Auktionen für die Alternativenergie-Förderung sagt man nach, dass nur der Preis zähle – und das führe zu einer Marktkonzentration. Die Energie-Ökonomin Marijke Welisch von der TU Wien entwickelte Computer-Modelle, um die Auktionen simulieren zu können.
Strom soll möglichst umweltfreundlich produziert werden – darüber herrscht Konsens. Schon viel weniger Konsens herrscht in der Frage wie öffentliche Förderungen von Alternativenergien eingesetzt werden sollen. Das Problem ist struktureller Natur: Der Bau großer Kohle- und Kernkraftwerke kann staatlich beschlossen, geplant und finanziert werden. Im Bereich der Alternativenergie-Kraftwerke ist dies nicht möglich. Der Markt wird nicht von wenigen großen, sondern von vielen relativ kleinen Anlagen bestimmt. Das erfordert neue Methoden der staatlichen Förderung.
In vielen Ländern ist man zu Alternativenergie-Auktionen übergegangen. Dabei vergibt der Staat finanzielle Förderungen an private Alternativenergie-Kraftwerke. Im einfachsten Fall sind dies die Anbieter mit den günstigsten Angeboten. Die bloße Preisorientierung führte zu Kritik. Kleinere Anlagenbetreiber können preislich nicht mithalten und nur Großanlagen-Betreiber werden gefördert. Langfristig ende das in einer Markt-Konzentration, so das Argument.
Preisgesteuert
Die Energie-Ökonomin Marijke Welisch untersuchte in ihrer Dissertation in der Energy Economics Group an der TU Wien, Funktion und Steuerung von verschiedenen Auktionsmodellen für Alternativenergie-Förderungen. Auch Welisch kommt zu dem Schluss, dass möglichst viel Alternativenergie zum günstigsten Preis nicht die beste Lösung ist. Anbieter erneuerbarer Energien zeigen deutliche Größenunterschiede. Die Bandbreite reicht vom großen Investor über Elektrizitätsversorgungs-Unternehmen und Bürger-Energiegesellschaften bis hin zu kleinen lokalen Erzeugungsgesellschaften. Den Vorteil einer Größenvielfalt sieht Welisch in einer lebhaften Konkurrenz und einer flächendeckenden Präsenz erneuerbarer Energie. Welisch: „Wenn kleine Anbieter aus dem Markt verdrängt werden, kann es zu einer höheren Konzentration kommen. Eine Menge kleinerer Anbieter haben zum Beispiel den Vorteil einer höheren lokalen Akzeptanz.“
Eine hohe Marktkonzentration kann bis zum Oligopol führen. Darunter versteht man eine Marktform, in der wenige Anbieter vielen Nachfragern gegenüberstehen. Wobei der mächtigste Anbieter in der Regel auch der Preisführer ist. Die Konkurrenz ändert die Preise erst, wenn der Preisführer dies macht. Unter diesem Diktat leiden sowohl Verbraucher als auch kleine und mittelgroße Anbieter. Ein Oligopol war zum Beispiel beim deutschen Energieversorger E.ON in der ersten Dekade der Nullerjahre gegeben.
Vielfalt fördern
Darüberhinaus würde eine Markt-Konzentration im Sektor Alternativenergie auch innovative Energien verhindern. Welisch: „Wenn es nur um den Preis geht, dann sind konkurrenzfähige Alternativenergien wie Photovoltaik und Windkraft bevorzugt. Neuere Techniken wie Gezeiten- und Wellenenergie, konzentrierte Solarenergie und Geothermie, sind noch teurer und deshalb benachteiligt.“ In diesem Zusammenhang verweist sie auf das deutsche Auktionsmodell – in dem der Erhalt der Vielfalt der Akteure verfolgt wird.
Grundlegend für eine erfolgreiche Alternativenergie-Auktion ist die Festlegung der politischen Ziele, betont Welisch die zentrale Aussage ihrer Dissertation. Weshalb die Lösungen auch nicht zu pauschalisieren sind. Als Beispiel nennt sie Österreich, wo man hundert Prozent Alternativenergie-Abdeckung erreichen möchte. Welisch: „Deshalb sollte man alle – und vor allem auch neue Technologien fördern.“
Individuelle und flexible Lösungen
Weiters hänge der Erfolg des Auktionsmodells an der Sorgfalt im Herausarbeiten der Details. Wobei Welisch anpassungsfähige Modelle empfiehlt – um Marktwandel darstellen zu können. Zum Beispiel setzte man in Deutschland in den vergangenen Jahren stark auf Windkraft. Das ist jetzt nicht mehr der Fall.
Grund für den Wandel waren die fixen Förderungen, die es vor der Einführung des Fördermodells gab und die Windkraftanlagen, die auf diese Förderungen hin gebaut wurden. Dieses Beispiel zeigt, dass das Ergebnis einer Runde auch Auswirkungen auf die nächste Runde hat. Welisch: „Das Ziel ist Kontinuität und ein Ausbau der erneuerbaren Energie, der dem Gesamtsystem dient.“
Agentenbasiert
Welischs Arbeit lief im Rahmen des EU Horizon 2020. Sie entwickelte dafür auf Python Software agentenbasierte Modelle, mit denen die Alternativenergie-Auktionen simuliert werden können. Die Daten basieren auf Modellen von Ländern, die bereit waren, Einblick zu geben: Deutschland, England und Dänemark.
Parameter
Die agentenbasierte Software ermöglicht ein sehr genaues Modellieren des Bieters – durch Zuordnen von Eigenschaften wie Risikobereitschaft oder Planungshorizont. Anhand der Modelle können verschiedene Bedingungen simuliert werden, um zu beobachten, wie sich einzelne Parameter auswirken. Beispiele für Parameter sind Volumina, beteiligte Technologien, Häufigkeit der Intervalle, fixes oder flexibles Budget, technologie-spezifische oder technologie-übergreifende Erfassung …
In England werden zum Beispiel alle Technologien in einer Kategorie abgehandelt, die anderen Ländern untergliedern in kleinere Gruppen. Auch die Handhabung des Budgets differiert. Grundsätzlich kann so lang geboten werden, bis die Budgetobergrenze erreicht ist. In manchen Ländern hat der Bieter, der die Obergrenze minimal überschreitet noch Zugang, in Dänemark muss dieser das Volumen reduzieren oder zurücktreten.
Welisch erhielt für diese Arbeit den Hannspeter-Winter-Preis an der TU Wien für herausragende Dissertation.
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