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Das COVID-19 auslösende Virus SARS-CoV-2 verbreitet sich nicht nur durch Tröpfcheninfektion, sondern auch über Aerosole, die sich bis zu mehreren Stunden in der Luft halten können. Schmierinfektionen über kontaminierte Oberflächen können bei der Verbreitung des Virus und somit der Corona-Pandemie ebenso eine Rolle spielen, wenn auch eine geringere. In einer soeben veröffentlichten Studie hat ein internationales Forschungsteam um Studienleiter Alois Schmalwieser von der Abteilung für Physiologie und Biophysik der Vetmeduni Vienna nun untersucht, wie stark die UV-Strahlung im Freien gegen SARS-CoV-2 wirkt.

Je näher am Äquator, desto besser

Normalerweise ist die natürliche UV-Strahlung der Sonne ein natürlicher Feind von Viren. Jedoch hängt diese viruzide Wirksamkeit von UVR in erster Linie von zwei Faktoren ab: der Empfindlichkeit des Virus gegenüber UVR und von der Menge der einfallenden Strahlen. In ihrer Studie kombinierten die Forscher Satellitendaten zur DNA-schädigenden UVR mit verfügbaren Informationen zum Einfluss der Stärke der UVR auf die Inaktivierung von Coronaviren.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die UV-Strahlung der Sonne ein hohes Potenzial zur Inaktivierung von Coronaviren aufweist. Das konkrete Ausmaß hängt jedoch stark vom Standort und der Jahreszeit ab, sagt Schmalwieser. „Im subtropischen, auf 23,5 ° südlicher Breite gelegenen Sao Paulo (Brasilien) überleben ganzjährig im Freien pro Tag nur 10-4, also ein Zehntausendstel aller Coronaviren, während im am 64. nördlichen Breitengrad gelegenen Reykjavik (Island) ein solch starker Einfluss nur im Juni und Juli festzustellen ist.“ Damit könne selbst in Island die sommerliche UV-Strahlung innerhalb von 30 bis 100 Minuten 90% der Viren inaktivieren und innerhalb eines Tages sogar komplett sterilisieren.

Höhere Ansteckungsgefahr im Winter auch im Freien?

Die Ergebnisse der Studie lassen darauf schließen, dass die UV-Strahlung der Sonne im Frühjahr, Sommer und Herbst „der wichtigste natürliche Begrenzungsfaktor für das Überleben des Virus im Freien ist“. Die Kraft der Sonne inaktiviert hier mehr als 90% der Viren in kürzerer Zeit, aber auch andere natürliche Faktoren wie Oberflächentyp, Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit spielen ebenfalls eine Rolle.

Auf die direkte Ansteckung von Mensch zu Mensch habe die UV-Strahlung vermutlich aber nur geringfügige Auswirkungen, betonen die Forscher, da dies innerhalb von Minuten geschehen könne. „Unsere Schätzungen zeigen jedoch, dass Viren, die in der Luft verbleiben oder an Oberflächen haften, eindeutig durch solare UV-Strahlung beeinflusst werden“, so Alois Schmalwieser.

Virus über Stunden und Tage hinweg infektiös

Im Rahmen der Studie zeigte sich außerdem, dass neben dem geografischen Breitengrad und dem atmosphärischen Ozon auch andere Faktoren auf die Inaktivierung des Virus haben. So hängt das Überleben des Virus auch von der Topographie ab. Trübe Tage mit Nebel und Wolken haben ebenfalls einen wichtigen Einfluss auf die Verteilung der UV-Strahlung und somit auch auf die Inaktivierung oder das Überleben von SARS-CoV-2.

Stecken wir uns in der kalten Jahreszeit also nicht nur in geschlossenen Räumen, sondern auch im Freien leichter an? Aufgrund der Daten für Dezember 2019 würde im letzten Monat des Jahres die tägliche Sonneneinstrahlung nicht ausreichen, um eine Sterilisation auf dem gesamten europäischen Kontinent zu erreichen, erklären die Wissenschaftler. Dies führe möglicherweise zu Überlebensbedingungen im Freien, die ausreichen würden, „dass das Coronavirus mehrere Stunden oder sogar über einen ganzen Tag hinweg infektiös bleibt“. Ganz anders sei die Situation dagegen hingegen Mitte April 2020 – nach dem ersten Höhepunkt der Pandemie-Welle in Europa – gewesen, als die Sterilisierung von SARS-CoV-2 durch die UVR in Europa sehr hoch war.

Schatten und Glasfenster bremsen UV-Strahlung deutlich

Ohne direkte Sonneneinstrahlung ist auch die UV-Strahlung im Schatten allgemein geringer, wodurch die Überlebensfähigkeit des Coronavirus deutlich steigt. Glasfenster würden den größten Teil der solaren UV-B-Strahlung (280–315 nm) blockieren und somit auch die viruzide Wirksamkeit des Sonnenlichts hemmen, betonen die Forscher. „Wir hoffen, dass unsere Daten einen Beitrag zu ergänzenden Studien zur Rolle der UV-Strahlung der Sonne bei der Verringerung der Ansteckung kontaminierter Oberflächen leisten und als zusätzliches Instrument für den individuellen und kollektiven Schutz dienen können“, so Schmalwieser. „Ganz besonders in einer zweiten oder weiteren Virus-Welle, um hier mit individuellen und gemeinschaftlichen Schutzmaßnahmen das Risiko einer Ansteckung zu minimieren.“

Titelbild: Satellitendaten: Stärke der UV-Strahlung der Sonne während Winter- und Sommertagen. Grafik: Photochemistry and Photobiology