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Hoffnung für Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Die Forschung und Entwicklung von Assistenzsystemen für die unteren Extremitäten kommt mit neuen Ansätzen voran. Beinprothesen, -orthesen und Exoskelette können helfen, die körperliche Mobilität zu erhalten, wiederherzustellen oder zu verbessern. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat jetzt das neue Graduiertenkolleg „LokoAssist – Nahtlose Integration von Assistenzsystemen für die natürliche Fortbewegung des Menschen“ an der TU Darmstadt bewilligt. Beteiligt sind die Universität Heidelberg und das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim. Das Kolleg wird ab 2022 für viereinhalb Jahre mit voraussichtlich rund 6 Millionen Euro gefördert, so TU Darmstadt in einer Pressemeldung.

Studien zufolge werden in Deutschland jährlich mehrere zehntausend Beinamputationen vorgenommen, größtenteils verursacht durch Gefäßkrankheiten. Noch häufiger führen Alter oder Krankheit zu Einschränkungen der natürlichen Bewegungsfähigkeiten der Beine. Je nach Ausmaß ist dies mit erheblichen psychischen, emotionalen und sozialen Belastungen sowie individuellen Benachteiligungen verbunden.

Fokus auf aktive Bewegungsassistenzsysteme

Das nun von der DFG bewilligte Graduiertenkolleg „LokoAssist“ will bislang ungenutzte Potentiale von Assistenzsystemen ausschöpfen und führt dazu Disziplinen wie Humanwissenschaften, Informatik, Ingenieurwissenschaften und Medizin zusammen. Die Forschenden fokussieren sich auf „aktive Bewegungsassistenzsysteme“, die im Vergleich zu konventionellen passiven oder semi-aktiven Beinprothesen bzw. -orthesen individuell und situationsabhängig einen Bewegungsablauf erfassen und ihn durch das Einbringen von Kräften und Momenten unterstützen. Betroffene dürften es als im Alltag als erleichternd erleben, wenn solche Systeme unterschiedliche Bewegungsabsichten selbstständig erkennen und daraus ein intuitiv vorhersagbares motorisches Verhalten erzeugen. Nur: „Diese Vision ist bis heute trotz großer technologischer Fortschritte noch nicht realisiert“, erläutert GRK-Sprecher Professor André Seyfarth. Die Vorteile sind noch nicht erreicht: erweiterte Bewegungsfunktionalität, geringerer Energieaufwand, bessere individuelle Anpassungsfähigkeit, höherer Bewegungskomfort.

Betroffene auf gleicher Augenhöhe mit Forschenden

Um dem näher zu kommen, folgt die Forschung im Graduiertenkolleg zwei Leitlinien: Zum einen werden Beinorthesen und -prothesen nicht nur als Bewegungen unterstützende, sondern als Bewegungen analysierende Systeme konzipiert. Zum anderen bewerten nicht nur die Expertinnen und Experten der beteiligten Disziplinen, sondern auch die Nutzenden selbst „auf gleicher Augenhöhe“ von Anfang an die Forschungs- und Entwicklungsansätze und -ergebnisse.

Durch diese systematische Einbeziehung der individuellen Bedürfnisse und Erfahrungen der Nutzenden sollen die neuen technologischen Möglichkeiten von Menschen mit Bewegungseinschränkungen sehr viel besser angenommen werden. „Diesen neuen, kontinuierlichen und systematischen Dialog zwischen Menschen mit funktionalen Einschränkungen und den Expertinnen und Experten aus den beteiligten Disziplinen wollen wir etablieren“, so Seyfarth. Wichtig bei der Auslegung von Assistenzsystemen sei daher auch, psychologische Aspekte, etwa individuelles Wahrnehmen des eigenen Erscheinungs- bzw. Körperbildes, zu berücksichtigen.

Das Graduiertenkolleg baut auf bereits vorhandene Laborinfrastruktur mit unterschiedlichen Demonstratoren neuer aktiver Orthesen und Prothesen für experimentelle und theoretische Forschungsarbeiten auf. GRK-Sprecher Seyfarth: „Unser Ansatz ist es, eine neue Generation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auszubilden, die stark interdisziplinär die subjektive Nutzendenperspektive gleichermaßen wie objektive motorische und technologische Anforderungen berücksichtigt, wenn es darum geht, die neuen technologischen Chancen zu nutzen und Assistenzsysteme zu entwickeln, die sich nahtlos in das Erleben des Bewegungsalltags einfügen.“

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