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Im Februar 2018 wurde mit der Vorstellung des MotoE World Cups, der ersten elektrischen Motorradrennserie der Welt, „eine neue Ära“ im Motorradrennsport eingeläutet. Nach der immer größeren Beliebtheit der Formel E im Automobilrennsport zogen der Motorradweltverband FIM und der MotoGP-Promoter Dorna nach. Derzeit gebe es mehr als eine Milliarde Fahrzeuge auf der Erde, erklärten die Verantwortlichen. „Wenn die Wachstumsrate im Mobilitätssektor so weiter steigt wie bisher, könnte diese Zahl innerhalb der nächsten dreißig Jahre auf drei Milliarden Fahrzeuge steigen. Das erhöht den Bedarf an nachhaltiger Mobilität deutlich und treibt die Hersteller zu wirtschaftlicheren Lösungen an. Einer der wichtigsten davon ist der Beginn der Elektromobilität.“

An diesem Wochenende feiert die neue Serie im Rahmen des MotoGP-Wochenendes am Sachsenring ihre Premiere. Eigentlich hätte das erste von insgesamt sechs Saisonrennen bereits am 5. Mai in Jerez stattfinden sollen. Bei Testfahrten auf der Strecke in Andalusien brach am Abend des 13. März 2019 jedoch ein Brand aus, der alle 18 Bikes und die gesamte Ausrüstung schwer beschädigte.

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Sete Gibernau feiert am Sachsenting sein Comeback© MotoGP

Somit haben die Zuschauer des Grand-Prix von Deutschland ab dem heutigen Freitag das Privileg, das erste Rennen der neuen Serie live verfolgen zu können. Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta erklärte vor dem Wochenende bei „Locos por las motocross” im spanischen Fernsehen, man habe die neue Technologie der Elektromotorräder „nicht ignorieren“ können. Die oberste Prämisse sei jedoch, dass der Fahrer im Mittelpunkt stehen müsse. Als Alternative zum traditionellen Motorradrennsport sieht der Spanier Moto E aber nicht. „Die MotoE ersetzt nichts”, betonte er.

Das Energica Ego Corsa Bike

Anders als in der MotoGP oder auch Superbike-WM, in denen verschiedene Hersteller gegeneinander antreten, kommen alle MotoE-Bikes aus einer Hand: von der italienischen Firma Energica Motor Company aus Modena, die bei den Tests als Einzige überzeugen konnte. Bis auf wenige geringfügige Unterschiede sind die Motorräder identisch, was den Fahrer in den Vordergrund rückt und nicht die Technik.

Die Leistung der Energica Ego Corsa ist vergleichbar mit der eines Moto2-Bikes: 110 kW, das entspricht etwa 147 PS und ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von gut 270 km/h. Das Herz des Bikes ist ein synchroner, ölgekühlter Motor mit Permanentmagneten, der eine maximale Dauerleistung von 120 kW und ein Drehmoment von 5.000 U/min ermöglicht.

Die Beschleunigung der Energica Ego Corsa von 0 auf 100 km/h liegt mit weniger als 2,8 Sekunden nur knapp über der eines MotoGP-Motorrads, das 2,6 Sekunden braucht, um aus dem Stand auf 100 km/h zu kommen. Allerdings ist das Moto-E-Bike mit Stahlrohrgitterrost und Aluminiumschwinge mit mindestens 260 Kilogramm auch rund 100 Kilo schwerer als ein MotoGP-Bike (mindestens 157 Kilo). Außerdem hat es nur rund halb so viele PS wie der große Bruder, der mit 280 PS auftrumpft.

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Randy de Puniet legte beim Test in Valencia einen spekatuklären Highsider hin © MotoGP

Die Ego Corsa hat weder ein Getriebe noch eine Kupplung. Alles wird durch das Ride-by-Wire-System geregelt, sodass das Beschleunigungsdrehmoment des Motors und die Verzögerung basierend auf dem regenerativen Drehmoment oder der Motorbremsung gesteuert werden kann.

