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Die Vision der Energie-Autonomität bis 2050 fordert eine langfristige Planung: die Wende steht vor dem Hintergrund eines steigenden Energiebedarfs. Im österreichischen Bundesland Tirol ist die fossilfreie Energieversorgung bis 2050 umsetzbar – erfordert aber den Ausbau der erneuerbaren Energieträger.

Die Vernetzung der Welt, verflochtene Wirtschaftssysteme, steigender Bedarf an Wohnraum und eine hochmotorisierte Gesellschaft – die aktuellen Strömungen führen zu einem steigenden Energiebedarf. Noch wird dieser großteils durch den Einsatz von fossilen Energieträgern gedeckt. Aber die steigenden Treibhausgasemissionen und der dadurch verursachte Klimawandel machen eine fossilfreie Energieversorgung unumgänglich.

Fossilfreie Energieversorgung aus heimischen Energieträgern

Das Bundesland Tirol verfügt über viele erneuerbare Potenziale: Sonnen- und Windenergie, Wasserkraft und Biomasse. In einer Studie in Kooperation von Universität Innsbruck, Management Center Innsbruck (MCI) und Wasser Tirol wurde jetzt die Frage gestellt, ob Tirol 2050 eine fossilfreie Energieversorgung haben kann.

Die Studienautoren Wolfgang Streicher und Markus Mailer gingen von einer totalen Umstellung auf erneuerbare Energien aus; die fossilfreie Energieversorgung soll bevorzugt aus heimischen Energieträgern bestehen.

Vision 2050 theoretisch erreichbar

Die Ergebnisse zeigten, dass der Energiebedarf im Jahr 2050 theoretisch mit erneuerbaren Ressourcen aus Tirol gedeckt werden kann. Die Art der Energieversorgung wurde mit verschiedenen Energieträgern durchgespielt. Untersucht wurden Strom, Wasserstoff und Methan.

In allen durchgerechneten Szenarien war die fossilfreie Energieversorgung erreichbar. Das Stromszenario erwies sich allerdings als der effizienteste Energieträger – vorausgesetzt es kommt zum Ausbau der Stromerzeugung. Aber auch andere fossilfreie Energieträger erfordern eine Expansion:

  • Steigerung der Wasserkraft um 50 Prozent;
  • Nutzung der Windenergie zumindest in beschränktem Ausmaß;
  • Bestückung nahezu aller nutzbaren Dachflächen mit Photovoltaik-Modulen;
  • Verwendung der gesamten heimischen nachwachsenden und für energetische Nutzung zur Verfügung stehenden Biomasse;

Im Wasserstoff- und Methan-Szenario müssten ergänzend beträchtliche Freiflächen mit Photovoltaikanlagen errichtet werden.

Raumwärme aus Wärmepumpen

In der Raumwärme sollen künftig statt Öl und Gas vor allem Wärmepumpen eingesetzt werden. Dadurch könnte die Umweltwärme aus Luft, Erde und Wasser genutzt werden – aber auch Biomasse und Fernwärme aus fossilfreien Energieträgern. Trotz begrenzter Verfügbarkeit: Auch Biogas spielt eine Rolle in der zukünftigen Energieversorgung.

Bei Gebäuden könnten bauliche Maßnahmen den Energiebedarf um fast ein Drittel reduzieren. Die Studienautoren empfehlen die hochwertige Sanierung des Gebäudebestands und höchste Qualitätsstandards im Neubau, wie etwa Passivhausstandard.

In der Mobilität biete der Wechsel von Verbrennungsmotoren auf Elektromobilität die Chance, den Energiebedarf um fast 70 Prozent zu senken.

Die geringsten Einsparungen sehen die Studienautoren in der Industrie, wo der Umstieg auf Strom und eine fossilfreie Energieversorgung eine sehr große Herausforderung darstellt.

Politisch umsetzbar: Das Energiemix-Szenario

Am ehesten politisch umsetzbar sei das Energiemix-Szenario, in dem die fossilfreie Energieversorgung maßgeblich von Strom und Umweltwärme gestellt wird – unterstützt von Wasserstoff und Methan. Wobei der Einsatz von Strom in der Industrie prozessbedingt nicht durchgehend möglich sein werde.

Auch der E-Mobilität sind Grenzen gesetzt, selbst wenn Autobahnen für den Güter- und Personenfernverkehr mit Oberleitungen elektrifiziert werden könnten.

Problematisch bleibt der Flugverkehr. Selbst wenn diese zukünftig aus erneuerbarem Strom und CO2 aus der Atmosphäre gewonnen werden – flüssige Treibstoffe dürften noch lange unverzichtbar zu sein.

Mitarbeit der Bevölkerung

Neben fossilfreien Energieträgern werden auch neue Antriebe und Sharing-Konzepte für Fahrzeuge und neue Möglichkeiten der Vernetzung im öffentlichen Verkehr die Mobilität verändern. Aspekte, die die Mitarbeit der Bevölkerung erfordern.

„Wenn wir all die uns zur Verfügung stehenden erneuerbaren Energien nützen und gleichzeitig alle Effizienzmaßnahmen voll ausschöpfen, dann geht sich die Realisierung der Energieautonomie im Jahr 2050 für Tirol gerade aus“, so Streicher.

Da Technologien besonders im Gebäudebereich langlebig sind und das Treibhausgas-Emissionsbudget zur Erreichung des 2 -°C Klimaziels nur mehr sehr begrenzt ist, müsse mit dem Umbau des Energiesystems sofort begonnen werden.

Diskussionsforum Zukunft Denken

Das Projekt wurde im Rahmen des Diskussionsforums Zukunft denken im Block Siedlungsraum – Verkehr – Energie präsentiert. Kuratiert wurde der Themenblock von Ruth Breu, Leiterin des Instituts für Informatik, Markus Mailer, Professor am Institut für Infrastruktur im Arbeitsbereich Intelligente Verkehrssysteme und Wolfgang Streicher, Professor am Institut für Konstruktion und Materialwissenschaft im Arbeitsbereich Energieeffizientes Bauen.

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