Solange nicht genügend Ökostrom zur Verfügung steht, sei Diesel die sauberste Art, Autos zu betreiben. Das zumindest behauptet Direktor Heiner Schmeck von Car Tech Company aus dem süddeutschen Böblingen. Das Unternehmen ist auf Elektromobilität spezialisiert.
Laut Schmeck, der seine Aussagen bei einem Besuch niederländischer Unternehmer aus der Automobilindustrie in Baden Württemberg äußerte, würde die aktuelle Kritik an Diesel-Kraftstoff sogar die Umwelt belasten. „Diesel ist der Kraftstoff, der am wenigsten Energie verbraucht, weil er am Anfang des Raffinations-Prozesses entsteht.“ Es ist also das erste Produkt das bei der Umwandlung von Erdöl in einen Kraftstoff produziert wird.
Diesel hat die Nase vorn
Trotz der Manipulationen sind die Abgasfilter so gut, dass die aus den Autos austretende Luft sauberer ist, als die eintretende“, erklärt Schmeck. „Derzeit ist der Anteil an grünem Strom bei der deutschen Energieerzeugung noch viel zu niedrig.
Elektroautos werden daher hauptsächlich mit Strom betrieben, der in Kohlekraftwerken erzeugt wird. In Verbindung mit einer umweltfreundlichen Herstellung von Batterien sind Elektroautos derzeit sicherlich nicht die sauberste Art von Automobilität“, sagt Schmeck.
Austausch mit den Niederlanden
Die Aussage von Heiner Schmeck war eine der vielen interessanten Erkenntnisse beim Besuch der holländischen Delegation im ‘Mekka der deutschen Automobilindustrie’. Ziel ist es, neue Kontakte zu knüpfen, um die ohnehin intensiven wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der niederländischen Provinz Noord-Brabant und Baden-Württemberg weiter zu stärken. Während in deutschen Bundesländern Automobilhersteller wie Daimler und Porsche sowie Zulieferer wie Bosch und Mahle einen schlagkräftigen Industriekomplex bilden, sind niederländische Unternehmen als flexible und kreative Partner besonders interessant. „Ein Hersteller, der mit uns zusammenarbeitet, bietet alles aus einer Hand an: von der Idee bis zu Entwicklung und Produktion.“, sagt Peter Tilleman von Alligator Plastics, ein Produzent von nicht alltäglicher Spritzgussprodukte aus dem Automotivebereich.
„Infolgedessen haben wir kürzere Durchlaufzeiten als viele Wettbewerber.“ Tilleman hat große Erwartungen an den deutschen Markt und will in den kommenden Jahren gute Beziehungen zu den Herstellern aufbauen. „Mein Traum? Dass unsere Kunststoffe in fünf Jahren in einen Stoßdämpfer eines deutschen Automobilherstellers eingebaut werden.“
Gegenseitiges Interesse
Für beide Seiten reicht also ein Besuch niederländischer Unternehmer noch lange nicht aus. Neben der Car Tech Company (die mit einem selbstparkenden und aufladbaren Auto experimentiert) besuchte die niederländische Delegation auch das Forschungsinstitut Arena2036 und den Elektromotorenhersteller Ziehl-Abegg. Ziehl-Abegg, einst mit der Produktion von Ventilatoren groß geworden, hat sich auf die Produktion von hocheffizienten elektrischen Nabenmotoren der neuen Generation spezialisiert. Mit ihnen werden unter anderem Stadtbusse umgerüstet. Dass es dem Unternehmen gut geht, beweist auch das Gourmet-Restaurant im obersten Stockwerk des Kupferzell-Werks. Von diesem schönen Aussichtspunkt ist gut sichtbar, wie der Baugrund auf beiden Seiten der A6 für die nächsten Fabrikhallen vorbereitet wird.
Eifersucht auf die Niederlande
Während niederländische Unternehmer sichtlich beeindruckt sind, wie schnell die Produktion hier abläuft, ist Deutschland neidisch auf die Stimulierung der Elektromobilität in den Niederlanden. „Wir haben wenig Unterstützung von Bundeskanzlerin Merkel bekommen, trotz ihres Versprechens, dass in diesem Jahr eine Million Elektroautos unterwegs sein werden“, sagt der internationale Account Manager Oliver Vahsen vom Ziehl-Abegg.
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Die Niederlande haben einen gewaltigen Vorsprung im Bereich Elektromobilität. Vor allem bei der Infrastruktur ist es für Deutschland noch ein weiter Weg. So sind bundesweit nur 22.000 Ladestationen verfügbar, während die Niederlande mit 122.000 Ladestationen die beste Infrastruktur in Europa besitzen. Durch ein Partner-in-Business-Programm von Regierung und Wirtschaft haben niederländische Elektromobilitätsunternehmen in den vergangenen Jahren in Deutschland bereits einen erheblichen Fortschritt gemacht. Sie sind entschlossen, dies fortzuführen.
Auto der Zukunft
Auf der Arena2036 der Universität Stuttgart arbeiten das Fraunhofer-Forschungsinstitut und der Hersteller Daimler mit zahlreichen Unternehmen in einer flexiblen Fabrik am Auto der Zukunft. Es soll über Apps aktualisiert werden, völlig autonom und elektrisch.
Ungewöhnlich für deutsche Ingenieure ist, dass sie in der Arena 2036 nicht in hierarchischen Strukturen arbeiten, sondern auf kreative Weise Probleme lösen.
„Es war etwas gewöhnungsbedürftig für die Manager der teilnehmenden Unternehmen, aber zwei Drittel der Ideen entstehen hier beim Kaffeetrinken am Arbeitsplatz“, sagt der Gruppenleiter Forschungscampus Arena2036 Thomas Dietz stolz.
Als Nächstes werden die Unternehmen am Automobilzulieferertag, dem Kongress für Zulieferer, in Esslingen teilnehmen. Die Niederlande präsentieren auch ein Diskussionsthema – wie könnte es anders sein – über Elektromobilität.