Der rote Ring verblendet die Kante im hinteren Bereich der Triebwerksgondel. Luftwirbel, die Lärm erzeugen, werden so vermieden. Foto: DLR
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HAMBURG, 25. November 2018 – Fluglärm ist gerade für die Anwohner großer Flughäfen ein häufiges Ärgernis. Dabei hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten vieles zum besseren gewendet, und mehr ist erwartet. Dank aerodynamischer Verfeinerungen und modernerer, leiserer Triebwerke sind die modernen Verkehrsflugzeuge wesentlich leiser als ihre Vorgänger. Forscher am DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) haben nun im Rahmen des Projekts LNATRA (Low Noise Advanced Technology and Research Aircraft) weitere Vorrichtungen entwickelt und getestet, durch die ein modernes Verkehrsflugzeug leiser wird. Dabei nutzten sie das DLR-Forschungsflugzeug D-ATRA, einen Airbus A320, den das DLR für eine breite Palette von Test- und Forschungsaufgaben nutzt.

Weniger Fluglärm durch Nachrüstung

Ziel von LNATRA war die Entwicklung von Vorrichtungen, mit denen im Einsatz stehende Flugzeuge nachgerüstet werden können. Denn bis eine leisere Flugzeuggeneration ihre lauteren Vorgänger abgelöst hat, vergeht oft viel Zeit. Nachrüstungen, wie sie die DLR-Wissenschaftler bei Testflügen am Flughafen Cochstedt im September 2018 erprobt haben, bieten hier kurz- oder mittelfristige Lösungen.

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Neben dem Triebwerksgeräusch ist das Strömungsgeräusch der Luft, die das Flugzeug umfließt, für die Lautstärke verantwortlich. Dieses Strömungsgeräusch sogar der lautere Teil des Flugzeuggeräuschs. Denn überall dort, wo die Luft an Ecken und Kanten, an Klappen, Öffnungen und Spalten vorbei strömt, entstehen kleine Luftwirbel und damit Lärm. Ausgefahrene Fahrwerke und Landeklappen gehören zu diesen Lärmquellen, aber auch Antennen, Tankdeckelöffnungen und Schraubenmuttern etwa am Fahrwerk.

Ein Airbus wird leise

Also tüftelten die Wissenschaftler für jede einzelne dieser Quellen eine Lösung aus. Die wurden dann vor den eigentlichen Flugversuchen am Versuchs-Airbus D-ATRA montiert. Seine Triebwerke bekamen neue Auslässe mit einem speziellen Kantenmuster. Die vielen Spalten und Durchlässe zwischen den Fahrwerksstreben wurden mit Abdeckplatten verkleidet. Auch zwischen den Rädern installierten Techniker speziell entwickelte Verkleidungen. Die großen Spalten, die beim Ausfahren der Flügelklappen zwischen der Flügelhinterkante und der Klappe entstehen, wurden ebenfalls mit Platten abgedeckt. „Insgesamt haben wir zehn Lärmminderungsmaßnahmen in den vergangenen Jahren realisiert”, berichtet Projektleiter Michael Pott-Pollenske vom DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik in Braunschweig. “Besonders von den Verkleidungen an den Fahrwerken und den neuartigen Schubdüsen an den Triebwerken erwarten wir hörbare Verbesserungen. Aber auch die Füllung der Spalte zwischen Tragfläche und hinteren Landeklappen und die Modifikation der Landeklappenseitenkante werden eine Rolle spielen.”

Auswertung der Flugversuche

Wann diese Lösungen ihren Weg in die kommerzielle Luftfahrt finden, ist noch offen. Zunächst müssen die DLR-Wissenschaftler die Ergebnisse ihrer Flugversuche auswerten. Dabei verfügen sie über umfangreiche Vergleichsdaten, denn sie haben im vergangen Jahr mit der A320 D-ATRA am Flugplatz Cochstedt lärmmindernde Anflugverfahren erprobt. Die Ergebnisse dieser Versuche werden sie nun mit denen der Tests vom September 2018 vergleichen. So können sie sehen, welche Vorrichtungen die beste Wirkung erzielen.
Ähnliche Vorrichtungen finden sich schon länger in der Zivilluftfahrt. Mit speziellen „hush kits“ lässt sich der Lärm älterer Triebwerke dämpfen. Das DLR selbst entwickelte vor 17 Jahren einen Wirbelgenerator, der die lästigen Töne an der Tankdeckelöffnung eines A320 mindert und inzwischen in jedes Neuflugzeug eingebaut wird.