Partikelfilter (c) TU Graz - Lunghammer
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Ein internationales Konsortium entwickelte ein neues Messsystem, das es erstmals ermöglicht, ultrafeine Schadstoffpartikel aus Abgasen zu messen. Die neue Technologie  unterstützt die Durchsetzung strengerer Abgasnormen und damit den Green Deal der Europäischen Kommission.

Der Green Deal soll die Europäische Union bis 2050 klimaneutral machen – zum Schutz der Umwelt und der Menschen. Eine geplante Maßnahme ist dabei die Einführung strengerer Abgasregelungen.

Derzeit liegt der gesetzlich festgelegte Grenzwert des Schadstoffausstoßes bei Fahrzeugen bei 6×1011 Partikel pro Kilometer (Euro-6d-Temp). Die Regulierung betrifft nur Schadstoffpartikelanzahlemissionen über 23 Nanometer (nm). Kleinere Schadstoffpartikel können bei Abgastests derzeit nicht erfasst werden. Das ist insofern problematisch, als

  • diese von neuen Generationen von Verbrennungsmotoren in einer noch viel höheren Anzahl emittiert werden;
  • Schadstoffpartikel dieser Größe noch viel gesundheitsschädlicher sind, da diese ungehindert in die Lunge eindringen können;

Isolation fester Schadstoffpartikel

Bisher konnten so kleine Schadstoffpartikel nicht erfasst werden, weil im Bereich unter 23 Nanometer viele Schadstoffpartikel in flüssiger Form im Abgas vorhanden sind. Diese Tröpfchen sind flüchtig und nicht so stark gesundheitsgefährdend wie die festen Schadstoffpartikel. Um sicherzustellen, dass beim Messen nicht irrtümlich flüssige Schadstoffpartikel erfasst werden, müssen diese entfernt werden. Mit aktuellen Messmethoden war es nicht möglich, die flüssigen Schadstoffpartikel von den festen zu trennen. Dem internationalen Konsortium gelang dies durch zwei Aspekte:

  • ein optimiertes Verdünnungssystem;
  • die Oxidation von Kohlenwasserstoffen mithilfe eines Katalysators;

Mobiles Emissionsgerät

Zentral im neuen Messsystem ist ein mobiles Emissionsgerät, das am Auspuff des Fahrzeugs befestigt wird und dort ultrafeine Schadstoffpartikel misst. Erfasst werden sowohl neue als auch gealterte Schadstoffpartikel.

Diese Unterscheidung ist insofern wichtig, als es sich bei den gealterten Schadstoffpartikeln nicht zwingend um solche handeln muss, die vom Fahrzeug verursacht wurden. Die atmosphärisch gealterten Schadstoffpartikel können auch aus dem Meer, aus der Landwirtschaft, aus Wäldern oder von natürlichen Prozessen stammen.

In Kombination mit einem Aerosol-Massenspektrometer lässt sich

  • das Verhältnis der Fahrzeugemissionen zu gealterten Schadstoffpartikeln (sogenannten sekundären Aerosolen) untersuchen;
  • feststellen, ob diese durch den Schadstoffausstoß erzeugt wurden;

Unterstützung für die Automobilindustrie

Die erfassten neu produzierten Emissionen des Autos werden vor der Analyse künstlich atmosphärisch gealtert, bevor sie mit den Daten zu den sekundären Aerosolen abgeglichen werden. Das Resultat zeigt den realen Einfluss der Autoabgase auf die Luftqualität.

Tests am Rollenprüfstand des Instituts für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik der TU Graz, aber auch im praktischen Fahrbetrieb (Real Driving Emissions – RDE), bestätigen die Robustheit des Verfahrens.

Das System liefert ein besseres Verständnis zur Entstehung von Sekundär-Aerosolen durch Auto-Abgase. Als solches kann es Automobilhersteller dabei unterstützen,

  • umweltfreundlichere Verbrennungsmotoren zu entwickeln;
  • die Fahrzeugemissionen durch Abgasnachbehandlungen zu reduzieren;

Außerdem kann der Forschungserfolg als Grundlage für eine neue Abgasgesetzgebung dienen.

Das Projekt

Das Forschungsprojekt DownToTen wurde aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 der Europäischen Union gefördert. Teil des internationalen Konsortiums waren zwei Institute der TU Graz: das Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik und das Institut für Elektrische Messtechnik und Sensorik.

Schadstoffpartikel,
Schadstoffpartikelfilter (c) TU Graz – Lunghammer

Foto: (von links): Lukas Landl (Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik der TU Graz), Panu Karjalainen (Aerosol Physics Laboratory der Universität Tampere) und Markus Bainschab (Institut für Elektrische Messtechnik und Sensorik der TU Graz) © Lunghammer – TU Graz

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