Merkel verdedigt haar klimaatplan in New York voorde Verenigde Naties, Foto Bondsregering
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In den letzten Tagen herrschte in der Debatte um das deutsche Klimaabkommen Zynismus (Zusammenfassung des Abkommens: siehe unten). Es ist auffällig, dass nicht nur die üblichen Verdächtigen wie Umweltorganisationen und Aktivisten das Abkommen als zu weich bezeichnet haben. Diese Kritik wurde auch von Wissenschaftlern und Ökonomen geäußert.

Nach Ansicht der Kritiker ist die Klimavereinbarung ein schöner Versuch, aber sie geht nicht weit genug. Es ist ein Kniefall vor den Wählern und der Industrie. Der Kohleindustrie wird überhaupt nichts in den Weg gestellt. Der Übergang zu Elektroautos kommt nicht vom Fleck. Es gibt zu wenig Anreize für Industrie und Landwirtschaft, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren. Und….. Und…. und… und… und…. und

Professorin Claudia Kemfert vom DIW-Institut in Berlin in einem alten (stillgelegten) Kohlekraftwerk. Foto DIW

„Das ist eine verpasste Chance”, sagt zum Beispiel Energieexpertin Claudia Kemfert vom DIW-Wirtschaftsinstitut in Berlin. Ihrer Meinung nach muss der gesamte Deal an allen Fronten verschärft werden. „Wenn das nicht geschieht, wird Deutschland seine CO2-Ziele für 2030 nie erreichen”, sagt sie zu Innovation Origins.

So wünscht sich Kemfert beispielsweise, dass für Dieselkraftstoff mindestens so viel Verbrauchssteuer erhoben wird wie für Benzin. Auf einen Schlag werden sich daraus 8 Milliarden Euro ergeben, die für Investitionen in die Eisenbahnen und Ladestationen für Elektroautos sinnvoll eingesetzt werden können. „Es ist doch Wahnsinn, dass einige fossile Brennstoffe immer noch subventioniert werden.“ Ein weiterer Fehler seien die strengeren Vorschriften für Onshore-Windenergieanlagen. „Das Potenzial für die Weiterentwicklung der Windenergie wird daher marginalisiert.“

Am meisten enttäuscht sind die Klimaexperten jedoch über die Einführung einer CO2-Abgabe, die auch in den Niederlanden so umstritten ist. Dass Berlin eine solche Steuer einführt, halten die meisten Menschen für gut und sinnvoll. „Aber wenn Benzin 2021 durch diese Steuer um 3 Cent teurer wird, ändert das nichts am Verhalten der Autofahrer”, sagt ein zynischer Constantin Zerger der Umweltbewegung DUH als Reaktion auf eine Pressemitteilung. „Das ist noch weniger als die täglichen Schwankungen an der Zapfsäule.”

Laut Kemfert konzentriert sich Berlin zu sehr auf den kurzfristigen Bereich. Die Regierungsparteien SPD, CDU und CSU haben Angst, dass sich die Wähler an populistische Parteien wie die AfD wenden und deshalb lieber Maßnahmen ergreifen, die nicht so schmerzhaft sind. Ein gutes Beispiel ist die Kompensation, die Pendler für die CO2-Abgabe erhalten. die nicht so schmerzhaft sind. “Wie um alles in der Welt glaubst du, dass du auf diese Weise etwas ändern kannst”, fragt Kemfert.

Anders Levermann vom Institut für Klimaforschung in Potsdam. Foto PIK

Anders Levermann vom Institut für Klimaforschung (PIK) in Potsdam sieht das genauso. „Dieser Regierungsvorschlag ist ein gutes Beispiel für ein Scheitern der Politik”, sagt er gegenüber dem Spiegel. Wie viele andere Wissenschaftler ist er der Meinung, dass die CO2-Steuer erheblich angehoben werden sollte. Das sei der beste und kostengünstigste Weg, um den Übergang von umweltschädlichen zu sauberen Technologien und Kraftstoffen zu schaffen.

Levermann: „Wenn wir die Klimaziele von Paris erreichen wollen, brauchen wir eine Steuer von mindestens 35 Euro pro Tonne und vorzugsweise noch mehr. Aber die Bundesregierung beginnt mit 10 Euro!” Das sei viel zu wenig, um die Treibhausgasemissionen Deutschlands bis 2030 von 866 Millionen Tonnen auf das Ziel von 563 Millionen Tonnen zu reduzieren.

Gibt es nichts Positives an dem Klimaabkommen? Sicher gibt es das. Die Richtung, die mit der CO2-Steuer eingeschlagen wird. Die Klimatologen hoffen, dass die Dinge genauso laufen werden wie bei der Einführung der Verbrauchsteuer auf Benzin. Zuerst gab es viel Widerstand dagegen. Doch diese Form der Besteuerung hat sich inzwischen weitgehend durchgesetzt. Das Gleiche sollte mit der CO2-Steuer geschehen, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, wie ein Teil dieser Einnahmen an die Öffentlichkeit zurückgegeben wurde.

