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About Hallo Welt Systeme UG (haftungsbeschränkt)

  • Founders: Dr. Jörg Wurzer
  • Founded in: 2017, Markteintritt 2020;
  • Employees: 20
  • Money raised: Eigenkapital, Crowdfunding, Umsätze in Höhe von über 1 Mio. Euro;
  • Ultimate goal: Anwendern langfristig nachhaltige Produkte für einfache und sichere Kommunikation zu bieten;

Das Smartphone hat uns das mobile Internet gebracht – und ist mittlerweile für die meisten von uns unentbehrlich. Umso problematischer zeigt sich die zunehmende Komplexität der Geräte, die akkubedingte Kurzlebigkeit und der mangelnde Schutz der Nutzerdaten. Für den deutschen Philosophen, Journalisten und Unternehmer Dr. Jörg Wurzer, war das der Anlass, sich auf die Suche nach einer Alternative zu machen. Als er feststellte, dass es diese Alternative nicht gab, machte er sich in seinem Start-up  Hallo Welt Systeme selbst an die Entwicklung. Das war 2017. Vier Jahre später präsentierte er sein Volla OS, ein Smartphone, das auf einem freien Android basiert, cloudunabhängig ist und ohne Google Apps und Play-Dienste auskommt. In dieser Folge der Serie Start-up of the Day spricht Wurzer über seine Vision und die Herausforderungen der Umsetzung:

Welches Problem lösen Sie mit Volla Phone und warum ist das wichtig? 

Smartphones erfordern viel Zeit und Aufmerksamkeit. Der Grund liegt nicht nur in unzähligen Apps, sondern auch in einer zunehmend komplizierten Bedienung. Ich finde, die Bedienung soll einfach und schnell sein und möchte Anwendern Zeit und Aufmerksamkeit für die Dinge zurückgeben, die wirklich zählen. 

Außerdem bin ich gegen die ausufernde Sammlung von Nutzerdaten moderner Smartphones und die Bevormundung durch Apple und Google, die zur Verwendung Ihrer Clouddienste nötigen. Hier will ich den Anwendern die Freiheit zurückgeben, selbst zu entscheiden, mit wem und wann sie welche Daten teilen möchten. 

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Der Gründer von Hallo Welt Systeme, Dr. Jörg Wurzer (c) Volla Phone

Welche Hürden mussten Sie nehmen?

Es ist schon verrückt, eine neue Smartphone Marke aufzubauen. Sicher war die größte Herausforderung, das notwendige Kapital zu beschaffen. Aber es war nicht die einzige Herausforderung. Ein großer Meilenstein in der Gründungsphase war, eine geeignete Lösung für die Produktion zu finden. Mit Gigaset Communications haben wir einen passenden Partner gefunden. 

Vor dem Aufgeben stand ich mit Volla noch nicht. Aber die Belastung durch Steuern, Auflagen und Abgaben in Deutschland ist hoch und das macht es fast unmöglich, ein Unternehmen mit einem komplexen technischen Produkt aufzubauen.

Welche Leistungen haben Sie stolz gemacht?

Eines der schönsten Momente war sicher, die erste Charge aus der Fertigung in Empfang und das Volla Phone in die Hand zu nehmen. Es ist was Reales, etwas Geschaffenes.

Wir beliefern mit Volla nicht nur Geschäftskunden, sondern auch private Anwender – und das ist schön, weil wir von letzteren so viel Unterstützung und Motivation bekommen. Es gibt Anwender, die uns Urlaubsfotos senden, die Sie mit dem Volla Phone gemacht haben. Jüngst schickte uns ein begeisterter Kunde als Dank sogar einen Baumkuchen. Zu den schönsten Momenten zählen sicher auch unsere Aktionstage, die uns persönliche Begegnungen mit unserer großartigen und bunten Community ermöglichen. 

Die Unterstützung der Community und die Begeisterung der Mitarbeiter machen mich stolz und dankbar.

 

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Kampagne Volla Phone (c) Volla Phone

Wie konnten Sie die Finanzierung meistern?

