Informationen, was in welchem Jahr auf welchen landwirtschaftlichen Flächen angebaut wurde, wären in der Umwelt- und Agrarpolitik oft hilfreich, um wichtige Fragen zu beantworten. Diese Informationen gab es in Deutschland aber bisher nicht. Lediglich allgemeine Statistiken zur Landnutzung, die jedoch nicht nur relativ grobe Infos liefern, sondern diese auch noch zeitlich verzögert. Dabei könnten Bilder von wöchentlich wiederkehrenden Satelliten hier viel genauere Auskünfte geben und zugleich als Datengrundlage für eine detaillierte Landnutzungskarte dienen. Genau so eine Karte haben Forscher des Thünen-Instituts, der Humboldt-Universität zu Berlin und des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V. nun erstmals gemeinsam erstellt. Sie haben aus Fernerkundungsdaten Karten zur landwirtschaftlichen Flächennutzung für die Jahre 2017, 2018 und 2019 angefertigt.
Dazu nahmen sie Verfahren des maschinellen Lernens ebenso zu Hilfe, wie verfügbare Informationen der Landwirte zur bisherigen Flächennutzung. Dazu kamen Daten der US-amerikanischen Satellitenmission Landsat 8 und des Copernicus-Programms der europäischen Weltraumbehörde (ESA). Weiter wurden Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes berücksichtigt, ebenso wie das deutschlandweite Höhenmodell und das Digitale Landschaftsmodell des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie (BKG). Anhand all dieser Daten und Bilder konnten die Wissenschaftler schließlich regionale Besonderheiten ebenso wie saisonale und jahresbedingte Schwankungen darstellen.
Genaue Erfassung von Kulturarten und Landschaftselementen
Auf den Karten kann man die dominierenden Kulturarten und Hauptnutzungsarten im Ackerland unterscheiden. Sie zeigen alle Hauptgetreidearten, Hackfrüchte, Gemüse, Dauerkulturen und Hülsenfrüchte. Die Informationen der Karten gehen aber noch einen Schritt weiter. Sie zeigen auch relevante Landschaftselemente wie zum Beispiel Gehölzstrukturen. Dank der neuen Karten gibt es somit zum ersten Mal ein flächendeckendes Bild der Agrarlandschaft Deutschlands in einem Raster von 10 m x 10 m Gitterweite. Dabei soll es aber auf Dauer nicht bleiben.
“Obwohl die Karten schon einen hohen Grad an Genauigkeit aufweisen, gibt es noch weiteren Forschungsbedarf“, betont Prof. Dr. Patrick Hostert von der Humboldt-Universität zu Berlin. So ließen sich Kulturarten wie Raps oder Zuckerrüben sehr gut differenzieren. Nachholbedarf gebe es jedoch bei Arten, die sich im Verlauf der Wachstumsphasen oder in ihrem Aussehen sehr ähneln wie Winterweizen und Triticale. Ebenso Arten wie Silomais und Körnermais, die sich nur bezüglich Ihrer Nutzungsart unterscheiden, seien noch nicht genau genug kartierbar.
Weiterer Forschungsbedarf
Insbesondere an Standorten, die beispielsweise immer wieder überflutet werden, gibt es nach Ansicht der Forscher ebenfalls weiteren Forschungsbedarf. Trotz all dieser Mängel, die im Moment noch bestehen, seien die Karten aber “ein Meilenstein in der Entwicklung von flächendeckenden Informationen zur landwirtschaftlichen Nutzung”, betonen die Wissenschaftler des das Thünen-Instituts, die die Karten künftig kontinuierlich verbessern wollen.
“Dass diese Karten kein Selbstzweck sind, zeigen die vielfältigen Einsatzfelder für andere laufende Projekte“, sagt Dr. Stefan Erasmi, Leiter der Thünen-Fernerkundung. Sie würden neben der Ergänzung und Verfeinerung der Agrarstatistik eine Grundlage für die Monitoring-Aktivitäten auf nationaler Ebene liefern. Als Beispiel nennen die Forscher die Bewertung der biologischen Vielfalt, Maßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) und eine Veränderung der Landnutzung als Faktor für die Treibhausgas-Berichterstattung. “Die Karten sind darüber hinaus wesentliche Eingangsparameter für Simulationen von landwirtschaftlichen Erträgen und Ökosystemleistungen”, so Prof. Dr. Claas Nendel vom ZALF.
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