Ein Bestandteil des Klimaabkommens ist, dass Windkraftanlagen nur weit weg von Häusern gebaut werden dürfen. Dadurch wird das Potenzial, Windkraftanlagen zu bauen, um 50% reduziert. Foto Pixabay

Nachfolgend sind die wichtigsten Punkte der deutschen Klimavereinbarung aufgeführt:

  1. CO2-Abgabe
    Die Berliner Regierung will bis 2021 feste CO2-Preise für den Verkehrssektor und den Energieverbrauch in Gebäuden einführen. Das geschieht durch Zertifikate, die an Unternehmen verkauft werden, die die Kosten dafür z.B. an Autofahrer weitergeben. Die CO2-Abgabe wird schrittweise erhöht. Im Jahr 2021 soll mit 10 € pro Tonne CO2 begonnen werden. Im Jahr 2022 werden es 20 € sein, bis der Preis im Jahr 2025 35 € erreicht. Wenn man das in den Benzinpreis umrechnet, werden es 2021 zusätzliche 3 Cent und 2025 12 Cent sein. Ein Auktionssystem für CO2-Zertifikate mit einem Mindestpreis von 35 € und einem Höchstbetrag von 60 € ist ab 2026 geplant.
  2. Mehr Kontrolle der CO2-Emissionen
    Für verschiedene Wirtschaftszweige, wie Landwirtschaft und Verkehr, wird jährlich bewertet, inwieweit die CO2-Emissionen reduziert wurden. Reicht dies nicht aus, muss das zuständige Ministerium innerhalb von drei Monaten zusätzliche Maßnahmen vorschlagen.
  3. Steuer
    Ab 2021 werden die Kfz-Steuern für Pkw mit hohen CO2-Emissionen steigen. Für Elektroautos mit einem Kaufpreis von weniger als 40.000 Euro wird es eine höhere Kaufprämie geben. Die Kfz-Steuer für diese Preisklasse wird auf 0,25 Prozent gesenkt. Für Lkws wird die Kraftfahrzeugsteuer ab 2023 stärker an den CO2-Emissionen ausgerichtet und gegenüber dem derzeitigen Niveau verdoppelt. Die Pendler werden für die höheren Kosten entschädigt.
  4. Eisenbahnen
    Der Schienenverkehr muss billiger und effizienter werden. Zu diesem Zweck werden bis 2030 weitere 10 Milliarden Euro investiert und die Mehrwertsteuer auf Fernverkehrsfahrkarten von 19% auf 7% gesenkt.
  5. Fliegen
    Flugtickets müssen mindestens doppelt so teuer sein wie die Steuer, der sie unterliegen. Das würde bedeuten, dass selbst das billigste Ticket nicht billiger sein kann als 30 Euro. Darüber hinaus soll die Flughafengebühr erhöht werden, um zusätzliche Investitionen in die Eisenbahn zu finanzieren.
  6. Billigerer Strom
    Um die Verbraucher nicht zu sehr zu belasten, wird die Umweltsteuer auf Strom – der so genannte EEG-Tarif, der Ökostrom fördert – bis 2021 um 0,25 Cent pro Kilowattstunde Strom gesenkt. Im Jahr 2022 wird dieser um weitere 0,25 Cent und im Jahr 2023 um weitere 0,125 Cent sinken. Der EEG-Zuschlag liegt derzeit bei 6,4 Cent, was etwa einem Fünftel des gesamten Strompreises in Deutschland entspricht.
  7. Wind- und Solarenergie
    Im Hinblick auf die Stromversorgung wurde für 2030 ein Ziel von 60% Ökostrom festgelegt. Das setzt mehr Wind- und Solarenergie voraus. Wie Berlin das erreichen will, muss noch genauer ausgearbeitet werden.
    Im Bereich der Windenergie hat Berlin strengere Richtlinien für Onshore-Windenergieanlagen vorgeschlagen. Neue Windkraftanlagen müssen mindestens 1.000 Meter von Wohngebieten entfernt sein, was bedeutet, dass deutlich weniger Platz für neue Windkraftanlagen zur Verfügung steht. Das muss durch mehr Offshore-Windkraftanlagen kompensiert werden. Ziel ist es, die Kapazität bis 2030 von 5 auf 20 Gigawatt zu erhöhen.
    Zudem wird die Fördergrenze für Solarenergie, die auf 52 Gigawatt festgelegt wurde, angehoben.
  8. Gebäudesanierung
    Es wird eine zusätzliche Subventionierung geben, um Gebäude energiefreundlich zu machen.
  9. Ölheizung
    In Deutschland gibt es noch viele altmodische Öl- und Gasheizungen, vor allem in ländlichen Gebieten. Das muss aufhören, und um das zu erreichen, wird es einen Trade-In-Anreiz von bis zu 40 % geben. Neue Ölheizungen werden ab 2026 verboten.
  10. Kosten
    Berlin schätzt, dass das Klimapaket bis einschließlich 2023 zu zusätzlichen Kosten von rund 54 Milliarden Euro für die öffentliche Hand führen wird. Das sind etwa 1,3% des Bruttoinlandsprodukts (BIP).