Ich bin den Weg diesmal bewusst ohne Venture Capital gegangen, um unabhängig zu sein und auch zu bleiben. Unter anderem, weil Volla eine Marke sein soll, die ihr Versprechen langfristig erfüllt und nicht nach wenigen Jahren an Big Tech verkauft wird. Deshalb habe ich eigenes Geld eingesetzt, um ein Crowdfunding zu starten. Vergangene Woche haben wir unsere dritte Kampagne gestartet, deren Finanzierungsziel wir diesmal in weniger als sechs Stunden erreicht haben.  

Was sind die Herausforderungen am Standort?

Durch die hohen Belastungen an Steuern und Auflagen in Deutschland und der EU, wird es Gründern schwergemacht, Innovationen umzusetzen. Ein Kapitalmarkt fehlt fast vollständig. Banken haben ihre Rolle als Kreditgeber schon lange aufgegeben. Hinzu kommt, dass der europäische Markt durch die verschiedenen Sprachen und Kulturen sehr fragmentiert ist. Marketing-Kampagnen sind immer national oder auf einen Sprachraum bezogen. Da haben es Start-ups in den USA sicher einfacher. 

Andererseits haben wir in Deutschland – im Vergleich zu anderen Europäischen Ländern – derzeit noch den Vorteil eines starken Markts. Außerdem haben wir hier auch einen starken Mittelstand, der bereit ist, zusammenzuarbeiten und Großartiges zu leisten. Ohne die Flexibilität und Zuverlässigkeit unserer Partner und Lieferanten wäre Volla nicht möglich. Wir sind ein Unternehmen mit regionalen Lieferanten und internationalen Entwicklern. Das macht uns stark – und das gilt ganz besonders in Zeiten gestörter Lieferketten. 

Was sind Ihre langfristigen Ziele?

Volla steht in einem größeren Kontext. Neben dem Marktsegment, das wir neben dem Duopol von Apple und Google erschließen wollen, werden wir weitere Produkte anbieten, die eine einfache und sichere Kommunikation ermöglichen. Ich will nicht zu viel vorgreifen, weil ich kein Freund von heißer Luft bin. Aber wir werden uns auch mit einer Alternative zu den Cloud- und Messenger-Diensten von Big Tech beschäftigen. Auch hier gibt es großartige neue Technologien und die Möglichkeiten Nutzerdaten zu schützen.

Was macht Ihre Innovation besser/anders als existierende Dinge?

Zwei Dinge möchte ich beispielhaft erwähnen: 

Statt Apps stellt unser Betriebssystem Volla OS eine unmittelbare Bedienung in den Vordergrund. Hierfür haben wir das Konzept eines  Sprungbretts eingeführt. Dabei geben Sie etwas in ein intelligentes Textfeld ein und das System erkennt Ihre Absicht. Es schlägt eine Vervollständigung von Namen Ihrer Kontakte oder Funktionen vor, wie das Versenden einer Nachricht oder einen Anruf zu tätigen. Weitere Alltagsfunktionen können Sie mit einer Geste über eine Art Schnellmenü aufrufen.

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Ausgangsposition ist das ‘Sprungbrett’ (c) Volla Phone

Unsere Volla Phones sind frei von Google und unabhängig von jeglicher Cloud. Die Entscheidung, ob und welche Dienste sie verwenden wollen, obliegt den Anwendern selbst. Wir achten darauf, dass unsere Betriebssysteme für die Volla Phones die Privatsphäre und Nutzerdaten der Anwender konsequent und bis ins Detail schützen. 

Der Erfolg bestätigt unser Konzept: Wir haben das erste Volla Phone im Oktober 2020 regulär ausgeliefert und seither schon tausende Geräte in über 55 Länder der Welt verschickt.

Hiring?

Wir suchen immer wieder Mitarbeiter und aktuell einen Mitarbeiter für die Volla-Bar, das ist die Beratung unserer Kunden an unserem Standort.

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