Hauhechel-Bläuling (Polyommatus icarus). (Bild: Jan Christian Habel / TUM) Hauhechel-Bläuling (Polyommatus Icarus) (c) Jan Christian Habel / TUM
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Die industrialisierte konventionelle Landwirtschaft wirkt sich negativ auf die Vielfalt der Tagfalter aus. Umweltverträglichere Anbaumethoden sind dringend gefordert.

Die Artenvielfalt wirkt sich auf die Nährstoffkreisläufe im Boden aus (Quelle: TUM) und zwei Drittel der wichtigsten landwirtschaftlich genutzten Pflanzen werden von Insekten bestäubt (Quelle: Global 2000). Die Bedeutung der Insekten für die Versorgungssicherheit der Menschen ist unbestritten. Umso bedenklicher ist es, dass die Zahl der derzeit 33.500 in Deutschland heimischen Insektenarten stetig abnimmt.

Indikator für Biodiversität

Schmetterlinge reagieren besonders sensibel auf Veränderungen ihres Lebensraums und eignen sich als Indikator in einem Biodiversitäts-Monitoring. Dabei zeigt sich, dass von den zuletzt gezählten einhundertneunundachtzig vorkommenden Tagfalterarten fünf Arten bereits ausgestorben sind, zwölf vom Aussterben bedroht sind und neunundneunzig auf der Roten Liste stehen.

Ursachen des Tagfaltersterbens

Ein Team um Professor Jan Christian Habel vom Lehrstuhl für Terrestrische Ökologie der TU München und Professor Thomas Schmitt, Direktor des Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut im brandenburgischen Müncheberg beschäftigte sich mit den Ursachen des Tagfaltersterbens. Im Fokus stand die Landwirtschaft, die durch Spritzmittel einen direkten Einfluss auf die Fauna nimmt.

In die Studie gingen einundzwanzig Wiesenflächen östlich von München ein. Siebzehn dieser Areale liegen inmitten von landwirtschaftlich genutzten Flächen, vier in den naturnah bewirtschafteten Naturschutzgebieten Dietersheimer Brenne und Garchinger Heide.

Klarer Trend

Die Analyse zeigte, dass es auf Wiesen mit angrenzender Intensivlandwirtschaft nicht einmal halb so viele Tagfalter-Arten wie auf Wiesen in naturnah bewirtschafteten Wiesen in Naturschutzgebieten gibt. Die Zahl der Individuen sinkt sogar auf ein Drittel ab.

„Unsere Ergebnisse zeigen einen klaren Trend: In der Nähe von intensiv bewirtschafteten, regelmäßig gespritzten Feldern ist die Vielfalt von Tagfaltern und ihre Anzahl deutlich geringer, als auf Wiesen in der Nähe von wenig bis ungenutzten Flächen.“ Jan Christian Habel, Erstautor der Studie;

 

Nicht anpassungsfähige Tagfalter leiden besonders

Auf allen Flächen zählten die Insektenforscher insgesamt vierundzwanzig Tagfalterarten und achthundertvierundsechzig Individuen. Auf den Wiesen innerhalb der landwirtschaftlich genutzten Felder wurden im Schnitt zwei komma sieben Tagfalter-Arten pro Besuch beobachtet. In den vier Untersuchungsgebieten innerhalb der beiden geschützten Gebiete waren es durchschnittlich sechs komma sechs Arten, erläutert Professor Werner Ulrich von der Copernicus-Universität im polnischen Thorn.

Besonders dramatisch zeigte sich der Rückgang bei den nicht anpassungsfähigen Tagfaltern, die auf die naturnahen Wiesen angewiesen sind. Anpassungsfähigere Arten fanden die Forscher auch auf landwirtschaftlich genutzten Wiesen.

“Weitere Untersuchungen vor Ort können dabei helfen, einzelne für das Insektensterben verantwortliche Faktoren zu identifizieren und entsprechend entgegenzuwirken“, erklärt Schmitt. Aber die negativen Auswirkungen der industrialisierten konventionellen Landwirtschaft auf die Vielfalt sind mit dieser Studie bewiesen und der Wissenschafter fordert dringend umweltverträglichere Anbaumethoden.

Hier finden Sie den Link zur Publikation: J.C. Habel, W. Ulrich, N. Biburger, S. Seibold, and T. Schmitt: Agricultural intensification drives butterfly decline. Insect Conserv Divers, Feb. 7, 2019

 

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