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Die Zeit, in der Spanien die französische, italienische oder asiatische Küche mit Neid betrachtete, ist schon lange vorbei. Das südeuropäische Land gehört laut José Carlos Capel mit Sicherheit zu den “fünf besten Ländern der Welt”, wenn es um Essen und Trinken geht. Natürlich predigte der kulinarische Spezialist letzte Woche in Madrid auf der Fusión – der größten Gastronomiemesse der Welt, deren Präsident er seit Jahren ist – für seine eigene Pfarrei. “Um einige Länder, wie z.B. Frankreich, ist es recht still. Andere, wie Japan und Deutschland, sind im Aufschwung. Und auch die spanische Küche muss sich immer wieder erneuern”, so Capel.

Zwei Revolutionen

Laut Capel – bekannt als kulinarischer Rezensent der Zeitung El País – ist der Erfolg der spanischen Küche auf zwei Revolutionen zurückzuführen. Zunächst weist er auf die erstaunliche Art und Weise hin, in der die Basken in den 1970er Jahren die Welt der Gastronomie eroberten. Damals begann eine große Erneuerung durch die Baskische Nouvelle Cuisine. Die heutigen Sterneköche in Nordspanien bewegen sich noch immer mit jedem Gericht entlang der Grenze zwischen innovativ und traditionell – eine weiße Knoblauchsuppe, bei der ein weißer Trüffel den Unterschied ausmacht.

Im Baskenland ist das Essen und Trinken zu einer Wissenschaft geworden. San Sebastián selbst ist eine wahre Universität der Gastronomie, wo die besten Köche der Welt auf die Zukunft vorbereitet werden. Mit fünf der fünfzig besten Restaurants der Welt wird es für die Basken dennoch schwer genug sein, an der Spitze zu bleiben. Auch wenn die Meisterköche der Region mit ihren Bergen und dem Meer seit Jahrzehnten auf wundersame Weise Erfolg haben.

Laut Capel haben die Basken auch das mitgestaltet, was er “die zweite Revolution” nennt. Es war der Katalane Ferran Adrià, der mit seinem weltberühmten Restaurant El Bulli in Las Rosas an der Costa Brava Mitte der neunziger Jahre die Gastronomie mit der molekularen Küche auf ein noch höheres Niveau brachte. Für jedes Stück Fleisch wurde wissenschaftlich die perfekte Temperatur ermittelt, bei der der Geschmack am besten zur Geltung kommt. Das El Bulli wurde viermal zum besten Restaurant der Welt gewählt. Es wurde am 31. Juli 2011 geschlossen und später als kulinarisches Forschungszentrum wiedereröffnet.

Künstliche Intelligenz

Die Frage ist, ob wir nun am Vorabend einer neuen Revolution stehen. Während der Fusión wurde klar, dass sich die junge Generation der Meisterköche mit künstlicher Intelligenz auseinandersetzen muss. Der Kanadier François Chartier, der als einer der Geschmacksexperten gilt, präsentierte in Madrid eine Software von Sony, die es Küchenchefs ermöglicht, die besten Zutaten auf der Grundlage einer Datenbank mit mehr als einer Million Rezepten zu kombinieren. Und die App berücksichtigt nicht nur Ort und Temperatur, sondern auch die Esskultur eines Landes. “Weil”, so Chartier, “eine Aubergine in Spanien anders gegessen wird als in Israel”.

Dabiz Muñoz und Fernando Sáenz, zwei Köche der jungen Generation, sahen sich die revolutionäre App in Madrid mit einem verschmitzten Lächeln an. Nein, die Konkurrenz muss sich ihrer Meinung nach etwas Besseres einfallen lassen, um mit den selbstbewussten spanischen Meistern zu konkurrieren und deren Geheimnisse zu entschlüsseln.