Rettungseinsätze, zum Beispiel nach Erdbeben, können für die Retter lebensgefährlich werden. Immer wieder begeben sich die mutigen Männer und Frauen selbst in Lebensgefahr, wenn sie in Ruinen nach Überlebenden suchen. Ähnlich gefährlich sind Einsätze bei Bränden, bei denen immer wieder Feuerwehrleute verletzt werden oder sogar ums Leben kommen. Und man erinnere sich an den Höhlentaucher, der im Juli vergangenen Jahres in Thailand sein Leben verlor, als eine Gruppe Jugendlicher eingeschlossen war.
In solch gefährlichen Situation könnten die Menschen schon bald Hilfe von Robotern bekommen. Bei Rettungseinsätzen, Löscharbeiten oder Inspektionen in der Tiefsee könnten mobile, selbstlernende Roboter Menschen von gefährlichen oder gesundheitsschädigenden Tätigkeiten entlasten. Abhängig von den äußeren Umständen wären Einsätze – zum Beispiel Forschung in der Tiefsee – nicht nur wirtschaftlicher sondern vielleicht auch überhaupt erst möglich.
Fachkräfte mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz wirksam unterstützen
„Lernende Systeme arbeiten selbstständig, allein oder in hybriden Teams mit anderen Lernenden bzw. autonomen Systemen und dem Menschen zusammen. Sie schätzen als Assistenten Gefahren für den Menschen ein, sind aber auch fähig, in einer bestimmten Situation eigenständig adäquat zu agieren“, heißt es im Bericht der Plattform Lernende Systeme, der am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) vorgestellt wurde.
In einer Präsentation haben die Wissenschaftler zwei mögliche Anwendungsszenarien für derartige Roboter aufgezeigt. „Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist mit enormen Chancen für unsere Gesellschaft verbunden. Gerade im Katastrophenschutz, beim Rückbau von Atomkraftwerken oder in maritimen Bereichen sind die Möglichkeiten groß, Fachkräfte mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz wirksam zu unterstützen“, sagt Professor Holger Hanselka, Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie und Mitglied des Lenkungskreises der Plattform Lernende Systeme.
Deshalb habe die Plattform Lernende Systeme eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe eingesetzt, die erörtert, wie Lernende Systeme für lebensfeindliche Umgebungen zum Wohle der Menschen entwickelt und eingesetzt werden können. „Gerade bei autonomen Systemen, die wir im Krisenfall einsetzen, wird die IT-Sicherheit enorm wichtig sein. Daher setzt das KIT in seiner Forschung darauf, nicht nur die Außengrenzen eines komplexen IT-Systems zu schützen, sondern auch jedes einzelne Teil, und bringt insbesondere auch seine Expertise in der IT-Sicherheit in die Plattform Lernende Systeme ein.“
Die Arbeitsgruppe Lebensfeindliche Umgebungen geht davon aus, dass Künstliche Intelligenz die Menschen in etwa fünf Jahren im Katastrophenschutz udn auch bei Erkundungs- und Wartungsmissionen unterstützen kann. Im Anwendungsszenario „Schnelle Hilfe beim Rettungseinsatz“ zeigten die Wissenschaftler, wie KI-gestützte robotische Systeme die Feuerwehr am Boden und aus der Luft beim Brand einer Chemiefabrik unterstützen können.
Die Systeme könnten mit Hilfe von Multi-Sensorik „schnell ein detailliertes Lagebild zu erstellen, eine Kommunikations- und Logistikinfrastruktur für Rettungsarbeiten aufstellen, Verletzte suchen sowie Gefahrenquellen identifizieren und eindämmen“, heißt es beim KI. Im Anwendungsszenario „Unter Wasser autonom unterwegs“ warten robotische Unterwassersysteme die Fundamente einer Offshore-Windkraftanlage. Sie können selbständig in der Tiefsee navigieren und, wenn nötig, auch Unterstützung durch Taucher oder ferngesteuerte Systeme anfordern.
Technische Hürden
Bis solche Systeme zum realen Einsatz kommen können, müssen jedoch noch einige Hürden überwunden werden, geben die Forscher zu. Eine dieser Hürden ist das autonome Lernen in unbekannten Umgebungen, eine weitere die Zusammenarbeit der selbstständigen Roboter mit dem Menschen.
„Die Anforderungen an Lernende Systeme sind in lebensfeindlichen Umgebungen besonders hoch: Sie müssen intelligent und zugleich robust sein gegen Extrembedingungen und sich unter unvorhersehbaren Bedingungen selbständig zurechtfinden“, so Jürgen Beyerer, Leiter der Arbeitsgruppe Lebensfeindliche Umgebungen der Plattform Lernende Systeme. „Bis es soweit ist, können KI-basierte Systeme durch Einsatzkräfte ferngesteuert betrieben werden und die gesammelten Daten in die Entwicklung intelligenter Funktionen einfließen. Nach und nach erreichen die Systeme einen immer höheren Autonomiegrad und können sich schließlich durch maschinelles Lernen selbst weiter verbessern.“
Bürokratische Hürden
Außerdem müssen neben den technischen Herausforderungen auch Fragen geklärt werden wie: Wer trägt die Verantwortung? Wie sieht es mit der Haftung und der Versicherung aus? Was passiert, wenn durch diese Systeme Schäden entstehen? Wie sichert man sich gegen Diebstahl ab? Das sind nur einige der Fragen die sich vor realen Einsätzen solcher Systeme stellen. In internationalen Einsatzgebieten stelle sich auch die Frage nach der Regelung der Eigentumsrechte, geben die Wissenschaftlet zu bedenken. „Beispielsweise gehören nach heutigem internationalen Seerecht unbemannte Systeme in internationalen Gewässern dem Finder.“
Weiterhin könne die Verarbeitung von personenbezogenen Informationen zu Privacy- und Datenschutzproblemen führen. „Solche Fälle können eintreten, wenn Lernende Systeme im Katastrophenschutz oder bei Feuerwehreinsätzen hinzugezogen werden und Daten der betroffenen Menschen aufgreifen und weitergeben.“ Darüber hinaus müsse auch ein formaler Rahmen, „der technische, rechtliche und ethische Ebenen einbezieht“, für folgende Situationen gefunden werden: Mehrere Menschen benötigen Hilfe, der Roboter kann aber nur eine Person versorgen.
Selbst wenn für all diese Fragen Lösungen gefunden sind, ist Eines trotz aller Künstlicher Intelligenz sicher. Die menschliche Intelligenz wird auch weiter gefragt und unverzichtbar sein. Das wissen auch die Forscher des KIT. „Unbestreitbar ist: Der Mensch als Einsatzkraft und Entscheider wird dabei auch zukünftig – vor allem bei Einsätzen zur Rettung von menschlichem Leben – nicht ersetzbar sein.“
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