WIEN, 10. Dezember 2018 – Es gab eine Zeit, als Accessoires für den Skisport vor Kälte und Sonneneinwirkung schützten. Der Trend zu Freeride und Snowparks brachte zusätzlich Ski-Accessoires, die bei Stürzen vor dem Aufprall schützen. Dritte Teil unserer Serie über Innovationen in der Ski-Sport.
Bei tiefen Temperaturen im Freien sind es zuerst die äußersten Extremitäten, die zu frieren beginnen: Hände und Füße. Der Körper verbraucht Energie, um die Temperatur konstant zu halten und das reduziert die Leistungsfähigkeit. Beheizbare Ski-Accessoires sind naheliegend und wirken vor allem in den Ruhephasen auf dem Sessellift wohltuend.
Heizsystem für Skihandschuhe
Der österreichische Handschuh-Hersteller Zanier hat ein Heizsystem für Handschuhe entwickelt, das bis zu zehn Stunden wärmt. Die Funktion basiert auf textilen Heizelementen und einer Steuerungselektronik. Der leichtgewichtige Lithium Ionen Akku ist kaum spürbar in den Bund des Handschuhs integriert. Die Bedienung erfolgt mittels Schalter direkt auf dem Akku. Die gewählte Heizstufe wird von einem Lämpchen in Flammenform angezeigt, das durch das perforierte Obermaterial Gelb, Orange oder Rot leuchtet.
Mehrere Ski-Accessoires mit einem Akku heizen
Bei beheizbaren Kleidungstücken wie Socken ist der Akku durch die Kleidungsschichten schwer zugänglich. Deshalb hat der österreichische Hersteller Lenz Products ein Heizsystem entwickelt, das über App und Smartphone steuerbar ist. Die App ermöglicht Aktivierung, stufenlose Temperatur-Regulierung und Ablesen des Ladezustands. Der Lithium-Akku kann mit mehrere Kleidungsstücken verbunden werden: Socken, Handschuhe, Weste und Rückenbandage. Bei Socken wird die toe cap Technologie eingesetzt, welche den kompletten Zehenbereich umschließt. Der Akku ist mit drei Druckknöpfen unter dem Sockenbund fixiert und kann vor dem Waschen entfernt werden.
Rekonstruktion von realen Sturz-Szenarien
Der Trend zu Freeride und Snowpark hat die Entwicklung von Protektoren angeregt. Im Fokus steht der Skihelm, der umfassenden Schutz bei Kolission bietet. Eine Reihe von Herstellern integriert das Gehirnschutzsystem MIPS aus dem gleichnamigen schwedischen Unternehmen. Das Startup nahm die Forschungs- und Entwicklungsarbeit 1996 auf und arbeitet mit dem Karolinska Institut in Stockholm zusammen. Theoretische Basis sind die Neurowissenschaften und die Rekonstruktion von realistischen Sturz-Szenarien.
Bei Standard-Helmtests lässt man den Helm senkrecht auf eine ebene Fläche fallen. Tatsächlich prallt der Kopf bei einem Sturz jedoch in einem Winkel auf dem Boden auf. Dadurch entsteht eine Drehbewegung, die zur Belastung des Gehirns führen kann.
Der Skihelm, der Einwirkungen absorbiert und umleitet
Die MIPS-Technologie reduziert diese Drehbewegung, indem sie Drehenergien und –kräfte, die auf den Kopf und das Gehirn übertragen werden, absorbiert und umleitet. Diese Reaktion wird durch die Implementierung einer reibungsarmen Schicht im Helminneren möglich. Im Fall eines schrägen Aufpralls reduziert diese Schicht die Drehbewegung und lässt den Helm relativ zum Kopf gleiten.
Das neue MIPS-E-System gelangte 2018 zur Marktreife und ist eine stoffbasierte reibungsarme Schicht, die zwischen der Komfort-Polsterung des Helms und dem energie-absorbierenden Futter positioniert ist. Die Schicht besteht aus zwei Lagen Stoff, deren reibungsarme Innenseiten aufeinanderliegen und so eine lokale Relativ-Bewegung von zehn bis fünfzehn Millimetern ermöglichen. Johan Thiel, CEO von MIPS, prognostiziert der Lösung aufgrund der hervorragenden Gleiteigenschaften großes Zukunftspotenzial.