Die Batterien haben eine Speicherkapazität von 20 Kilowattstunden und können mit dem Schnelladergerät mit 20 kW in ca. 20 Minuten bis zu 80/85% aufgeladen werden. Das garantiert wieder eine Reichweite von 120 Kilometern. Eine normale, volle Ladung mit dem 3kW OBC (On Board Charger) dauert rund 3,5 Stunden.

Einziger Reifenlieferant der Serie ist der französische Hersteller Michelin, der auch die Königsklasse beliefert.

Rennen

Das Rennwochenende beginnt, wie auch in den anderen Serien, am Freitag mit zwei freien Trainings. Diese sind mit einer Dauer von jeweils 30 Minuten etwas kürzer als die der MotoGP, Moto2 und Moto3. Am Samstag wird die sogenannte E-Pole im Einzelfahrten ausgetragen, die dann die Reihenfolge der Startaufstellung bestimmt. Dabei hat jeder Fahrer eine Aufwärmrunde, eine fliegende Runde und eine Auslaufrunde. Die Reihenfolge, in der die Fahrer auf die Strecke gehen, ergibt sich aus dem kombinierten Gesamtergebnis der zwei freien Freitagstrainings. Den Anfang macht der langsamste Fahrer, der Trainingsschnellste fährt als Letzter.

Das Rennen findet am Sonntag um 10:00 Uhr nach den Warm-Up-Sessions der Moto3, Moto2 und MotoGP statt. Die MotoE fährt kein Warm-Up. Die Renndauer beträgt acht Runden, was auf dem 3,7 Kilometer langen Sachensring einer Renndistanz von 29,6 Kilometern entspricht.

Teams und Fahrer

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Das MotoE-Fahrerfeld 2019 © MotoGP

Für die erste Saison des MotoE World Cups sind 12 Teams mit insgesamt 18 Fahrern eingeschrieben, 17 Männer und eine Frau. Dabei setzen die sieben MotoGP-Satellitenteams jeweils zwei Bikes ein, vier Moto2- bzw. Moto3-Teams gehen mit je einem Motorrad an den Start. Zugpferd der Serie ist der MotoGP-Vizeweltmeister von 2003 und 2004, Sete Gibernau, der sein Renncomeback feiert. Der 46-jährige Spanier tritt für Pons an. MotoGP-Erfahrung bringen auch Alex De Angelis. Mike Di Meglio, Bradley Smith und Randy De Puniet mit. Der Schweizer Intact-Pilot Jesko Raffin ist der einzige deutschsprachige Fahrer im Feld, Maria Herrera (Angel Nieto) die einzige Frau. Schnellster beim Test in Valencia war übrigens Bradley Smith, der für das Rennen am Sonntag als einer der Favoriten gehandelt wird.

Teams und Fahrer der MotoE-Saison 2019
Tech 3: Kenny Foran, Hector Garzo
LCR: Randy de Puniet, Niccolo Canepa
Pramac: Alex de Angelis, Josh Hook
Angel Nieto: Nico Terol, Maria Herrera
Avintia Esponsorama: Xavier Simeon, Eric Granado
Gresini: Matteo Ferrari, Lorenzo Savadori
Pons: Sete Gibernau
Intact: Jesko Raffin
SIC58: Matteo Casadei
Ajo: Niki Tuuli
Marc VDS: Mike di Meglio
One Energy Racing: Bradley Smith

Kalender

Auf dem Kalender 2019 stehen insgesamt sechs Rennen. Das erste findet nach der Streichung der Rennen in Jerez und in Le Mans am 7. Juli am Sachsenring statt. Darauf folgt die Veranstaltung auf dem Red Bull Ring. Misano und das Saisonfinale in Valencia sind Doppelveranstaltungen: Es wird jeweils am Samstag und am Sonntag ein Rennen geben.

Kalender MotoE-Saison 2019
7. Juli: Sachsenring, Deutschland
11. August: Red Bull Ring, Österreich
14. und 15. September: Misano, Italien
16. und 17. November: Valencia, Spanien

Die MotoE-Rennen sind für Abonnenten bei MotoGP.com im Livestream zu sehen, ServusTV überträgt das Rennen am Sachsenring am Sonntag ab 10:00 Uhr live.

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