Altreifen (old auto-tires) (c) Pixabay - Wolfgang Eckert
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Das Verbrennen von Altreifen belastet die Umwelt und vernichtet endliche Rohstoffe. Ein österreichisches Startup hat eine Recycling-Technologie entwickelt, die den hochwertigen Rohstoff recovered Carbon Black (rCB) hervorbringt und eine Kreislaufwirtschaft etabliert.

Die Mengen der zu entsorgenden Altreifen sind enorm: Jährlich fallen in der Europäischen Union neun Millionen Altreifen an. Das Gros wird in Industrie-Öfen verbrannt. Altreifen haben einen hohen Brennwert und gelten als Ersatz-Brennstoff. Man spricht von thermischer Verwertung. Tatsächlich sind Altreifen zu wertvoll, um verbrannt zu werden. Zu viele endliche Ressourcen, die in die Produktion und Nutzungsdauer eingehen. Bei Reifen für einen einzigen Personenkraftwagen werden über neunhundertzwanzig Kilogramm mineralische, fossile und andere natürliche Ressourcen verbraucht. Bei einer Jahresproduktionsmenge von 1,5 Milliarden Neureifen entspricht das in Summe einer weltweiten Ressourcenverschwendung von dreihundertfünfzig Millionen Tonnen jährlich.

Rohstoffliches Recycling

Bisher ist das Recycling von Altreifen an einer industrietauglichen Lösung gescheitert. Gründe waren hohe Investitionskosten, hohe laufende Kosten und sehr starre und hochkomplexe Arbeitsabläufe. Der für das Recyling relevante Rohstoff in Reifen ist der Gummi, der aus Kohlenstoffverbindungen besteht.

Das Startup Carbon Recovery hat nach jahrelanger Entwicklungsarbeit eine industrietaugliche Methode zur Wiedergewinnung der Rohstoffe entdeckt. Es handelt sich dabei um ein zero-waste-Verfahren, das umweltfreundlich ist und hochwertige Rohstoffe hervorbringt. In einem geschlossenen und kontinuierlichen Vakuum-Niedertemperatur-Schwelverfahren (VNP-Verfahren) werden die langkettigen Kohlenstoffstrukturen wieder in gasförmige, flüssige und feste Kohlenstoffe aufgelöst. Die wiedergewonnenen Rohstoffe sind ein vollwertiger Ersatz für die ursprünglich in Reifen oder in technischen Gummiprodukten verwendeten Rohstoffe und etablieren eine Kreislaufwirtschaft.

Rohstoffliches Recycling

Für den rohstofflichen Recyling-Prozess werden Altreifenschnitzel zugekauft und einer thermo-chemischen Spaltung zugeführt. Dies geschieht in einer Art Backofen bei einer Temperatur von etwa fünfhundert Grad. Dabei werden die langen Gummimoleküle gezielt aufgespalten. Anders als bei Verbrennung und Vergasung geschieht dies zwar bei hoher Temperatur, aber unter Sauerstoffausschluss.

Dabei entstehen gasförmige Kohlenstoffverbindungen (60%) und Feststoffe (40%). Das Gros der gasförmigen Anteile wird durch Kondensation zu dieselartigem Öl umgewandelt. Dieses kann als Kraftstoff oder chemischer Rohstoff eingesetzt werden. Ein kleiner Teil des Gases wird umweltfreundlich zur Beheizung des Ofens verwendet.

Nach einer Stunde Backzeit bleibt schwarzer Staub übrig. Dieser besteht zu neunzig Prozent aus reinem Kohlenstoff und wird als hochwertiger Rohstoff unter der Bezeichnung recovered Carbon Black (rCB) gehandelt.

Umweltfreundlich

Jeder Liter nicht neu gefördertes Öl schützt die Umwelt, so das Mantra des Startup. Tausend Kilogramm rCB sparen die Förderung von zweitausend Liter Öl und vermeiden den Ausstoß von 5000 Kilogramm CO2.

Das Verfahren kann den ursprünglichen Rohstoff vollkommen ersetzen und bringt recycelfähige Rohstoffe hervor, so dass eine Kreislaufwirtschaft etabliert werden kann. Wobei das Verfahren nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch ist. Eine Tonne Altreifenschnitzel wird um fünfzig Euro zugekauft und die wiedergewonnenen Rohstoffe erzielen einen Marktpreis von fünfhundertsiebzig Euro. Carbon Black ist ein unersetzbarer Werkstoff in der Reifen- und Gummi-Industrie. Jährlich werden in der Reifen- und Gummi-Industrie weltweit vierzehn Millionen Tonnen benötigt.

Ambitioniertes Geschäftsmodell

Mit der Pilotanlage errichtete das Startup einen Standort im Großraum Wien, der Mitte 2019 in Betrieb gehen soll. Die Anlage hat eine Kapazität von 8000 Tonnen Altreifen jährlich. Das Geschäftsmodell ist ambitioniert: Im Dezember 2018 wurde eine Neuinvestition erfolgreich auf Conda finanziert. Bis 2022 sollen weitere Anlagen in Österreich und anderen europäischen Ländern errichtet werden. 2023 sollen die Conda Investoren plus Unternehmensbeteiligung zurückgezahlt werden.

Hinter Carbon Recovery stehen drei ausgewiesene Experten. Der technische Leiter, Drago Wolf, beschäftigt sich schon seit zwanzig Jahren mit der Wiedergewinnung von Wertstoffen aus Kraftfahrzeugen. Der für Geschäftsentwicklung und Vertrieb zuständige Claus Lamer bringt seine Erfahrungen in den Bereichen Life Science und erneuerbare Energien sowie Umwelttechnik ein. Der Geschäftsführer Christian Konvalina kommt aus dem Zentraleinkauf von Supermarktketten.

 

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