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Leerfahrten, d.h. Lastwagen oder auch Güterzüge, die leer wieder an ihren Heimatort zurückfahren, nachdem sie ihre Ladung abgeliefert haben, machen einen großen Anteil aller gefahrenen Kilometer im Lastverkehr aus. Laut Zahlen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) legten LKWs im Jahr 2019 alleine in Deutschland bei 155,4 Millionen Leerfahrten ganze 6,595 Milliarden Kilometer zurück. Im Verhältnis dazu stehen insgesamt 263,7 Millionen Lastfahrten und 23,821 Milliarden Lastkilometer.

Ein Grund für diese vielen Leerkilometer ist unter anderem, dass Unternehmen alles tun, damit die Konkurrenz nichts über das eigene Auftragsvolumen, die Kosten oder Stammkunden erfährt. Forscher der Universität Klagenfurt untersuchen nun, wie die “Sharing Economy”, also ein kollaboratives Fahrzeugrouting, zwar die innersten Geheimnisse wahren und trotzdem die Logistikbranche verändern könnte.

“Die Sharing Economy ist auf dem Vormarsch. Traditionelle Geschäftsmodelle müssen angepasst werden und Akteure müssen lernen, wie sie in einer Welt der geteilten freien Kapazitäten und digitalen Plattformen überleben können“, so Margaretha Gansterer vor der Abteilung für Produktionsmanagement & Logistik. Sie leitet das Projekt mit dem Titel “EMIL – Exchange Mechanisms in Logistics“, das an der Universität Klagenfurt und der Universität Wien durchgeführt und vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF finanziert wird.

Hürden abbauen

“In unserem Projekt konzentrieren wir uns auf horizontale Kollaborationen, bei denen Unternehmen auf der gleichen Ebene einer Lieferkette Ressourcen durch den Austausch ausgewählter Transportaufträge mit ihren Mitbewerbern teilen”, erklärt Margaretha Gansterer. Dieser Austausch könnte über digitale Plattformen geschehen, indem Transportdienstleister ihre Informationen über ihre Aufträge so austauschen, dass Leerfahrten soweit wie möglich vermieden werden. Derartige Plattformen gibt es zwar bereits, sie schöpfen das Potential solcher Kollaborationen jedoch nur zum Teil aus. Um das zu optimieren, müssen noch einige Hürden überwunden werden.

Erstens möchten konkurrierende Unternehmen natürlich keine wichtigen Informationen teilen. Zweitens muss auch ein Weg gefunden werden, die Kosten und auch den Gewinn fair aufzuteilen. Erst, wenn diese Fragen zur Zufriedenheit aller gelöst sind, können Transportaufträge zwischen konkurrierenden Akteuren effizient verteilt werden.

Die Forscher arbeiten nun an Mechanismen, die auf der einen Seite mit möglichst geringem Informationsaustausch auskommen und auf der anderen Seite die Transportaufträge fair und kostengünstig aufteilen können. Ein Weg zum Ziel sind hier Auktionssysteme, die über ein Bieterverfahren gute Aufteilungen von vorhandenen Kapazitäten finden, ohne dass die Unternehmen dabei sensible Daten, wie Kosten oder Stammkunden, offenlegen müssen.

Anreize schaffen

Darüber hinaus sollte der Vergabeprozess so gestaltet sein, dass möglichst viele Transportdienstleister Anreize sehen, nutzenbringend teilzunehmen, wie zum Beispiel, dass gemeinsame erzielte Gewinne fair aufgeteilt werden, sagen die Wissenschaftler. Daher ist eine der zentralen Problemstellungen von EMIL auch, wie eine solche Gewinnaufteilung gestaltet sein könnte. “Letztlich wollen wir die Gesamteffizienz der Transportindustrie erhöhen, indem in Summe kostspielige und umweltbelastende Leerfahrten vermieden werden“, so Gansterer.

Erreicht werden soll das Ziel mithilfe von komplexen, wissenschaftlichen Methoden aus dem Operations Research und der Spieltheorie. “Weil das Gesamtproblem sehr komplex ist, sind rechnergestützte Studien die einzige Möglichkeit, wie wir die Auswirkungen verschiedener Tauschmechanismen, Gewinnaufteilungen und Verhalten der Akteur*innen analysieren können“, erläutert Margaretha Gansterer.

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