Vor zwei Jahren brachte Professor David Schlipf vom Windenergie-Institut der Hochschule Flensburg Windenergieanlagen das Sehen bei. Die Anlagen erkennen Böe im Anflug mittels eines Lidar-Messgeräts und können darauf reagieren. „Die Anlage kann dann die Rotorblätter aus dem Wind nehmen“, sagt Schlipf. „So wird etwa die Belastung reduziert. Die Anlage läuft ruhiger.“ Dank des Lidar-Systems kann die Anlage den Windstoß quasi sehen, was die Windenergieanlagen intelligenter macht.
Bereits während seiner Promotion hat Schlipf an der vorausschauenden Regelung gearbeitet. „Ich habe es dann in den USA auf einer echten Anlage weltweit erstmalig testen können. Es war schon Pionierarbeit.“ Jetzt sollen die Anlagen noch intelligenter werden, indem David Schlipf und sein Doktorand Feng Guo die Augen, d.h. das Lidar-Messgerät, smarter machen.
„Smart Lidar“
„Jetzt wollen wir das System aufmotzen“, sagt David Schlipf. Und die Assoziation mit „Smart Home“ und Apps wie auf dem Smartphone kommt dem recht nahe, was Schlipf mit der Entwicklung eines „Smart Lidar“ erreichen will. „Wir forschen im Rahmen eines Europäischen Forschungshaben an Applikationen, mit deren Hilfe die Rohdaten des Lidar Systems in bessere und auf die Situation angepasste Signale für die Anlage umgewandelt werden“, erläutert der Professor.
Die bisher bei den bestehenden Lidar-Systemen gewonnenen Rohdaten seien nur bedingt brauchbar für eine dauerhafte Echtzeit-Regelung der Windenergieanlage. Durch die Beachtung regelungstechnischer Aspekte oder die Anpassung an die Umgebung des Standortes (Offshore oder Bergkante) könne sich die Anlage künftig noch besser auf den Wind einstellen und miteinander kommunizieren, so Schlipf.
Verschiedene Szenarien
Darüber hinaus haben sich Schlipf und sein Team mit ihrem aktuellen Forschungsprojekt ein weiteres Ziel gesetzt. Die Hersteller von Windenergieanlagen bekommen mit einem smarten Lidar-System die Möglichkeit, diese zu zertifizieren. Sie könnten mithilfe der Applikationen verschiedene Windszenarien an verschiedenen Standorten durchspielen. Dadurch könnten sie zum Beispiel zeigen, „dass die Anlagen den Gegebenheiten am Berghang ebenso standhält wie denen an Offshore-Standorten“.
Ein Lidar-Hersteller hat dem WETI aktuell einen neuen Prototyp für die Forschung gestiftet.
Titelbild: Vorausschauend: Professor David Schlipf, Doktorand Feng Guo und Studentin Thi Le lassen die Windenergieanlage mithilfe eines „Smarten“ Lidar-Systems Windböen erkennen. Foto: Marcel Schedat