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Ein Produkt muss emotional berühren und Aufmerksamkeit erregen, um Erfolg zu haben. Wie man das erreicht, ist ein zentraler Punkt bei der Marktforschung und auch hier kann intelligente Spracherkennung einen entscheidenden Beitrag leisten. In Teil vier unserer Serie geht es heute um das Thema Marketing und Marktforschung – und um Roboter als Verkäufer.

Es ist bekannt, dass es nicht nur darauf ankommt, was jemand sagt, sondern vielleicht noch viel mehr, wie er es sagt. Und genau das ist auch die Crux bei der Marktforschung. Wie reagiert ein potentieller Käufer auf ein Produkt? Welche Emotionen werden ausgelöst? Was macht das eine Produkt zum Erfolg und das andere zum Flop? Um das herauszufinden und so den Erfolg einer Produktidee vorhersagen zu können, ist es wichtig, unterbewusste Reaktionen auf ein Produkt zu berücksichtigen und messbar zu machen. Das ist mittels Stimmanalyse möglich, indem man die inhaltliche Analyse der gesprochenen Antworten mit der impliziten, emotionalen Komponente der Antwort bei der Auswertung von Sprachaufzeichnungen kombiniert.

„Beim Marketing sind zwei Sachen extrem wichtig“, sagt Dagmar Schuller, CEO und Mitgründerin des Münchner Startups audEERING. „Einerseits geht es, wie auch in der klassischen Kommunikation darum, wie ich kommuniziere, d.h. welche Emotionen zeige ich bezüglich eines bestimmten Produkts. Andererseits geht es in der tatsächlichen Marktforschung darum, sich möglichst früh die Frage zu stellen, wie hebe ich mich von einem Konkurrenzprodukt ab? Habe ich die Möglichkeit, durch verbesserte Marktforschung im qualitativ höhere Standards anzusetzen, damit mein Produkt besser und positiver wahrgenommen wird als das der Konkurrenz?“

Intelligente Sprachsoftware wie das Audio-Analyse-Toolkit „openSMILE“ kann hierzu Sprachaufzeichnungen auswerten, in denen Menschen gefragt wurden, was sie von einer neuen Idee oder einem neuen Produkt halten, indem sie die emotionale Wirkung misst. Berechnungen von Sprachmerkmalen wie Tonlage oder Sprechrhythmus ermöglichen es, den emotionalen Erregungsgrad zu berechnen.

„Wenn ich zum Beispiel Feedback haben möchte, wie jemand eine Einkaufssituation verstanden hat oder wie sich jemand während des Einkaufsprozesses gefühlt hat, kann ich das durch einen klassischen Fragebogen und reines Anklicken nicht wirklich herausfinden“, erklärt Schuller. „Dann habe ich wieder das Problem, was ist denn gut? Wie gut ist gut? Mit unserer App Quantizer kann man klassisches Feedback mit Sternchen mit Sprachfeedback kombinieren und so viel detailliertere Ergebnisse bekommen. Wir gleichen dann entsprechend ab, ist der tatsächlich positiv oder eher negativ konnotiert, um eine zusätzliche Sicherheit in dem Bereich zu erreichen.“

Werden Roboter bald die besseren Verkäufer?

Auf der anderen Seite ginge es in der klassischen Marktforschung auch immer darum, was jemand dazu bewegt, eine bestimmte Kaufentscheidung zu treffen. „Ist das jemand, der vielleicht Hilfe braucht? Einen Ansprechpartner, der ihm zu dieser Kaufentscheidung verhilft, oder jemand, der schon ganz konkret weiß, da gehe ich hin, das will ich? Man hat da mit völlig unterschiedlichen Menschen zu tun“, so Schuller. In dieser Situation, in der die Sprachanalyse direkt im Laden eingesetzt wird, können auch Roboter wie „Pepper“ oder „Paul“, der bei Media Markt und Saturn als Assistent fungiert, sehr gute Dienste leisten. Er führt Kunden zum Regal oder hilft bei der Auswahl des Produkts, indem er Information oder ähnliches über das Produkt von sich gibt.

„Leider ist der aber noch nicht sprachlich emotional intelligent, aber stellen Sie sich vor, Sie sprechen mit ihm und er versteht tatsächlich, was Sie wollen. Er merkt, dass sie zögern, weil ihnen vielleicht der Preis zu hoch ist. Er merkt, dass sie unglücklich sind, weil sie die Marke nicht sehr mögen oder an dem Tag sowieso schlecht gelaunt sind, weil Ihnen jemand ins Auto gefahren ist, das Taxi zu langsam war oder sonst irgendwas“, blickt Dagmar Schuller voraus. „Dann hat er eine ganz andere Entscheidungsbasis, um Produkte vorzuschlagen. Das heißt, wie etwas gesagt wird, kann für den Verkaufsprozess entscheidende Bedeutung haben.“

Bei Außenwerbung kommt zur Emotionserkennung eine weitere, wichtige Komponente hinzu: die Bewertung der Szenerie. Wenn die nämlich nicht passt, nutzt das phantasievollste, das schönste Plakat oder auch das tollste Produkt gar nichts. „Vielleicht liegt es einfach an der akustischen Umgebung und die Leute gehen nur vorbei, ohne hinzusehen, weil daneben eine riesige Baustelle ist“, weiß Dagmar Schuller. „So etwas weiß man als Kunde nicht. Man denkt nur, das ist ein Superstandplatz, zum Beispiel am Hauptbahnhof in Berlin, da sind jede Menge Menschen, man weiß aber nicht, wieso die nur vorbeilaufen. Man muss dazu die akustische Szenerie mit erfassen und wissen, wie hört sich etwas an? Ist es angenehm oder hört sich das unangenehm an? So bekommt man einen zusätzlichen Entscheidungsfaktor. Da möchte ich platziert sein oder nein, da möchte ich nicht platziert sein. Das sind Möglichkeiten, die man im Bereich Marketing und Medien sehr gut wahrnehmen kann.“

Immerhin würde man sich in der Werbung zum Beispiel auch die YouTube-Videos aussuchen, die emotional gut ankommen und nicht diejenigen, die unnötig Panik, Stress und Hektik verbreiten und bei denen man von vorneherein weiß, dass diese negativen Gefühle auch beim Zuschauer erzeugt würden. Das Gleiche trifft laut Dagmar Schuller auch auf die Bewertung von Produkten oder zur Verbesserung des Verkaufsprozesses zu. Da sei es ebenso wichtig zu wissen, in welchem emotionalen Zustand sich der Kunde befindet und diese Situation möglichst positiv zu beeinflussen, betont sie. „Dann habe ich die Möglichkeit, ihn in den emotionalen Zustand zu versetzen, in dem er diese positive Kaufentscheidung trifft, sodass er nachher glücklich rausgeht und mit mir als Marke, als Unternehmen, etwas Positives verbindet.“

Fotos: audEERING, Pixabay

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