Das norwegische Unternehmen Sweet Protection ist einer der Hersteller, der MIPS nutzt. Zur weiteren Reduktion der Drehbewegung wurde ein Helmdesign mit geringem Volumen und einer glatten Oberfläche konstruiert. Gute Kritiken erhielt das 2018 präsentierte Modell Switcher, das zusätzlich über ein neuartiges Ventilationssystem verfügt. Zwanzig in den Helm integrierte Lüftungsöffnungen können mit nur einem Drehknopf bedient und fein abgestimmt werden.
Stoßabsorption und Klimasystem für den Skihelm
Beim Modell Quantum vom US-Hersteller Smith Optics wurde der Effekt von MIPS mit der exklusiven Koroyd-Technologie kombiniert. Funktionselement ist eine flächige Formation, die innerhalb der Schale positioniert ist und aus tausenden thermisch verschweißten Co-Polymer-Zylindern besteht. Jeder Abschnitt dieser Formation wird präzise in Härtegrad, Größe und Dicke spezifiziert, um höchste Schlagfestigkeit zu gewährleisten. Bei einem Aufprall wird die Fläche kontrolliert komprimiert und wandelt und reduziert so kinetische Energie.
Zusätzlich fördert die offene Zellkonstruktion der Fläche die Luftzirkulation. Die aneinandergefügten Hohlzylinder ermöglichen den Eintritt kühler Luft von außen und gleichzeitig den Ausstoß heißer Luft von innen.
Für einen guten Sitz sorgt das integrierte System BOA 360, das die Passformregulierung ermöglicht.
Der komfortable Rückenprotektor
Rückenprotektoren sind oft unangenehm zu tragen und verhindern den Schweißtransport nach außen. Der schwedische Hersteller POC hat das Problem mit Visco Elastic Polymer Dough (VPD) gelöst, einem Schaum in Hexagon-Struktur. Die spezielle Struktur ermöglicht Stoßabsorption bei aufrechter Bewegungs-Freiheit und Luftzirkulation.
Die Stoßabsorption basiert auf zwei Merkmalen:
– sanfte Anpassung an die Physiognomie des Nutzers;
– Wechsel während der Stoßeinwirkung von weich zu hart;
Zusätzlich verhindert ein gewebter Außenstoff aus einem Monofilament-Garn und eine kevlarverstärkte Barriere entlang des Rückgrats einen Durchstoß.
Während andere Protektoren nur einen Stoß gut absorbieren, bleibt die Absorptions-Fähigkeit von VPD auch bei mehreren Stößen konstant. Das ist von Bedeutung. Untersuchungen haben gezeigt, dass das Energiepotenzial der Stoßeinwirkung mit jedem Stoß zunimmt.
Die Protektor-Westen sind in verschiedenen Schutzlevels verfügbar – wobei der Ventilationsfaktor bei sinkendem Schutzlevel steigt. Das höchste Level (VPD 2.0) entspricht dem europäischen EN 1621-1 oder -2 Standard.
Skibrille für Brillenträger
Last but not least gilt es im Skisport auch die Augen zu schützen – vor Sonneneinwirkung und vor herumwirbelnden Schneekristallen. In der Vergangenheit war es für Brillenträger schwierig, eine geeignete Brille zu finden. Der französische Hersteller Cébé entwickelte mit EXO OTG ein verblüffend funktionales Modell. Um schlechten Sitz und unangenehme Druckstellen zu verhindern, wurde der Rahmen mit einem schmaleren Nasensteg und seitlichen Aussparungen für die Bügel ausgeführt. Eine konvex geformte Scheibe gibt der Skibrille Tiefe und der darunter sitzenden optischen Brille ausreichend Raum. Durch eine magnetische Scheibe wurde auch das Aufsetzen der Brille erleichtert: Der Brillenrahmen ist unabhängig von der Scheibe aufsetzbar und ermöglicht die problemlose Platzierung der optischen Brille. Erst dann wird die magnetische Scheibe auf den Rahmen gesetzt.
Die intelligente Skibrille wurde 2013 von Recon Instruments gelauncht, ist in der Zwischenzeit aber wieder vom Markt verschwunden.