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Das Konsortium D4Dairy arbeitet an Standards, die eine umfassende Nutzung von Daten in der Milchvieh-Wirtschaft ermöglichen. Im Fokus stehen Gesundheit und Wohl der Tiere sowie Produktqualität.

Im Internet der Dinge sind es nicht mehr punktuelle Messungen, sondern Sensoren, welche die Daten zur Tiergesundheit liefern. Es sind an Hals oder Beinen angebrachte Sensoren, welche die Bewegungen der Kuh aufzeichnen und verschluckte Sensoren, die den PH-Wert im Magen messen – und das in Echtzeit. Die so generierten Daten versprechen neue Einsichten in die Tiergesundheit. Zur sinnvollen Nutzung der komplexen Datenstruktur braucht es allerdings stimmige Konzepte. Im transdisziplinären Projekt D4Dairy will man die Komplexität meistern und ein datengestütztes Management für die Milchvieh-Wirtschaft  entwickeln.

Vernetzung

Einunddreißig Projektpartner aus Wirtschaft und Wissenschaft vernetzen ihr Wissen, um dieses nutzbringend einzusetzen. Stakeholder sind Zuchtorganisationen, Tiergesundheitsorganisationen, Landwirte, Tierärzte, Milchverarbeiter, Technologie-Anbieter und weitere Partner entlang der Wertschöpfungskette Milch. In die Studien fließen die Daten von zwei Millionen Milchkühen aus Österreich und Deutschland ein. Neue Erkenntnisse sollen fortgeschrittene Datenanalyse-Methoden wie Big Data und Infrared-Spectra bringen. Letztere werden für die Erkennung von Milch eingesetzt. Das Konsortium wird von Christa Egger-Danner von ZuchtData geleitet.

Software-Tools

In der Durchführung ist das Projekt in zwei Sektoren gegliedert. In Sektor eins geht es um folgende Aspekte:

  • die Integration der in den landwirtschaftlichen Betrieben generierten Daten;
  • die Interoperabilität der in den Betrieben eingesetzten Systeme;
  • die Prozessentwicklung und –optimierung;

Die Komplexität des Vorhabens liegt in der Erforschung von Zusammenhängen von verschiedenen Merkmalen. Weiters werden Aspekte der Qualitätssicherung, des Datenaustausches und des Datenschutzes untersucht. Aufbauend auf den Erkenntnissen werden entscheidungsunterstützende Instrumente entwickelt. Diese sollen zunächst arbeitserleichternd wirken, aber auch aktives Herdenmanagement ermöglichen. Den Landwirten werden diese Instrumente mittels praktikabler Software-Tools zur Verfügung gestellt.

Zu den in den landwirtschaftlichen Betrieben generierten Daten zählen gesundheitsbezogene Sensoren, automatische Fütterungssysteme, Antibiotika-Einsatz und Stallklima. Externe Daten sind zum Beispiel Schlachtdaten.

Fortgeschrittene Analysen

In Kombination mit fortgeschrittenen Analysemethoden ermöglichen die integrierten Daten die Früherkennung von Gesundheitsproblemen und eine rasche Reaktion darauf. Schwerpunkte bilden Lahmheit und Ketose. Ketose bezeichnet einen Stoffwechselzustand, bei dem sich der Körper die Energie aus der Fettverbrennung holt statt aus Kohlehydraten. Eine der zentralen Aufgaben in Sektor eins ist die Entwicklung von Strategien gegen das Risiko einer Antibiotikaresistenz.

Neben den Tierdaten werden auch Daten aus digitalen Technologien genutzt – wie etwa aus automatischen Melksystemen, Sensoren und Fütterungssystemen.

Außerdem werden Studien im sozialen Kontext durchgeführt, um mehr über die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erfahren. Wie denkt diese über die in der Milchwirtschaft eingesetzten Technologien? Auch die Forschungsergebnisse sollen einer breiten Öffentlichkeit vermittelt werden.

Parameter

Im Sektor zwei des Projekts D4Dairy geht es um Frühindikatoren für und die datengesteuerte Erkennung von Risikofaktoren für eine verbesserte Gesundheit.

Viele Tierkrankheiten entstehen durch das Zusammenspiel von genetischen und umweltbedingten Risikofaktoren. Unter Anwendung von Big Data-Analysen soll entschlüsselt werden, wie diese Faktoren beziehungsweise deren Wechselwirkungen zur Tiergesundheit beitragen. So will man aussagekräftige Parameter für das Herden-Management und die Zucht gewinnen.

In einem Teilprojekt soll der Gesundheits- und Ernährungszustand von Milchkühen über die biochemische Zusammensetzung der Milch analysiert werden. Mittels Mittelinfrarot-Spektroskopie (MIR) und einer großen Zahl von Routine-Milchproben und Veterinärdiagnosen sollen neue robuste Milch-Vorhersagemodelle entwickelt und überprüft werden.

Umwelteinflüsse

Eine Verbesserung der Umgebung der Tiere soll durch ein integriertes On-Farm-Monitoring erreicht werden, das verschiedene Merkmale des Stallklimas und der Luftqualität liefert. Zusätzlich sollen über speziell entwickelte Sensoren die Reaktionen der Tiere auf Umweltfaktoren modelliert werden. Abgeleitet daraus sollen Algorithmen zur Vorhersage von Leistungseinbußen entstehen.

Ein noch weitgehend unerforschtes Problem in Futtermitteln von österreichischen Milchviehbetrieben sind Mykotoxine. Das sind sekundäre Metabolite von Schimmelpilzen, die eine Vielzahl von gesundheitsgefährdenden Eigenschaften aufweisen. In einer Feldstudie soll das Futter auf mehr als vierhundert Pilzmetabolite analysiert werden. Von Interesse sind das Aufkommen und die Auswirkung auf die Gesundheit und Fruchtbarkeit von Kühen.

Last but not least erwartet man sich in dem Projekt auch neue Erkenntnisse zu Genetik und Genomik. Big Data-Analysen sollen aus den komplexen Datenquellen einfach interpretierbare Management-Anweisungen für das Herdenmanagement und züchterische Zwecke liefern. Nähere Informationen dazu erhalten Sie hier

 

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