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Wäre es nicht praktisch, wenn man den genauen Zustand von Gebäuden ganz einfach von außen anhand von Bildern beurteilen könnte? Wenn Risse im Mauerwerk, Schimmel oder Schädlingsbefall ohne genaue, physische Untersuchungen sichtbar wären? Das von der Fachhochschule St. Pölten koordinierte Forschungsprojekt “Dataskop” macht genau das möglich. Es macht unsichtbare Sensordaten der Umwelt mittels Augmented Reality für Menschen sichtbar.

Diese mobilen, ins Umfeld eingebettete Datenvisualisierungsmethoden verbinden die physische Umwelt mit abstrakten Datendarstellungen und könnten in Zukunft nicht nur beim Schutz historischer Gebäude eine wichtige Rolle spielen. Auch auf Gebieten wie dem Katastrophenschutz, der Landwirtschaft, im Weinbau, bei der Trinkwasserversorgung oder im Winterdienst könnte “Dataskop” eine entscheidende Rolle spielen. Aktuell geht es den Wissenschaftlern aber in erster Linie darum, historische Gebäude zu bewahren oder zum Beispiel den Zustand von Gebäuden nach Erdbeben zu beurteilen.

Herausforderung Datenschutz

“Dataskop” soll Daten sichtbar machen, die mit dem bloßen Auge nicht zu sehen sind. Ähnlich wie beim Blick durch ein Mikroskop, das winzig kleine Dinge sichtbar macht, oder bei einem Teleskop, das Dinge zeigt, die für das Auge zu weit weg sind. Dazu werden über Sensoren ortsbezogene Umweltdaten erfasst und dargestellt. Zurzeit sammeln die Forscher Ideen, wie sie Sensoren und Sensordatenvisualisierung an historischen Stätten und Objekte einsetzen könnten, um die Orte besser überwachen und erhalten zu können. Sensoren könnten beispielsweise verschiedene Daten wie Feuchtigkeit, Risse in Mauern, Erschütterungen, Vibrationen und Glasbruch erfassen.

“Zu den Herausforderungen dabei zählen Sicherheit und Datenschutz, ein Mangel an gemeinsamen Werkzeugen und Begrifflichkeiten auf dem Gebiet der Datenvisulisierung und dem Schutz des kulturellen Erbes sowie die Identifizierung der Verantwortlichen für derartige Stätten und Objekte“, sagt Wolfgang Aigner, der das Projekt koordiniert und an der FH St. Pölten das Institut für Creative\Media/Technologies leitet.

Bebensicherer Wiederaufbau historischer Gebäude

Konkret sehen die Forscher die von der Universität für Weiterbildung Krems geleitete interdisziplinäre “Schule des Wiederaufbaus“ im italienischen Accumoli als Einsatzgebiet. Die Region in Mittelitalien wurde in den Jahren 2016 und 2017 von einer Serie von Erdbeben erschüttert, in denen ganze Städte zerstört wurden. Verschiedene Universitäten und Forschungsinstitutionen beschäftigen sich seitdem in ihren Lehr- und Forschungstätigkeiten damit, wie die Städte wiederaufgebaut werden könnten. Dabei sollen sowohl die historischen Gebäude bebensicher werden, als auch die ökonomischen, sozialen, kulturellen und religiösen Strukturen nachhaltig wiederbelebt werden.

“In Accumoli haben wir ideale Testbedingungen für die im Projekt entwickelten Sensoren, LP-WAN-Kommunikationstechnologie und die Sensordatenvisualisierung”, sagt Albert Treytl, Leiter des Zentrums für Verteilte Systeme und Sensornetzwerke der Universität für Weiterbildung Krems. “Wir erwarten hier wesentliche Erkenntnisse zur Praxistauglichkeit und Verbesserung der Überwachung und Erhaltung der Kulturgüter und Gebäude durch Digitalisierung.”

“Neue Techniken für die Visualisierung ortsbezogener Umweltdaten”

Die in Projektworkshops gesammelten Ideen, möglichen Anwendungen und identifizierten Herausforderungen würden in einem nächsten Schritt für das Design nützlicher technischer Demos zur Unterstützung von Experten auf dem Gebiet verwendet, erklären die Forscher. Später wollen sie “neue Techniken für die Visualisierung ortsbezogener Umweltdaten entwickeln und bewerten”.

Außerdem hat das Projektteam Desinfektionsmittelspender in den Gebäuden der Universität für Weiterbildung Krems installiert, bei denen der Batteriestand und der Stand von Desinfektionsmittel in den Spendern mittels einer Sensorik gemessen wird. Ein weiterer Anwendungsfall ist ein Testbed für IT-Sicherheit zur Erprobung von Sicherheitsschwachstellen eines LoRaWAN-Netzwerks an der FH St. Pölten.

Das Projekt, bei dem die FH St. Pölten mit der IMC Fachhochschule Krems, der FOTEC Forschungs- und Technologietransfer GmbH in Wiener Neustadt und dem ebenfalls in Wiener Neustadt ansässigen Department für Integrierte Sensorsysteme der Universität für Weiterbildung Krems kooperiert, wird vom Land Niederösterreich im Rahmen der Forschungs-, Technologie- und Innovationsstrategie (FTI-Strategie) gefördert.

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