Im rund 1.400 Lichtjahre von der Erde entfernten Planetarischen Nebel ESO 577-24 liegt, bildlich gesprochen, gerade ein Stern in seinen letzten Atemzügen und sorgt für faszinierende Bilder, die das Very Large Telescope (VLT) der ESO im Rahmen des Cosmic Gems-Programm der Europäischen Südsternwarte erfasst hat. Das VLT hat diese Hülle aus glühendem ionisiertem Gas im Bild festgehalten und somit den letzten Atemzug des sterbenden Sterns, dessen köchelnde Überreste im Zentrum dieses Bildes zu sehen sind. Im Laufe der Zeit wird die Gashülle des planetarischen Nebels völlig verblassen, wenn sie sich ausdehnt und verdunkelt. Diese letzten Atemzüge dauern astronomisch gesehen nur einen „flüchtigen Moment“ – rund 10.000 Jahre.
„Die 10.000 Jahre beziehen sich auf die Dauer der Sichtbarkeit des Nebels. Das Leuchten wird durch die Wechselwirkung mit der energiereichen Strahlung des Reststerns ausgelöst – ähnlich wie in Leuchtstoffröhren“, erklärt Dr. Markus Nielbock vom Haus der Astronomie in Heidelberg. „Da der Stern jedoch allmählich auskühlt, wird sich auch die Verteilung der Energien im Lichtspektrum langsam ändern. Das Vermögen, das Gas zum Leuchten anzuregen, wird dadurch vermindert. Irgendwann hört dieser Prozess völlig auf. Dann ist das Gas zwar noch da, leuchtet aber nicht mehr. Dieser Prozess dauert in etwa 10.000 Jahre.“
Der im Titelbild zu sehende Planetarische Nebel ist der Überrest eines toten Riesensterns. Der hat bereits seine äußeren Schichten abgeworfen und lässt einen kleinen, extrem heißen Zwergstern zurück, der sich im Laufe der Zeit allmählich abkühlen und verblassen wird. Seine übrige Zeit wird er als „bloßer Geist eines einst mächtigen roten Riesensterns“ verbringen.
Ein Roter Riese ist ein Stern am Ende seines Lebens. Er hat all seinen Wasserstoff, der seinen Kern mit Brennstoff versorgt, verbraucht, und beginnt, sich unter dem erdrückenden Griff der Schwerkraft zu zusammenziehen. Während der Rote Riese schrumpft, entzündet der extreme Druck den Kern des Sterns erneut, woraufhin er seine äußeren Schichten als starken Sternwind All schleudert. Der glühende Kern des sterbenden Sterns strahlt ultraviolett. Diese Strahlung ist intensiv genug, um die ausgeworfenen Schichten zu ionisieren und zum Leuchten zu bringen. Das Ergebnis ist das, was wir als Planetarischen Nebel sehen – ein letztes, flüchtiges Zeugnis eines alten Sterns am Ende seines Lebens.
Neue Sterne aus altem Material
Im Gegensatz zu Winden neugeborener Sterne haben die Sternwinde sterbender Sterne keinen unmittelbaren, entscheidenden Einfluss auf die Geburt neuer Sterne. „Um einen direkten Einfluss zu haben, ist die Stoßwelle zu schwach. Auf langen Zeiträumen jedoch reichert dieser Prozess die Materie zwischen den Sternen zunehmend mit schweren Elementen wie Sauerstoff, Kohlenstoff und Stickstoff an, die durch die Fusion im Inneren des Sterns erbrütet wurden“, bestätigt Dr. Nielbock. „Dieses Material kann irgendwann bei der Entstehung neuer Sterne und Planeten mit eingebaut werden. Das passiert schon seit dem Entstehen der ersten Sterne. Erst durch diese Art von Recycling können neue Sterne sich einfacher als nur mit Wasserstoff bilden – auch Planeten – und letztlich auch wir – beziehen ihr Material von den Abfallprodukten früherer Sterne. Das Ende von Sternen wie die Sonne, die solche Nebel entwickeln, gehören also zu einem kosmischen Kreislauf vom Vergehen und Entstehen.“
Das Bild von ESO 577-24 wurde im Rahmen des ESO Cosmic Gems-Programms erstellt, einer Initiative, die Bilder von interessanten, faszinierenden oder optisch ansprechenden Objekten mit ESO-Teleskopen für Zwecke der Bildung und Öffentlichkeitsarbeit liefert. Das Programm nutzt Teleskopzeit, die nicht für wissenschaftliche Beobachtungen genutzt werden kann, was aber nicht heißt, dass die Aufnahmen für Wissenschaftler nicht von Interesse wären.
„Das hängt von dem Einzelfall ab“, sagt Nielbock. „Üblicherweise werden wissenschaftliche Beobachtungen von Astronomen für einen bestimmten Zweck beantragt. Hierfür benötigen Sie gewisse Mindestanforderungen an Transparenz der Atmosphäre, Stabilität der Bedingungen oder Luftbewegungen. Es ist aber gut möglich, dass jemand gerade von diesem Objekt oder seiner Umgebung einige Informationen benötigt, an die Astronomen bislang nicht gedacht haben und diese Kriterien nicht so eine große Rolle spielen. Dann könnten die Daten schon interessant sein. Zum Beispiel für eine Statistik von Hintergrundgalaxien (da sind viele im Bild), eine Analyse der Ausdehnung des Nebels durch Vergleich mit früheren oder zukünftigen Daten oder auch eine Analyse der etwaigen Helligkeitsvariationen des Zentralsterns dieses Nebels.“
Übrigens wird sich auch unsere Sonne eines Tages, im hohen Alter von etwa 10 Milliarden Jahren, zu einem roten Riesen entwickeln. Momentan gibt es aber noch keinen Grund zur Panik. Die Sonne ist derzeit erst 5 Milliarden Jahre alt…
Bilder: ESO
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