Laut Statistiken des Umweltbundesamtes wurden im Jahr 2018 insgesamt 428 Terawattstunden (1 TWh entspricht dabei 1 Milliarde Kilowattstunden) aus erneuerbaren Energien bereitgestellt. Das sind knapp 17 Prozent des Endenergieverbrauchs in Deutschland. Davon entfielen etwa 53 Prozent (oder 226 TWh) auf die Stromproduktion, rund 40 Prozent (oder 171 TWh) auf den Wärmesektor und etwa 7 Prozent auf biogene Kraftstoffe im Verkehrsbereich (32 Twh).
Das bedeutet, dass der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch von 36,0 Prozent im Jahr 2017 auf 37,8 Prozent gestiegen ist – auch im Wärme- und Verkehrssektor. Dabei stieg der Anteil der erneuerbaren Energien am Wärmeverbrauch um 0,5 Prozentpunkte auf 13,9 Prozent, im Verkehr um 0,4 Prozentpunkte auf 5,6 Prozent. Allerdings war 2018 auch ein sehr gutes Jahr für erneuerbare Energien: Viel Sonne in der warmen Jahreszeit und ein relativ milder Winter.
Nur begrenzte Speicherkapazitäten
Genau diese schwankende, vom Wetter abhängige Stromproduktion stellt aber bei erneuerbaren Energien wie Windenergie und Photovoltaik noch ein Problem dar. Überschüssiger Strom muss in Batterien für Zeiten gespeichert werden, in denen die Produktion den Bedarf nicht decken kann. Nur so kann vermieden werden, dass man auf andere Energiequellen wie fossile Brennstoffe zurückgreifen muss.
Leistungsfähige Batteriesysteme sind aber nicht nur zur Zwischenspeicherung von Strom nötig. Moderne Technologien wie zum Beispiel die Elektromobilität können nur mit ausreichenden Batterien richtig in Fahrt kommen. Bisher ist das Stromnetz jedoch nicht für Schnellladestationen mit 350 Kilowatt ausgelegt – und es gibt nicht überall dort, wo Schnellladestationen sinnvoll wären, Strom.
Zum speichern von Strom sind Lithium-Ionen-Akkus nur bedingt geeignet. Sie wären nach mehrmaligem täglichen Laden und Entladen nach zwei bis drei Jahren kaputt. Redox-Flow-Batterien wären perfekt dafür geeignet und sind außerdem recycelfähig und nicht brennbar. Bisher waren sie jedoch schlichtweg zu teuer. Forscher des Fraunhofer UMSICHT in Oberhausen konnten die Kosten nun jedoch deutlich senken. Hergestellt und vermarktet werden die neuartigen Redox-Flow-Batterien vom Fraunhofer-Spin-Off Volterion.
Neuartige Redox-Flow-Batterien werden erschwinglich
Um zu verstehen, wie die Forscher Redox-Flow-Batterien optimiert haben, müsse man erst mal einen Blick auf den Aufbau dieser Batterien zu werfen, erklären die Wissenschaftler. Die Batterien bestehen aus Stacks – Zellstapel, die den Strom, der gespeichert werden soll, in chemische Energie umwandeln. Dazu kommt Elektrolytflüssigkeit, die diese chemische Energie speichert. Für die hohen Kosten der Batterien seien vor allem die Stacks verantwortlich.
„Wir konnten das Gewicht der Stacks auf zehn Prozent reduzieren und somit auch deren Kosten erheblich senken“, erläutert Dr. Thorsten Seipp, ehemals Wissenschaftler am Fraunhofer UMSICHT und nun Geschäftsführer bei Volterion. „Während herkömmliche Stacks oftmals pro einzelne Zelle acht bis zehn Millimeter dick sein müssen, kommen wir mit einer Stackdicke von zwei bis drei Millimetern aus.“ Durch diese Materialersparnis liegen die Kosten für die neuartigen Redox-Flow-Batterien in der gleichen Preisklasse wie Lithium-Ionen-Akkus.
Die größten Einsparungen erreichten die Wissenschaftler vor allem in der Materialentwicklung. Normalerweise bestehen die Stacks aus einer Graphit-Kunststoff-Mischung, die ihre polymeren Eigenschaften durch die Verarbeitung allerdings einbüßt. Das heißt, die langen Polymerketten werden zerstört, das Material verliert seine Flexibilität und auch einen Teil seiner Stabilität. Darüber hinaus kann es nicht verschweißt werden, sondern muss mit Dichtringen versehen und verschraubt werden.
„Wir haben das Material und den Herstellungsprozess am Fraunhofer UMSICHT so angepasst, dass die polymeren Eigenschaften erhalten bleiben“, sagt Seipp. „Das heißt: Das Material bleibt stabil und flexibel, kann somit erheblich dünner ausgelegt werden und die Stacks lassen sich miteinander verschweißen. Schnell verschleißende Dichtungsringe sind unnötig.“ Dadurch werden die Stacks nicht nur kostengünstiger, sie halten auch mehr als doppelt so lange. Das macht sie für zahlreiche Anwendungen rentabel.
Vom Klärwerk bis zu MRT-Untersuchungen
Ein Einsatzgebiet für die neuartigen Redox-Flow-Batterien ist eine momentan eine Kläranlage. Dort wird Strom aus Methan produziert, in Zukunft sollen aber auch Photovoltaikanlagen zusätzliche Energie erzeugen. Dann soll eine 100-Kilowatt-Batterie die Schwankungen der Stromerzeugung und des Stromverbrauchs ausgleichen, damit die Kläranlage künftig ihren gesamten Energiebedarf selbst decken kann.
Auch bei MRT-Scannern in Kliniken sei eine Redox-Flow-Batterie vielfach lohnenswert, betont Seipp. „Jedes MRT-Gerät hat eine Leistung von 200 Kilowatt – sollen drei oder vier Geräte gleichzeitig laufen, ist die Leitung schnell überlastet“, sagt er. „Eine neue Stromleitung zu legen ist jedoch mit 80.000 Euro pro Kilometer extrem teuer. Hier ist eine Redox-Flow-Batterie eine gute Alternative.“
MRT-Geräte werden nur bei Gebrauch für wenige Minuten ein- und danach bis zur nächsten Untesuchung wieder ausgeschaltet. Dadurch wird die Batterie jeden Tag mehrmals geladen und entladen. „Unsere optimierten Batterien sind wie geschaffen dafür – ebenso wie für andere Anwendungen, in denen kurzfristig viel Energie nötig ist, die das Netz nicht zuverlässig liefern kann“, fasst Seipp zusammen.
Zut Zeit arbeiten die Forscher des Fraunhofer UMSICHT gemeinsam mit den Kollegen von Volterion daran, die Kosten für die Batterien noch weiter zu senken und wollen die Batterien außerdem im Megawattbereich nutzbar sein. Momentan operieren sie im Bereich von 100 bis 300 Kilowatt.
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