Stickoxide (NO und NO2) werden hauptsächlich bei Verbrennungsprozessen in Anlagen für Kohle, Öl, Gas, Holz und Abfälle und Motoren ausgestoßen, entstehen aber auch in Industrieprozessen und in der Landwirtschaft. Schadstoffquellen genau zu lokalisieren und dann den Ausstoß von Stoffen wie Stickoxiden auch noch genau zu messen, stellt Städte und Gemeinden mitunter vor große Probleme. Um die Belastung der Luft durch Stickoxide vorhersagen zu können und Strategien zur Reduktion zu entwickeln, ist aber genau das unerlässlich. Außerdem müssen Länder gemäß nationaler und internationaler Konventionen wie dem Kyoto-Protokoll angeben, wie viele Treibhausgase und Luftschadstoffe sie produzieren. Die Daten werden in sogenannten Emissionsinventaren erfasst.
Die täglichen Satellitenmessungen, die bisher als eine der Methoden eingesetzt wurden, bringen jedoch keine genauen Ergebnisse, da das Messgerät eine bestimmte Fläche beobachtet und dabei alle Schadstoffe zwischen Erdboden und Satellit registriert. Diese Werte variieren oft stark und werden daher im Allgemeinen über einen Zeitraum von mehreren Monaten erfasst. Aufgrund wechselnder Winde würden die vom All aus ermittelten Emissionswerte „verschmieren“ und so das räumliche Auflösungsvermögen der Messungen verringern, erklären Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz.
Gemeinsam mit Kollegen aus China und den USA haben die Forscher nun einen Weg gefunden, die räumliche Auflösung der Stickoxidemissionsdaten entscheidend zu verbessern – mit Hilfe des kürzlich gestarteten Forschungssatelliten S5P/TROPOMI der Europäischen Weltraumorganisation ESA. TROPOMI steht für Tropospheric Monitoring Instrument. Das Spektrometer misst neben Stickoxiden auch andere Schadstoffe und Treibhausgase wie Kohlenmonoxid, Formaldehyd, Ozon und Methan und fliegt an Bord des Sentinel-5 Precursor (S-5P) Satelliten der ESA seit Oktober 2017 um die Erde.
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Lokale Bestimmung bis auf zwei Kilometer
Dank dieser Werte, die TROPOMI lieferte, können die Wissenschaftler die exakten Mengen der ausgestoßenen Schadstoffmengen erheblich besser bestimmen. Dazu kombinierte das Team Messungen des Satelliten mit Winddaten und konnte dadurch aus dem horizontalen Transport des Schadstoffs auf die zugrunde liegenden Emissionen schließen. So konnte es auch das Verschmieren des Signals zurückrechnen.
„Unser Verfahren macht es möglich, punktuelle Emissionsquellen wie einzelne Kohlekraftwerke von der Hintergrundverschmutzung auf bis zu zwei Kilometer genau zu lokalisieren“, sagt Steffen Beirle, Erstautor der Studie, die in der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins Science Advances veröffentlicht wurde. Außerdem könne man so „die emittierten Schadstoffmengen auch zuverlässiger quantifizieren“ und damit „Emissionsinventare beispielsweise auf ihre Aktualität und räumliche Muster“ überprüfen.
Das Emissionsmuster erlaube die eindeutige Zuordnung zu Punktquellen und Trennung von Kraftwerken und anderen Quellen wie Verkehr, betonen die Wissenschaftler. Mit Hilfe dieser neuen Methode konnte zum Beispiel für die Gegend um die saudi-arabische Hauptstadt Riad ein detailliertes Emissionsmuster entstehen, das die Schadstoffemissionen der verschiedenen Öl- und Gaskraftwerke in der Umgebung zeigt. Nachdem die Forscher auch für Deutschland und Südafrika solche Emissionsmuster erstellt hatten, zeigte sich, dass Kohlekraftwerke hier die größten Einzelquellen von Stickoxiden sind.
Titelbild: Stickoxidemissionen im nördlichen Rheinland. Die Auswertung gemittelter Satellitendaten (April bis Oktober 2018) mit Hilfe der neuen Methode grenzt die Emissionen der Braunkohlekraftwerke Niederaußem und Neurath klar von denen der Städte Köln und Düsseldorf ab. Quelle: MPIC, S. Beirle