Demo Space (c) Foundry
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Foundry ist der erste Fashion-Tech-Inkubator von Paris. Die Gründer wollen die Probleme der Modeindustrie mit Technologie lösen und den digitalen Wandel erleichtern. Im Zentrum des Programms steht Nachhaltigkeit.

Mitte des 19. Jahrhunderts entstand in Paris die Haute Couture – und die Stadt behauptet sich bis heute als Hauptstadt der Mode. Aber die erste Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist, fordert auch von den französischen Luxusmodekonzernen mehr Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung  (Quelle: Bain & Company). Die Politik scheint sich ihrer Verantwortung bewusst. 2019 wurden gleich zwei starke Initiativen gestartet:

  • Anne Hidalgo, die Bürgermeisterin von Paris, gründete die Initiative Paris Good Fashion. Ziel ist es, Paris bis 2024 zur Hauptstadt der nachhaltigen Mode zu machen.
  • Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron aktivierte gemeinsam mit François-Henri Pinault, Chef des französischen Luxuskonzerns Kering, 32 Konzerne, den sogenannten Modepakt zu unterzeichnen. Die Unterzeichnenden verpflichten sich bis 2050 die CO2-Emissionen auf null zu reduzieren, nachhaltige Rohstoffe zu verwenden und zu 100 Prozent erneuerbare Energien bei der Produktion zu verwenden.

In diesen Kanon fällt auch Foundry ein, der erste Fashion-Tech-Inkubator von Paris. Das Projekt wurde von der Modeschule IFA Paris gegründet und soll

  • die Probleme der Modeindustrie mit Technologie lösen;
  • den digitalen Wandel erleichtern;

Nachhaltigkeit steht im Zentrum des Programms und ist Teil aller Module. Bevor es zu disruptiven Technologien kommen kann, gilt es allerdings noch die Berührungsängste der Modeindustrie mit Technologie abzubauen.

Der Leiter der Foundry, Peter Jeun Ho Tsang im Interview:

Peter Jeun Ho Tsang (c) Foundry

Modedesigner fühlen sich durch Technologie in ihrer Kreativität eingeschränkt. Wie gehen Sie mit diesem Problem im Fashion-Tech-Inkubator um?

Wir sehen Technologie als ein Werkzeug und möchten die Kreativität mit technologiegestützten Methoden fördern. Dabei ermutigen wir Modedesigner, physische und digitale Elemente miteinander zu verbinden, um kreative Ziele auf technologischem Weg zu erreichen. Ein Beispiel ist die Technologie unseres Partners TG3D Studio, dessen 3D-Körperscanner auf einem detaillierten Verständnis des menschlichen Körpers beruht. In der Anwendung dient diese als Tool für

  • die Digitalisierung des Designprozesses;
  • die Digitalisierung des Stoffs via Scan;
  • die Darstellung des Designs in 3D, welche die physische Wirkung des Kleidungsstücks auf dem Bildschirm vorwegnimmt;

Automatisierung wird üblicherweise mit Massenware in Verbindung gebracht. Inwieweit eignet sie sich für die Luxusindustrie, die immer noch auf Einzelstücke und Handwerk setzt?

Das Handwerk wird bleiben. Aber auch Luxusprodukte können mit Hilfe von Technik modernisiert werden. Zum Beispiel kann ein automatisiertes System wie Blockchain ein authentisches Produkt in einer noch nicht dagewesenen Art verifizieren. Dadurch wird das Handwerk gewürdigt und der Wert des Produkts gesichert. Beispiele dafür liefern Start-ups wie Arianee, das wertvollen Objekten eine sichere digitale Darstellung gibt und einen immerwährenden vertraulichen Kommunikationskanal zwischen Marke und Produkteigner schafft. Das ermöglicht es Modemarken, persönlichere Geschichten über ihre einzigartigen Produkte zu erzählen und so die Faszination der Marke und ihrer Botschaft zu stärken.

Manchmal hat man den Eindruck, dass das brennendste Problem in der Modebranche der Verkauf ist. Woran liegt das?

Die Modemärkte sind zweifellos übersättigt. Das ermöglicht es Konsumenten, alles, zu jeder Zeit und zu jedem Preis zu bekommen. Alte Systeme funktionieren nicht mehr und Modeunternehmen sind gefordert, ihre Geschäftsmodelle auf neue Konsummuster umzustellen. Das zeigen

  • Mietmodelle wie Rent the Runway;
  • Direct-to-Consumer (D2C)-Angebote von Nischenmarken, wie Warby Parker und andere;
  • die Vermittlung von Mode als Dienstleistung oder Content (man denke an Louis Vuitton, der Computerspiel-Charaktere anzieht);

Diese Situation schafft einen Bedarf an Innovation und Start-ups haben große Freiheit, ihre Ideen zu verwirklichen. Mein Team und ich haben in unserem ersten Labor in London den Begriff Angstfaktor Innovation geprägt, und es gilt immer noch, dass die Marken, die diese Angst überwinden können, überleben werden.

Welche Bereiche deckt der Fashion-Tech-Inkubator Foundry ab – und was sind die jeweiligen Visionen?

Wir wollen Pionierarbeit im Bereich Fashion-Tech leisten und haben ein Labor errichtet, das Entrepreneuren, Studierenden und Marken zur Erforschung von Fashion-Tech offen steht. Das Labor besteht aus Co-Working Space, Maker Space und Event Space. Um ein entsprechendes Ökosystem zu schaffen, sind wir Partnerschaften mit Technologieunternehmen wie IBM, Lectra und Alvanon eingegangen. Als Teil der IFA Paris, halten wir auch ganze akademische Programme zu Fashion-Tech ab. Das ist eine Weltneuheit. Auch die Modeausbildung ist puncto Technologie noch nicht so weit fortgeschritten.

Unser sechsmonatiges Inkubator-Programm startet im März 2020 und soll Fashion-Tech-Start-ups auf eine intensive Wachstumsreise führen. Interessierte können sich auf unserer Website bewerben: www.foundryftlab.com

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Co-Working-Space (c) Foundry

Was sind die Highlights unter den technischen Geräten, die im Fashion-Tech-Inkubator zur Verfügung stehen?

Neben den bereits erwähnten digitalen Werkzeugen für den Kreationsprozess, erleichtern Technologien von Lectra und N-Hega die Digitalisierung von Schnitten. Weitere technische Komponenten sind 3D-Drucker, Laser-Cutter und Elektronik sowie Virtual-Reality-Headsets. Wir werden die Technologien ständig überprüfen, um an der Spitze von Fashion-Tech zu bleiben.

Danke für das Gespräch.

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