einer besseren Umwelt zu leisten, sondern ermöglicht auch den offenen und angeregten Austausch in einem multikulturellen und interdisziplinären Arbeitsumfeld. Alleine in dem wir unsere Arbeit tun, merken wir, dass wir den einen oder anderen Verwaltungsmitarbeiter von Städten und Konzernchef mitziehen und begeistern können.
Gab es einen Moment, an dem Sie aufgeben wollten?
Natürlich. Das gehört zur Reise dazu. Dass man sich gegen das Aufgeben bewusst entscheidet und weitermacht. Diese Validierung ist wichtig.
Und umgekehrt: Was hat Sie besonders stolz gemacht?
Das Team, das es geschafft hat, ein äußerst komplexes Produkt und eine Vision für zukunftsfähige Städte umzusetzen.
Was können wir in den kommenden Jahren von Hawa Dawa erwarten?
Die Eindämmung des Klimawandels, kurzlebiger Klimaschadstoffe, die Förderung nachhaltiger Mobilität und der gesunden Lebensumwelt, all das gewann und gewinnt zunehmend Aufmerksamkeit und Fokus. Von den 500 größten Unternehmen der Welt haben 215 detaillierte Berichte über Klimarisiken und -chancen vorgelegt, und ihre Selbstreflexionen sind ein erstaunlicher Blick auf den sich verändernden Charakter des globalen Geschäfts. Die Unternehmen schätzen, dass Vermögenswerte im Wert von 970 Milliarden Dollar aufgrund des Klimawandels gefährdet sind – ein großer Teil davon bereits innerhalb der nächsten fünf Jahre. Somit ist das Potential für die Lösung dieses Problems mit intelligenten Technologien, wie die von Hawa Dawa, immens.
Was ist Ihre Vision für Hawa Dawa?
Verlässliche Information zur Luftverschmutzung war bislang ein Wissen, dass Expertengremien vorbehalten war. Die Vision von Hawa Dawa ist es, durch intelligente Technologien relevante Daten zur Luftverschmutzung als Standard in die Entscheidungsprozesse im öffentlichen als auch privaten Sektor einfließen zu lassen. Wenn Luftdaten in Entscheidungen der Verkehrs- und Logistiksteuerung, der Immobilienwahl, der Stadtplanung und des Gesundheitsmanagements einfließt, haben wir das Potential, Städte – wie sie heute existieren – grundlegend zu verändern.
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