© Markus Breig, KIT
Author profile picture

In Zeiten des allgegenwärtigen „Klimanotstands“, einer wachsenden Verstädterung und Ressourcenknappheit wird klimaneutrale Mobilität immer wichtiger. Regierungen machen es sich zur Aufgabe, Technologien zur emissionsfreien Energieerzeugung und für emissionsfreie Fahrzeuge – von Autos über Flugzeuge bis hin zu Schiffen – zu fordern und fördern. Zu diesen Zwecken forschen Wissenschaftler rund um den Globus an immer neuen Technologien. Die Universität Stuttgart und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben ihre Forschungskompetenzen im Innovationscampus „Mobilität der Zukunft“ (ICM) mit dem Ziel vereint, in den Bereichen Mobilität und Produktion neue, bahnbrechende Technologien hervorzubringen.

Zwei Schwerpunkte des neuen Campus sind emissionsfreie Antriebe und Additive Fertigung, d.h. der Einsatz von 3-D-Druckern nicht nur für hochwertige und einsatzfähige (Leicht-)Bauteile, sondern auch für Bauteile mit neuartigen Funktionen. „Die Mobilität von übermorgen stellt eine enorme gesellschaftliche Herausforderung dar und ist mit vielen Erwartungen verknüpft: Sie soll komfortabel, sicher und kostengünstig sein, vernetzt und nachhaltig, verfügbar und schnell, autonom und robust“, sagte der Präsident des KIT, Professor Holger Hanselka, bei der Eröffnung des Innovationscampus.

Die ersten Forschungsschwerpunkte des ICM liegen auf Additiver Fertigung und Emissionsfreien Antriebe. Dabei arbeiten die Forscher auch auf das Ziel einer dezentralen Produktion hin, „die durch eine vollumfänglich flexibel einsetzbare Fertigungstechnik – die Universalmaschine – getragen wird“. Durch sie würden nur noch die Fertigungsdaten digital übertragen, erklärt man beim KIT. Produkte ließen sich dagegen vor Ort bei Bedarf kurzfristig, hochwertig, günstig und in beliebig kleinen Stückzahlen herstellen. Man müsse sie nicht mehr aufwändig lagern und über Logistikketten verteilen, was zu zusätzlichem Verkehrsaufkommen auf der Straße führt. Um soweit zu kommen, ist jedoch noch ein Technologiesprung in der Fertigungstechnik nötig.

„Fail fast and often“

Man kann Antriebe und Fahrzeuge auch durch neue Produktionstechniken emissionsärmer machen, indem man Gewicht, Bauraum, Material und Energie spart oder die Funktionalitäten verschiedener Bauteile zusammenführt. Deshalb sollen im ICM auch Konzepte für kleine Fahrzeuge und die dazugehörigen Komponenten erarbeitet werden, die, laut KIT, „speziell auf die Anforderungen der ‚First & Last Mile‘-Mobilität zugeschnitten sind, also die bedarfsgerechte Verknüpfung von individuellen und öffentlichen Verkehrssystemen.“ Getestet werden sollen diese Konzepte zum Beispiel mit smarten Pendler-Mobilen für die Kurzstrecke. Die Schwerpunkte der weiteren Phasen sollen mit den beteiligten Wissenschaftlern und externen Experten im Rahmen eines Think Tanks erarbeitet werden.

© Pixabay

„Wir erleben derzeit den Wandel der traditionellen Automobil- und Zuliefererindustrie hin zum Anbieter nachhaltiger Mobilitätsdienstleistungen“, sagte der Vizepräsident des KIT für Innovation und Internationales, Professor Thomas Hirth. „Mit dem ICM wollen wir diesen Wandel begleiten und anführen. Dafür bauen wir auf wissenschaftliche Exzellenz, interdisziplinäre Grundlagenforschung und neue Innovationsprozesse in Produktions- und Fahrzeugtechnik.“

Um bahnbrechende Ideen und Innovationen zu ermöglichen, wollen das KIT und die Universität Stuttgart in ihrem gemeinsamen Projekt die neuen Ansätze auch schnell testen, selbst wenn sie sich später als ungeeignet zeigen. Ganz nach dem Motto „fail fast and often“, denn auch aus diesen Fehlern würde man etwas lernen, betonen die Forscher. Dabei will der ICM nicht nur neue Technologien erforschen, sonder auch Nachwuchs fördern und so eine Innovations- und Gründungskultur schaffen. Auch neue Kooperationsorte sollen entstehen und Forschungsstandorte in Baden-Württemberg vernetzt werden.

Im ICM arbeiten Professoren aus den Gebieten Fahrzeugtechnik, Produktentwicklung, Produktionstechnik, Chemie, Werkstoffe, Elektrotechnik, Flugzeugbau und Werkzeugmaschinen aus Karlsruhe und Stuttgart zusammen. Zusätzlich können, je nach Bedarf, weitere baden-württembergische Hochschulen und Forschungseinrichtungen und auch kleinere und mittlere Unternehmen in Baden-Württemberg integriert werden.

Der ICM wird vom Ministerium für Wissenschaft und Kunst des Landes Baden-Württemberg fördert den ICM mit zehn Millionen Euro über fünf Jahre gefördert. Weiterhin wird Einrichtung einer Professur „Laseranlagentechnik“ an der Universität Stuttgart und einer Professur „Digitalisierung der Material- und Prozessentwicklung für Additive Fertigung“ am KIT für zehn Jahre nach dem Fiebiger-Modell unterstützt.