Das Ergebnis einer Blutprobe zu bekommen, erfordert noch immer etwas Geduld. Erst heißt es, vor dem Frühstück beim Arzt sein und gegebenenfalls noch eine Weile warten. Nach der Blutabnahme wird die Probe ins Labor geschickt und frühestes am nächsten Tag kann man das Ergebnis herausfinden. Dabei könnte das alles viel schneller gehen. Ganz ohne aufwändige Laboruntersuchungen, denn alleine die mechanischen Eigenschaften von Zellen können verraten, an welchen Krankheiten man leidet.
Forscher Max-Planck-Zentrums für Physik und Medizin (MPZPM) in Erlangen und Mediziner des Uni-Klinikums Erlangen der FAU haben sich dies in ihrem Projekt RAPID Diagnostics nun zunutze gemacht. Geht es nach ihnen, soll bald schon jede Arztpraxis Blutproben durch KI-gestützte Verfahren schnell und zuverlässig analysieren können. Das Verschicken der Proben an Labore wird somit überflüssig.
Schneller und kostengünstiger
Jeder Patient kennt das. Man hat ein gesundheitliches Problem, geht zum Arzt, beschreibt seine Beschwerden – und das (Unter)suchen geht los. In den meisten Fällen reichen Fiebermessen und ein EKG aber nicht aus, um eine Diagnose stellen zu können. Ein genaues Blutbild ist da schon weit aussagekräftiger. Also wird But abgenommen und diese Probe im Labor analysiert. Das ist aber sowohl zeitaufwändig und kostspielig. Das neue Verfahren RAPID ist da nicht nur schneller, sondern auch kostengünstiger, und dabei ebenso zuverlässig.
RAPID steht hier jedoch nicht für “schnell”, sondern ist die Abkürzung für “real-time analysis of physical phenotype in deformational flow”, also “Echtzeitanalyse des physikalischen Phänotyps in deformierender Strömung“. Die Basis dieser Methode ist eine Technik, bei der eine Blutprobe durch einen transparenten Kanal von weniger als dem Durchmesser eines Haares geschickt wird. Dabei erfasst eine Highspeed-Kamera mit etwa 2.000 bis 4.000 Fotos pro Sekunde wie die Zellen verformt werden. Eine künstliche Intelligenz (KI) sucht dann in diesen Bildern nach Merkmalen, die Anzeichen für bestimmte Krankheiten sind – und liefert einen spezifischen Diagnosevorschlag. Ein weiterer Vorteil dieser Methode gegenüber den üblichen mikroskopischen Untersuchungen ist, dass die Zellen dabei nicht aufwändig gefärbt werden müssen.
Praxiseinsatz im klinischen Betrieb
Als nächstes wollen die Wissenschaftler und Mediziner unter der Leitung von Dr. Markéta Kubánková die RAPID-Technik in den kommenden zwei Jahren zur praktischen Anwendung im klinischen Betrieb bringen. Neben den herkömmlichen Diagnoseverfahren wollen sie gemeinsam mit dem Leiter des Labors der Kinder- und Jugendklinik, Professor Manfred Rauh, und dem stellvertretenden Direktor der Kinder- und Jugendklinik Professor Markus Metzler, Patientenproben mithilfe der RAPID-Methode untersuchen, um so eine umfangreiche Datenbank aufbauen zu können. Nach Ende der Projektlaufzeit ist die Gründung eines Start-ups geplant. Dadurch soll das neuartige Diagnosewerkzeug schon bald zum klinischen Standardverfahren werden.
Die erste prestigeträchtige Belohnung gab es für die interdisziplinäre Gruppe rund um Professor Jochen Guck, einen der führenden Köpfe des MPZPM sowie Direktor am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts bereits: Sie hat den begehrten, mit 250.000 Euro dotierten Medical Valley Award, verliehen bekommen. Die Mittel, damit die innovative Technik zur Marktreife gebracht werden kann, stellt das Bayerische Wirtschaftsministerium bereit.
Titelbild: Mikroskop-Aufnahmen verschiedener Zellen, die mit dem RAPID-Verfahren erstellt wurden. (Bild: Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts)
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