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Jede Woche sprechen wir mit dem Spezialisten für Elektromobilität und Innovation Origins-Kolumnisten Auke Hoekstra darüber, was ihm Neus aufgefallen oder begegnet ist, welche Innovationen unseren Planeten nachhaltiger machen.

Hast du es schon gehört?

„Was?”

Fast die Hälfte aller Neuwagen, die in den ersten drei Dezemberwochen verkauft wurden, waren voll elektrisch. Die meisten dieser Elektroautos waren Tesla 3er Modelle, das ist doch toll, oder?

„Auf jeden Fall! Ich bin übrigens selbst einer dieser Leute. Ich habe noch nie auch nur die Hälfte des Geldes für ein Auto ausgegeben, aber dieses ist es wert, soweit es mich betrifft. Manche Leute mögen die Bedienelemente nicht, aber ich finde den kontextsensitiven Touchscreen perfekt. Es ist ein wirklich schönes Auto.”

Aber darüber wolltest du nicht reden, oder?

„Nein, ich habe nämlich noch etwas Besseres”, sagt Auke, als er in seinen weißen Tesla Model 3 steigt. „Ich gebe nur meine Adresse ein, dann können wir uns während der Fahrt unterhalten.”

Nachdem er seine Adresse eingegeben, den Sicherheitsgurt angelegt und die Freisprechanlage eingeschaltet hat, fängt Auke an zu zählen: „Im Jahr 2016 hat der IPCC (eine UN-Arbeitsgruppe, die die Risiken des Klimawandels analysiert und erforscht, Anm. d. Red.) ein Szenario entwickelt, das für das Jahr 2100 eine Erwärmung von 8,5 Watt pro Quadratmeter gegenüber 1990 voraussagt. Die globale Erwärmung würde dann 4,6 Grad Celsius erreichen, mit einer Spanne von 3,3 bis 5,9 Grad.“

Das klingt nicht gut.

„Nein, es ist ein echtes Weltuntergangsszenario. Aber es stellt sich heraus, dass es ein bisschen anders ist. Zunächst einmal ignoriert dieses Szenario die Tatsache, dass erneuerbare Energien billiger werden und Elektroautos immer beliebter werden. Aber es geht viel weiter als das. Zwei Wissenschaftler aus dem Klima- und Energiesektor haben sich gemeinsam mit den Zahlen beschäftigt. Der eine – Justin Ritchie – hat damit sogar promoviert. Nun stellt sich heraus, dass dieses IPCC-Szenario voraussetzt, dass wir im Jahr 2100 sieben Mal mehr Kohle verbrauchen als heute. Sieben Mal! Das hat mich wirklich überrascht. Zuerst dachte ich: Das kann nicht wahr sein, denn das ist völliger Quatsch.”

Wie ist die Situation nach Ansicht dieser beiden Wissenschaftler dann?

„Sie haben das ‚Business as usual’ Projektionsmodell der IEA verwendet, bei dem keine Klimamaßnahmen berücksichtigt werden. Das ist ein Szenario, das ich schon seit 15 Jahren infrage stelle. Es ist, bezüglich der erneuerbaren Energien, ein viel zu konservatives Szenario. Aber selbst mit diesem ultrakonservativen Szenario der IEA (bekannt als CPS/Current Policies Scenario) würde die globale Erwärmung 2,9 Grad Celsius erreichen, mit einer Spanne zwischen 2,0 und 3,8 Grad. Das ist immer noch viel zu viel, aber es ist wirklich viel weniger ein Weltuntergangsszenario als der IPCC-Bericht angibt. Das war mein nächst bestes Weihnachtsgeschenk nach NEON!”

Was bedeutet das?

„Ich habe gelernt, dass es schwieriger als je zuvor ist, 2 Grad – geschweige denn 1,5 Grad – zu erreichen. Wir haben einfach so viel Zeit verschwendet. Andererseits ist es auch eine sehr positive Nachricht. Es zeigt, dass wir wirklich Einfluss haben, wenn wir den CO2-Ausstoß reduzieren. Das Modell erweist sich als sensibler als wir dachten: Eine Tonne mehr oder weniger CO2 hat mehr Einfluss, als wir je gedacht haben. Wenn man die Zahlen der letzten Jahre betrachtet, sieht man, dass wir den Schadstoffausstoß schon reduziert haben. Wir haben mehr Kontrolle über unser Schicksal. Das gibt mir Hoffnung für die Zukunft!“

Wird es noch andere Konsequenzen geben?

„Das Tolle an dieser Forschung ist, dass zwei Wissenschaftler aus verschiedenen Welten zusammengearbeitet haben, um ein realistischeres Bild zu zeichnen. Ich finde das großartig. Was man oft sieht, ist, dass es nicht viel Verständnis für die Ansichten des anderen gibt. Diese Art der Zusammenarbeit durchbricht das und hilft uns, uns gegenseitig ein wenig besser zu verstehen.”