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In Österreich werden zwei Drittel des Bodenaushubmaterials ungeprüft deponiert. Wollten es die Baufirmen als Komposterde wiederverwerten, müssten sie deutlich höhere Kosten in Kauf nehmen. Diese Hürde wird gerne umgangen. Forscher sehen darin einen leichtfertigen Umgang mit dem wertvollen Rohstoff Erde und unterstützen ein Umdenken mit optimierten Qualitätssicherungs-Methoden.

Bodenaushubmaterial größte Abfallfraktion

Bautätigkeiten generieren enorme Mengen an Bodenaushubmaterial, das ist die Erde, die dem Bauobjekt weichen muss. In Österreich bildet dieses die größte Abfallfraktion und beziffert sich jährlich auf 33 Millionen Tonnen. Nur ein Drittel des Bodenaushubmaterials wird wiederverwertet, der Rest wird deponiert. Gleichzeitig verursacht die rege Bautätigkeit Bodenzerstörung durch Versiegelung. Es müsste einen Ausgleich geben, sagt Martin Wellacher, Forscher am Lehrstuhl für Abfallverwertung und Abfallwirtschaft an der Montanuniversität Leoben. Der Wissenschafter sieht darin einen leichtfertigen Umgang mit dem wertvollen Rohstoff Erde. Die Ressourcen sind begrenzt und wenn die Böden erst zerstört sind, sind sie unwiederbringlich.

Problem der Schwermetallbelastung

Besonders Böden im städtischen Bereich könnten schwermetallbelastet sein. Eine Wiederverwertung als Komposterde würde eine gesetzlich vorgeschriebene Qualitätssicherung erfordern, eine chemischen Analyse im Labor. Aus wirtschaftlichen Gründen verzichten viele Bauherrn auf die Qualitätssicherung und entsorgen das Bodenaushubmaterial als Abfall auf eine Deponie. Sind wiederverwertende Unternehmen beteiligt, so stellt sich diesen das Problem, dass sie Bodenaushubmaterial annehmen, dessen Qualität sie nicht kennen, so Wellacher.

Wertvolle Erde auf der Deponie

Die Praxis zeigt, dass mehr Bodenaushubmaterial für eine Rekultivierung geeignet ist, als angenommen. Trotzdem landet viel wertvolle Erde auf der Deponie. Die Wiederverwertung kann einfach sein, wenn die Erde lediglich gesiebt werden muss, um große Steine zu entfernen, erklärt Wellacher.

Team aus Technikern und Naturwissenschaftern

Im Projekt ReSoil nahm sich ein Forschungsteam um Wellacher diesem Problem an. Kooperationspartner waren die Universität für Bodenkultur Wien und das Unternehmen Poschacher Kompost. Ziel ist es, die Wiederverwertungsrate von einem Drittel zu erhöhen.Von technischer und naturwissenschaftlicher Seite kann das Problem nur mit einer Optimierung der aktuellen Qualitätssicherungs-Methode gelöst werden, wie Wellacher betont. Für eine Wende brauche es auch den gesetzlichen Willen.

Chemische Analyse sagt nicht alles

Bei der aktuellen Qualitätssicherungs-Methode handelt es sich um eine Gesamtbeurteilung. Aus zwei- bis siebentausend Kubikmeter heterogenem Bodenaushubmaterial werden systematisch fünfundzwanzig Einzelproben entnommen und verunreinigt. Die Gesamtprobe wird so lange gesiebt, bis nur mehr wenige Gramm vorhanden sind. Bei der anschließenden chemischen Laboruntersuchung entscheidet auch die Konzentration von einem Element. Das ist aus naturwissenschaftlicher Perspektive ein problematischer Zugang. Die chemische Analyse sagt nicht alles. Die Auswirkung der Bodenzusammensetzung auf das Grundwasser und die Pflanzen wird gar nicht berücksichtigt. Man müsse noch andere Analysemöglichkeiten schaffen, so Wellacher.

Vorgänge im Boden sind komplex

Chemische Laboranalysen aus der Vergangenheit zeigten, dass mitunter auch Bodenaushubmaterial aus natürlich gewachsenen Erden wegen Schwermetallbelastung ausscheidet. Wie etwa Erde aus Bergbauregionen, in denen Metalle wie Erz, Kupfer, Silber, Blei oder Wolfram abgebaut werden und im Bodenaushub dann auch nachgewiesen werden.

