Im kommenden Jahr soll die europäische Trägerrakete Ariane 6 ihre erste Reise ins All antreten. Bis es soweit ist, müssen aber alle Teile ausführlich getestet werden, inklusive der Triebwerke. Dafür wurde am 26. Februar 2019 am DLR-Standort in Lampoldshausen (Kreis Heilbronn) der neue Prüfstand P5.2 von der DLR-Vorstandsvorsitzenden Prof. Pascale Ehrenfreund, Daniel Neuenschwander, ESA-Direktor für Raumtransport und Pierre Godart, CEO ArianeGroup GmbH, im Beisein zahlreicher Vertreter aus Raumfahrtpolitik, -industrie und Wissenschaft feierlich eingeweiht. Das DLR hat in Lampoldshausen bereits mehrere Prüfstände, auf P5.2 sollen künftig Oberstufen der Ariane-6-Rakete getestet werden.
„Der neue Prüfstand ist eines der größten Projekte in der Geschichte des DLR-Standorts in Lampoldshausen und europaweit einzigartig“, sagte Prof. Ehrenfreund. „Er ist unsere Antwort auf die neuen Anforderungen im weltweiten Raumtransport: anpassungsfähig in kurzer Zeit, flexibel im Einsatz und kosteneffizient. Dieser Prüfstand spiegelt die strategische und wirtschaftliche Bedeutung des europäischen Raumtransports wider und trägt maßgeblich zum Erhalt eines sicheren, wettbewerbsfähigen und unabhängigen Zugangs zum All bei.“
Mit dem neuen Prüfstand könnten in Zukunft kryogene Oberstufen unter Bodenbedingungen getestet werden, heißt es beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Die Besonderheit des Prüfstands liege darin, dass „nicht nur Triebwerke oder deren Komponenten – wie auf den anderen Testständen am Standort – sondern die komplette kryogene Oberstufe, das sogenannte „Upper Liquid Propulsion Module“ (ULPM), der europäischen Trägerrakete Ariane 6“ getestet werden könne.
Vor ihrem Start ins All absolvieren die Triebwerke viele Tausende von Testsekunden an den Prüfständen. „Die Zukunft der europäischen Trägerraketenfamilie und die Zukunft des DLR-Standorts sind eng miteinander verknüpft“, sagte Prof. Stefan Schlechtriem, Direktor des DLR-Instituts für Raumfahrtantriebe. „Wir bauen auf 60 Jahre Erfahrung, und unser Ziel ist klar: Mit unseren Prüfständen sind wir als europäisches Forschungs- und Testzentrum in der Lage, alle notwendigen Testkampagnen für Flüssigantriebe der Ariane durchzuführen, von der Entwicklung über die Qualifikation bis hin zu Abnahmetests.“
Komplette Stufentests für kürzere Entwicklungszeiten
Der Grundstein für den Prüfstand P5.2 wurde bereits im Herbst 2014 gelegt, die Inbetriebnahme durch das DLR-Institut für Raumfahrtantriebe soll bis Ende 2019 erfolgen. „Diese in ihrer Bauweise einzigartige Anlage ermöglicht den DLR-Ingenieuren sowohl Be- und Enttankungs-, als auch komplette Stufentests, bei denen die Oberstufe mit laufendem Triebwerk betrieben wird“, erläuterte Prof. Hansjörg Dittus, Mitglied des DLR-Vorstands für Raumfahrtforschung und -technologie und hob die Vorzüge des DLR-Standorts in Lampoldshausen hervor. An keinem anderen Standort der europäischen Raumfahrt sei die Verzahnung zwischen Forschung, Entwicklung, Design und Planung sowie Triebwerktests an Großprüfständen für Raumfahrtantriebe so eng. „Wir verkürzen so die Entwicklungszeiten und erhöhen signifikant den Reifegrad der chemischen, flüssigen Raumfahrtantriebe. Um die Kontinuität des Standorts nach der Ariane-6-Entwicklung zu sichern, werden die Teststände auf Methan-Verbrennung ausgebaut“, sagte er.
Der neue Prüfstand P5.2 für Ariane 6 wurde im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation ESA im Rahmen der Entwicklung von Ariane 6 entwickelt und gebaut. Die Gesamtinvestitionen lagen bei 50 Millionen Euro aus den deutschen ESA-Beiträgen zum Ariane-6-Entwicklungsprogramm. Die geplante Großinvestition von 30 Millionen Euro trägt auch zu den europäischen Plänen zur Entwicklung des neuen Prometheus-Methan-Triebwerks bei.
„In Zeiten des disruptiven Wandels der Raumfahrtbranche weltweit, in denen das Wettbewerbsumfeld mit neuen Playern immer komplexer wird und die Taktung bei Innovationen fortschrittlicher Technologien enorm steigt, ist ein moderner und effektiver Entwicklungs- und Teststandort für flüssige, chemische Raumfahrtantriebe entscheidend für die Zukunftsfähigkeit der deutschen und der europäischen Raumfahrt“, betonte Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstand für das Raumfahrtmanagement. „Der flexible Einsatz der Prüfstände wird dabei zum zentralen Hebel für effizientere Entwicklungs- und Abnahmeprozesse in der Raumfahrt.“
Titelbild: © DLR
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