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Noch vor zwei Jahren war sich die deutsche Automobilindustrie völlig uneins. Bis auf VW-Chef Diess wollte sich keiner auf die Elektromobilität festlegen, ja man prophezeite VW den Untergang, sollte sich der Konzern auf Elektroautos konzentrieren.

Zu dieser Zeit hatte beinahe jeder deutsche OEM ein vom Staat subventioniertes Wasserstoff-Projekt am Laufen. Daimler baute eine Kleinserie von Wasserstoff-SUVs, Audi engagierte sich mit einem Wasserstoff-A7, genannt h-tron, und BMW macht immer noch mit einem umgebauten X5 von sich Reden, der in Kleinserie 2022 auf den Markt kommen soll.

Opel, jetzt zu Stellantis gehörend, geht gar einen Schritt weiter und stellte letzten Monat ein H2-PHEV vor. Allerdings nicht im Pkw-Bereich, sondern als LCV (Light Commercial Vehicle) für Handwerksbetriebe und Lieferservices.

Auf Eis gelegt

Trotzdem scheint sich in den deutschen Management-Etagen Ernüchterung breit gemacht zu haben, denn neben Daimler hat auch der VW-Konzern die Weiterentwicklung der Brennstoffzelle im Pkw-Bereich auf Eis gelegt. Diess sprach gar, wie sein US-Kollege Elon Musk, von der „Foolcell“. Zulieferer wie Bosch und Faurecia hingegen setzen weiter auf den Brennstoffzellenantrieb, wenngleich eher in Nutzfahrzeugen. Das gilt auch für die namhaften Lkw-Hersteller wie Daimler Trucks, Volvo & Co.

Und dann ist da noch er deutsche Stammtisch. Ganze Legionen von „Petrolheads“ weigern sich kategorisch an eine Elektro-Auto-Revolution zu glauben und „warten auf den Wasserstoff“. Ihr „Bauchgefühl“ sagt ihnen, dass der Wasserstoff die einzige Alternative zum Verbrenner sein werde – schließlich gehe das „Auftanken“ genauso schnell wie immer.

Leider sieht die Realität anders aus. Der Wasserstoff-Pkw wurde nicht von einer ominösen „Stromer-Lobby“ gekillt, sondern ist schlicht in der jetzigen Form nicht konkurrenzfähig.

Durchbruch

Fünf zentrale Nachteile verhindern einen „Durchbruch“. 

 • Kosten – Brennstoffzellenfahrzeuge sind erheblich teurer als Stromer

• Convenience – das Angebot von H2-Tankstellen ist in Europa noch äußerst gering

• Performance – selbst modernste H2-Pkw, wie der neue Toyota Mirai sind nicht wirklich echte „Fahrmaschinen“ wie beispielsweise ein Tesla Model 3

• Umwelt – der Bedarf an „grünem Wasserstoff“ kann nur durch teure Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Studien gehen davon aus, dass mehr als 5x soviel Windkraft und Solarkraft für eine nennenswerte Wasserstoffindustrie nötig sein wird, wie derzeit installiert ist.

• Wettbewerb – die OEMs haben sich überwiegend für das reine Elektroauto entschieden

Warum also beschwören so viele deutsche Politiker wie Wirtschaftsminister Peter Altmaier und eine Reihe von Wirtschaftslenkern wie Bosch CEO Volkmar Denner den Wasserstoff im Individualverkehr?

Das ist und bleibt das große Mysterium des Jahres 2021. Allerdings scheint „der Markt“ der „Early Adopter“ hier mehr Klarheit zu bringen. Im Monat April betrug das Plus an zugelassenen Elektroautos in Deutschland rund 414 Prozent zum Vorjahresmonat …

Zu dieser Rubrik:

In einer wöchentlichen Kolumne, abwechselnd geschrieben von Bert Overlack, Eveline van Zeeland, Eugene Franken, Helen Kardan, Katleen Gabriels, Carina Weijma, Bernd Maier-Leppla und Colinda de Beer versucht Innovation Origins herauszufinden, wie die Zukunft aussehen wird. Diese Kolumnisten, manchmal ergänzt durch Gastblogger, arbeiten alle auf ihre Weise an Lösungen für die Probleme unserer Zeit.