„Vorgänge im Boden sind sehr komplex. Es gibt viele Wechselwirkungen. Ob Schwermetall ins Grundwasser absinkt, hängt von der Art des Bodenaushubmaterials ab. Es gibt Material, das durchlässiger ist und Schwermetalle, die mobiler sind. Wenn ein Material überhöhte Mengen Kupfer enthält, dann sagt das noch nicht, dass das Kupfer auch verfügbar und gefährlich ist. Man muss analysieren, wie stark es gebunden ist, um ein Gutachten über die Gefahr für Mensch und Umwelt erstellen zu können.“ Martin Wellacher

Im Projekt ReSoil wurden verschiedene Methoden entwickelt, die sicherstellen, dass der wiederverwertete Bodenaushub das Trinkwasser sauber hält und die darauf wachsenden Pflanzen Lebensmittel- und Futtermittelqualität haben. Im Fokus standen die Durchlässigkeit des Bodenaushubmaterials und dessen Nährstoffgehalt.

Boden auf Nährstoffgehalt testen

Bei der Prüfung auf Nährstoffgehalt werden Pflanzen im Bodenaushubmaterial angebaut und einem Wachstumstest unterzogen. Gemessen werden Wachstum und Erntegewicht. Die Ergebnisse einer chemischen Extraktion zeigten, dass sich verschiedene Schwermetalle unterschiedlich lösen und auch die Pflanzen unterschiedlich auf die verschiedenen Schwermetalle reagieren. Als besonders geeignete Testpflanze erwies sich Salat, der in manchen schwermetallreichen Böden nur Kümmerpflanzen entwickelt und so die Auswirkungen des Schwermetalls zeigte.

Qualitätssicherung Bodenaushubmaterial
Qualitätssicherung Bodenaushubmaterial (c) Montanuniversität Leoben

Foto: Unten sind drei Ansätze mit Salat auf einem Metall-belasteten Boden zu sehen, oben die Vergleichsprobe.

Boden auf Durchlässigkeit testen

Im Test auf Durchlässigkeit wird erprobt, wie Schwermetalle bei einer geschlossenen Pflanzendecke ins Grundwasser absinken. Der Test findet ex situ auf der Anlage des Wiederverwerters statt. Dabei wird das Bodenaushubmaterial in Containern angesetzt. Ein Container umfasst etwa einen Kubikmeter. Wie Wellacher erläutert, sei der Aufwand überblickbar. Der Wiederverwerter müsse sich pro Probe ein bis zwei Stunden Zeit nehmen, drei bis acht Wochen regelmäßig Kontrollen durchführen und die Zwischenergebnisse protokollieren. Die chemische Auswertung erfordert allerdings eine Laboranalyse.

Mehr Qualität bei der Rekultivierung

Die Qualitätssicherung erstreckt sich aber auch auf den Prozess der Rekultivierung, der bis dato niederschwellig gehandhabt werde. Im klassischen Fall versucht eine Baufirma, eine Fläche grün zu übergeben. Dazu wird eine oberflächliche Schicht von maximal zwanzig Zentimetern aufgetragen. Das reicht, um einen Rasen wachsen zu lassen. Wellacher sieht darin eine eher kosmetische Maßnahme. Die Anforderungen an eine Rekultivierung mit darauffolgender nachhaltiger Bodenfunktion sind wesentlich höher.

„Mit unserer Qualitätssicherungsmethode für Bodenaushub entscheiden wir nicht nur über Deponie oder Wiederverwertung, sondern auch über höher- und minderwertige Verwertung. Aus bodenkundlicher Sicht sollte vierzig Zentimeter Bodenfläche aufgebracht werden. Noch besser wäre ein Zweischichtaufbau aus Erd- und Steinschicht. Die geforderte Produktivität und das Wasserhaltevermögen kann man in zwanzig Zentimetern nicht erreichen. Auch viele Pflanzen benötigen zum Aufwachsen tiefergründige Böden.“ Martin Wellacher

 

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