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In der Antarktis leben in den einzelnen Forschungsstationen zwar nur wenige Menschen, aber auch die müssen mit Energie versorgt werden. In der Regel heißt das, mit großem Aufwand – und hohem Energieverbrauch – Erdöl und Benzin mit dem Schiff dorthin zu transportieren. Dazu kommt, dass selbst winzige Lecks das empfindliche Ökosystem schädigen können. Als die Umweltphysikerin Dr. Kira Rehfeld von der Universität Heidelberg im Rahmen ihrer Forschungen an einer Antarktis-Expedition teilnahm, wurde ihr dieses Problem bewusst. Gleichzeitig fiel ihr auf, wie intensiv die Sonne dort scheint.

Gemeinsam mit Kollegen suchte Rehfeld deshalb nach Wegen, fossile Rohstoffe durch umwelt- und klimaneutrale Stoffe zu ersetzen. Ein Team vom HZB-Institut für Solare Brennstoffe, der Universität Ulm und der Universität Heidelberg hat dazu untersucht, wie am Südpol mit Sonnenlicht Wasserstoff erzeugt werden kann und welche Methode sich dafür am besten eignet. Denn nicht jede Methode funktioniert auch bei extremen Minustemperaturen. In der Regel erhöht Kälte zwar die die Effizienz der meisten Solarmodule, bei der Elektrolyse sieht das aber ganz anders aus. Da kann Kälte die Effizienz deutlich verringern. Für Wasserstoff spricht unter anderem, dass er einerseits vielseitig verwendbar ist und auf der anderen Seite bei tiefen Temperaturen auch sehr gut gespeichert werden kann.

Gekoppelter vs. entkoppelter Aufbau

“Unsere Idee war daher, mithilfe von Solarmodulen vor Ort während des antarktischen Sommers klimaneutralen Wasserstoff zu produzieren, indem man Wasser durch Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff aufspaltet“, erklärt Dr. Matthias May, Leiter der Emmy-Noether-Forschungsgruppe SPECSY an der Universität Ulm. Er war zuvor als Postdoc am HZB-Institut für Solare Brennstoffe tätig. Nach etwas mehr als zwei Jahren lautet das Fazit der Forscher, dass es am sinnvollsten ist, die Photovoltaik-Module direkt am Elektrolyseur anzubringen, also thermisch zu koppeln, da die Abwärme aus den PV-Modulen die Effizienz der Elektrolyse steigert.

Um das zu testen, haben May und sein damaliger HZB-Kollege Dr. Moritz Kölbach, der jetzt als Postdoc an der Uni Ulm forscht, zwei unterschiedliche Ansätze in Experimenten miteinander verglichen. Beim konventionellen Aufbau ist das Photovoltaik-Modul vom Elektrolyse-Behältnis getrennt. Beim neueren, thermisch gekoppelten Aufbau, steht das Photovoltaik-Modul in engem Kontakt mit der Wand des Elektrolysebehälters. Somit kann ein direkter Wärmeaustausch stattfinden. Durchgeführt wurden die Experimente in einem Gefrierschrank, in den Kölbach ein Fenster in die Tür schnitt, das er mit Quarzglas verschloss. So konnten die Forscher das Schrankinnere mit einem Sonnensimulator bestrahlen und die Bedingungen in der Antarktis simulieren.

Das Experiment befindet sich im Eisschrank. Durch ein Fenster wird Licht eingestrahlt und erzeugt über Solarzellen die Spannung für die Elektrolyse. © M. Kölbach/HZB

Klare Vorteile

Der Elektrolyse-Behälter wurde für die Experimente mit 30-prozentiger Schwefelsäure gefüllt. Dieser auch als Batteriesäure bekannte Stoff hat einen Gefrierpunkt von ca. -35 Grad Celsius und ist ein guter elektrischer Leiter. Nachdem er die beiden Versuchszellen aufgebaut hatte, führte Kölbach die Messreihen durch. Es zeigte sich, dass die thermisch gekoppelte Zelle mehr Wasserstoff produzierte als die thermisch entkoppelte. Bei der Zelle mit den thermisch gekoppelten PV-Modulen konnten die bestrahlten Module ihre Abwärme direkt an den Elektrolyseur weitergeben. “Wir konnten die Effizienz sogar noch steigern, indem wir eine zusätzliche thermische Isolierung des Elektrolyseurs einbauten. Dadurch stieg die Elektrolyttemperatur unter Belichtung von -20 auf bis zu + 13,5 Grad Celsius“, sagt der Wissenschaftler.

Ob die Vorteile von thermisch gekoppelten Systemen auch wirtschaftlich genutzt werden können, müsse sich aber erst noch zeigen, gibt Mathias May zu. “Daher wollen wir in der nächsten Phase Prototypen unter realistischen Bedingungen testen. Das wird sicher spannend und wir suchen hierfür momentan Partner“, sagt er.

Die Ergebnisse der Studie, die in Energy & Environmental Science publiziert wurden, könnten neben der Antarktis auch für andere, extrem kalte Regionen der Erde angewendet werden. So könnte Wasserstoff beispielsweise im Norden Kanadas, in Alaska, im Himalaya, in den Hochalpen oder den Anden fossile Brennstoffe ersetzen und den CO2-Austoß eliminieren. “Vielleicht wird solar erzeugter Wasserstoff zuerst in solchen entlegenen Weltregionen wirtschaftlich sein“, meint May. Immerhin habe der Siegeszug der Photovoltaik vor rund 60 Jahren auch zuerst im Weltraum bei der Versorgung von Satelliten begonnen.

Finanziert wird das Projekt von der VolkswagenStiftung im Rahmen der Förderinitiative “Experiment!”.

Titelbild: In Polarregionen und extremen Höhenlagen könnte sich die Umwandlung von Sonnenstrahlung in Wasserstoff durchaus lohnen. © Energy&Env.Science

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