Foto Daria Nepriakhina /Pixabay
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„Was für eine Stadt wollen wir sein”, eröffnet die Stadtentwicklerin Eva de Klerk am Donnerstagabend ihre Keynote-Rede während des Münchener Abends des Stadtfestivals „We Make The City“ in Amsterdam. Sie findet, dass die Stadtbewohner auf der ganzen Welt zunehmend unzufrieden mit dem Massentourismus und anderen vom Geld angetriebenen Entwicklungen sind, bei denen die Bebauung jedes Quadratmeters jegliche Kreativität erstickt. Vor allem aber will sie deutlich machen, dass Städte angesichts solcher Entwicklungen nicht machtlos sein müssen. „Die Antwort ist eine Beteiligung der Bewohner und Lokalismus.”

NDSM-Werft

Bekannt wurde De Klerk durch die Entwicklung der NDSM-Werft in Amsterdam Nord zu einer der größten, ältesten und bekanntesten Brutstätten der Welt für Künstler. Nicht von alleine, sondern mit den Usern. 250 Bewohner der Stadt arbeiten heute in rund 85 Studios: eine Mischung aus Künstlern, Designern, Kreativen und Handwerkern. Das Projekt war so erfolgreich, dass die Expertise von De Klerk nun weltweit gefragt ist. „Ich arbeite jetzt für Volkswagen in Tokio, in Seoul und auf dem ehemaligen Flughafen Berlin Tempelhof. Überall, wo ich hingehe, merke ich, dass es eine Bewegung in Richtung Bewohnerbeteiligung gibt.”

De Klerk zeigt in ihrem Vortrag, dass die Beteiligung der Bewohner, im Gegensatz zu dem, was das Konzept vermuten lässt, kein vager und unorganisierter Prozess ist. „Das Kollektiv gibt die Richtung vor, aber der Prozess muss gut dokumentiert sein. Transparenz, auch im Finanzbereich, ist sehr wichtig, denn man will vermeiden, dass der äußere Einfluss zu stark wird.”

Keine Modeerscheinung

Sie warnt davor, dass Beteiligungsprojekte nicht nur eine Modeerscheonung sein sollten. „Die Stadtverwaltungen scheinen sie immer noch als Experimente zu betrachten. Ich sage aber: Sie sind eine echte Alternative zu den Marktkräften. Wenn man es als Experiment sehen will, dann sollte man es als ein dauerhaftes Experiment sehen. Städte brauchen freie Flächen, an denen sich die Bewohner selbst organisieren können.”

In einem Appell an die gut vertretenen Stadtverwaltungen von Amsterdam und der Gastgeberstadt München fordert De Klerk eine stärkere Bürgerbeteiligung. „Es scheint unmöglich, ist aber nicht unvorstellbar.”

Drei Männer namens Hans

Der zweite Hauptredner des Abends ist Christoph Hilger, Architekt aus München. Er spricht darüber, wie schwierig es ist, in der Stadtentwicklung alle zufrieden zu stellen. Als Beispiel nennt er drei Männer namens Hans, hypothetische Bewohner der bayerischen Hauptstadt. Der erste Hans ist ein typischer Bayer in Tracht, der zum Oktoberfest geht und die traditionelle Architektur liebt. Der zweite Hans liebt die moderne Architektur und ist mit einem Mann verheiratet. Der dritte Hans ist zum Moslem geworden und ist mit seinen Freunden Mitglied in einem Motorradclub. Hilgers Botschaft lautet: „München muss aufgeschlossen sein. Eine Stadt für alle ist möglich, aber die Stadt muss es möglich machen.”

Nachhaltige Stadt

Neben der Stadtentwicklung geht es am Abend auch darum, die Stadt nachhaltiger zu gestalten. Die Gastgeberstadt München hat eine Auswahl von Unternehmen eingeladen, die ihren Beitrag vorstellen dürfen. Ein gutes Beispiel ist das Start-up-Unternehmen Greenstyle, das nachhaltige Modedesigner unter einem Dach vereint. Wie Amsterdam hat auch München mit einer überlasteten Innenstadt und strengeren europäischen Normen im Bereich der Luftqualität zu kämpfen. Und wie in den Niederlanden ist auch in Deutschland die Zunahme der Paketzusteller in stinkenden Dieselfahrzeugen ein großes Problem. Peter Blösl, Münchens Manager von UPS (dem größten und ältesten Zustelldienst der Welt), erklärte, wie sein Unternehmen versucht, das Problem anzugehen. Deutschland mag als Autoland bekannt sein, aber München, so Blösl, „ist die Fahrradhauptstadt Deutschlands. Wie in Amsterdam sprechen wir darüber, die Innenstadt autofrei zu machen, aber das scheint vorerst eine ziemlich radikale Lösung zu sein. Ich rede lieber von einer autoreduzierten Stadt.”

Laut Blösl sind sich alle in Deutschland einig, dass die Entwicklung beschleunigt werden muss. UPS leistet seinen Beitrag mit einem Fahrradkurierdienst, der heute mit 24 Vollzeitfahrern der größte aller UPS Standorte weltweit ist. „Dadurch werden täglich mehr als 500 Stopps vermieden. Neben der Reduzierung der Umweltbelastung entsteht auch ein positiveres Image. In München spricht man von Paketraketen, wenn man von UPS spricht. Natürlich bleibt Deutschland für die Außenwelt das Land von BMW und Audi und Amsterdam die Stadt der Fahrräder. Aber morgen fahre ich zu unseren Niederlassungen in Amsterdam und Utrecht, um zu erklären, wie man macht.”

Das Stadtfest „We Make The City“ dauert noch bis Sonntag. Hier gibt es das gesamte Programm und hier den Beitrag aus München.